Vicky ist ganz aufgeregt: Sie springt herum, schnüffelt in der Kameratasche des Reporters herum und wedelt mit ihrem Schwanz. Noch immer scheint ein Pressetermin für die zehnjährige Deutsche Schäferhündin etwas Außergewöhnliches zu sein. Dabei hat sie bereits einige absolviert. Denn Vicky ist kein normaler Hund, sondern Rauschgiftspürhündin beim Hauptzollamt Ulm – und sie gehört zu den erfolgreichsten ihres Fachs.
Rund 400 sogenannte Aufgriffe konnten Vicky und ihr Herrchen, Zollhundeführer Helmut Ahrens, in den vergangenen Jahren verzeichnen. Die beiden haben vor rund zehn Jahren zueinandergefunden, gemeinsam die Ausbildung in der Zollhundeschule durchlaufen und sind nun an Flughäfen, Fähren und in Reisebussen unterwegs – immer auf der Suche nach Drogen.

Der Zoll hatte Vicky einem Polizisten abgekauft. „Sie war zu brav für eine Polizeihündin“, sagt Ahrens und lacht. Mit ihrem sanften Wesen eignete sich Vicky aber perfekt als Spürhündin. Denn im Gegensatz zu Schutzhunden, die „eine mittlere Reizschwelle“ bräuchten, seien beim Zoll sogenannte Passivspürhunde gefragt, die sich auch für Kontrollen an Personen eignen, erklärt Dieter Lohr, der beim Hauptzollamt Ulm für die Ausbildung der Hunde zuständig ist und selbst seit mehreren Jahren als Zollhundeführer arbeitet.
Wie wird aus einem Hund eigentlich ein Zollhund?
„Beim Zoll muss ein Hund viel wegstecken können, ohne aggressiv zu werden“, bestätigt Ahrens. An Flughäfen oder Bahnhöfen ist es oft eng, Menschen treten auf die Pfoten der Hunde und die Böden geben wenig Halt. Deshalb trägt Vicky während ihrer Einsätze Pfotenschutzschuhe, damit sie auch auf glatten Unterlagen nicht ins Rutschen gerät.
Vicky schaltet ihre Schnüffelatmung ein
Auch heute hat Ahrens seiner vierbeinigen Kollegin die schwarzen Schuhe übergezogen, bevor die beiden sich bei einem Terminal am Häfler Flughafen in Position bringen. Und schon treffen die ersten Passagiere ein, die von der bosnischen Stadt Tuzla an den Bodensee geflogen sind. Vicky schaltet ihre Schnüffelatmung ein, durch die Hunde ihre Geruchsempfindlichkeit erheblich verbessern können.
Unter den Passagieren ist auch Manuela Zagrodzki, Sachbearbeiterin beim Zoll. Heute ist sie als Testperson im Einsatz. In ihrer Tasche hat sie Marihuana und Haschisch dabei. „Da wir davon ausgehen müssen, dass wir nicht immer etwas finden, fingieren wir immer wieder einmal einen Schmuggel, damit unsere Zollhunde ein Erfolgserlebnis haben“, erklärt Zollhundetrainer Dieter Lohr.
Ob Vicky den Test besteht? Eine Garantie, dass sie immer alles erschnüffelt, gibt es nicht, sagt Lohr: „Es kann sein, dass ein Hund seine Schnüffelatmung einmal aussetzt oder bei zu vielen Menschen, die dicht hintereinander gehen, den Geruchsstoff der falschen Person zuordnet. Er ist eben keine hundertprozentige Maschine.“ Doch diesmal klappt es:
Als Zagrodzki an Vicky und Ahrens vorbeigeht, gibt die Hündin ihrem Herrchen ein Zeichen. „Einfrieren“, nennt es Ahrens. Vicky bellt nicht und verbeißt sich auch nicht in der Tasche. Einzig ihr Herrchen erkennt, dass sie etwas gefunden hat.
Nach diesem Erfolg geht es für Vicky gleich weiter zum nächsten Einsatzort am Flughafen. Kaum angekommen, springt Vicky bereits auf das laufende Gepäckband und wartet ungeduldig auf die eintrudelnden Koffer und Reisetaschen. „Vicky ist einer der wenigen Spürhunde, die auf das Band springen. Normalerweise bleiben sie auf dem Boden und beschnuppern die vorbeifahrenden Gepäckstücke“, sagt Ahrens sichtlich stolz.
Geschickt tänzelt Vicky auf dem laufenden Band um die verschiedenen Gepäckstücke herum und schnüffelt jedes einzeln ab. Dann „friert“ sie auf einmal wieder ein.
Und tatsächlich: ein Treffer. In dem Koffer, den Vicky ausgewählt hat, stecken eine Tüte mit Haschisch und eine kleine Box mit Marihuana. Wie zuvor bei der Kontrolle der Passagiere haben die Zollbeamten den Aufgriff erneut fingiert. Die Drogen stammen aus der Asservatenkammer. Aber der Test zeigt: Vickys Nase funktioniert immer noch einwandfrei.
Doch jetzt ist die Schäferhündin erst mal außer Atem und hechelt. In der Regel könne ein Spürhund zehn bis 15 Minuten voll im Einsatz sein, erklärt Ahrens: „Danach braucht Vicky eine doppelt so lange Erholungsphase. Die Schnüffelatmung ist kräftezehrend und entspricht der Anstrengung eines Menschen mittlerer Kondition, der gerade einen 5000-Meter-Lauf absolviert hat.“ Deshalb gönnen sich der Zollhundeführer und seine vierbeinige Kollegin nun auch erst mal eine Pause, bevor es für sie wieder auf die Jagd nach Drogen geht.