Grund zum Feiern gibt es noch keinen, die Kleingärtner brauchen noch immer Geduld. Weil ihre Nachbarn, die beiden Firmen Liebherr Aerospace und Aerospace Transmission Technologies (ATT) in Friedrichshafen, ihre Standorte erweitern wollen, stehen Pläne im Raum, ein 3,6 Hektar großes Stück des Seewaldes zu roden. Das wäre das Ende für die Kleingartenkolonie, die auf dem Gelände seit den 60er Jahren steht.
Kleingärtner sammeln 888 Unterschriften
Die Stadt Friedrichshafen hatte das Gelände im Frühjahr 2019 der Deutschen Bahn AG abgekauft, was nicht nur die Kleingartenpächter überraschte. 888 Unterschriften sammelten die Betroffenen und übergaben sie Baubürgermeister Stefan Köhler Anfang Januar.
Schreiben der Bahn: Keine Kündigung zum 30. November 2020
Etwas Sicherheit für die nahe Zukunft hat ein Schreiben der Bahn Landwirtschaft der Bezirksstelle Stuttgart gebracht, welches die Kleingärtner eine Woche nach der Übergabe ihrer Unterschriften erreichte. Darin steht, dass es keine Kündigung zum 30. November 2020 geben wird. Der Verkauf der Flächen an die Gemeinde hätte dies zur Folge haben können. „Nach mehreren Gesprächen mit der Stadt Friedrichshafen sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ein neuer Rahmenvertrag mit der Stadt Friedrichshafen abgeschlossen wird und die Gärten vorerst erhalten bleiben.“ Dieser Vertrag solle möglichst zeitnah unterschrieben werden, auf die Pachtverträge der Kleingärtner habe dies keine Auswirkung. „Unser Schreiben dient lediglich zur Information“, endet der Brief.
Mit Ergebnissen ist spätestens bis Juni 2020 zu rechnen
Mehr aber wissen die Betroffenen nicht. Weder sind die Bodengutachten vollständig ausgewertet, die die Stadt Friedrichshafen derzeit auf dem Gelände organisiert, noch hat der Gemeinderat über weitere Schritte entschieden. Im Frühjahr 2020 sollen Ergebnisse vorliegen, spätestens jedoch im Juni, meinte Baubürgermeister Stefan Köhler zu den Kleingärtnern, als diese die Unterschriften übergaben. Brigitte Chapelier erinnert sich: „Er hat uns keine Hoffnungen machen wollen, aber gesagt, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch alles möglich sei. Es kann auch sein, dass alles so bleibt, wie es jetzt ist.“
Auch eine Pressesprecherin der Stadt erklärte Mitte Januar gegenüber dem SÜDKURIER: „Das Ergebnis wird voraussichtlich im Frühjahr 2020 vorliegen. Nach interner Abstimmung werden wir die Mitglieder des Ausschusses für Planen, Bauen und Umwelt und/oder den Gemeinderat informieren.“ Selbst im Falle einer Zustimmung wird dann nicht sofort gebaut werden.
Zunächst müsste der Bebauungsplan abschließend aufgestellt und gegebenenfalls Maßnahmen zum Naturschutz berücksichtigt werden. Außerdem müsste der Baugrund saniert werden. Im Herbst wurden Bodenproben entnommen, die zeigen sollen, welche Maßnahmen hier nötig wären.
Kleingärtner machen vorerst weiter, lassen aber größere Arbeiten sein
Die Kleingärtner haben für sich entschieden, vorerst so weiterzumachen wie bisher. „Nur auf größere Arbeiten möchten wir erst einmal verzichten“, erklärt Chapelier.
Auch die beiden Firmen Liebherr-Aerospace und ATT, die ihre Betriebsgelände gern auf die Kleingartenanlage und den Seewald ausweiten würden, sind bei den Kleingärtnern ein Thema. Sie sehen die Industrieflächen von ihren Gärten aus und haben selbst schon über Lösungen nachgedacht: „Wäre es nicht möglich, in die Höhe zu arbeiten und überall ein Stockwerk draufzusetzen?“

Geschäftsführung von Liebherr erklärt, dass Alternativen geprüft werden
Die Geschäftsführung der Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH erklärt auf Nachfrage des SÜDKURIER: „Wir prüfen zur Zeit Alternativen unter der Berücksichtigung unserer betrieblichen Abläufe. Diese Prüfung ist sehr komplex, umfangreich und somit sehr zeitintensiv.“ Daher sei es verfrüht, auf Detailfragen einzugehen. Fragen zu der Art der geprüften Alternativen blieben daher unbeantwortet, auch jene, ob die ursprünglich für Liebherr vorgesehene Ausweichfläche dabei in Betracht gezogen werde.
„Wir prüfen zur Zeit Alternativen unter der Berücksichtigung unserer betrieblichen Abläufe. Diese Prüfung ist sehr komplex, umfangreich und somit sehr zeitintensiv.“Statement der Geschäftsführung von Liebherr Aerospace
Liebherr will „einvernehmliche Lösung bei Realisierung der Pläne“
Allerdings betont die Geschäftsführung, dass ihr an einem guten Verhältnis zur Bevölkerung in Friedrichshafen und deren Interessenvertretern gelegen sei. Daher verfolge das Unternehmen die Meinungsäußerungen genau: „Unser Ziel sind einvernehmliche Lösungen bei der Realisierung unserer Pläne. Wir halten alle gesetzlich vorgeschriebenen Umwelt- und Energiestandards ein und planen mit artenschutzrechtlich abgestimmten Maßnahmen.“