Sie geben es ungern zu, aber im 21. Jahrhundert müssen Eltern ihren Kinder etwas beibringen, von dem die Kinder in der Regel mehr Ahnung haben als sie selbst. Kinder und Jugendliche tummeln sich auf Plattformen wie Spotify, Snapchat und TikTok. Sie spielen Spiele, von denen Eltern nichts wissen und machen mit Clicks Influencer zu Stars, von denen ihre Eltern im Zweifel nie gehört haben.

"Eltern verlangen von Kindern etwas, das sie selbst nicht können"

Sie schließen Freundschaften mit Menschen, die sie nie gesehen haben. Haben sie Pech, werden sie Opfer von Cyber-Mobbing und Abzocke. Oder der Jugendliche, dem sie Bilder schicken, entpuppt sich als mittelalt und pädophil. Ihre Eltern, häufig mit der Digitalisierung der eigenen Welt überfordert, sorgen sich um Datenkraken und versuchen, den Überblick wenigstens über ihre WhatsApp-Kontakte zu behalten. "Eltern verlangen von Kindern etwas, das sie selbst nicht können", sagt Medienexperte Thomas Feibel.

 

Thomas Feibel hat sich auf das Thema Kinder und Computer in Deutschland spezialisiert.
Thomas Feibel hat sich auf das Thema Kinder und Computer in Deutschland spezialisiert. | Bild: Die Hoffotografen GmbH Berlin

Trotzdem und gerade deshalb brauche es in dem Bereich Erziehung. "Wir müssen uns entscheiden, in welcher Welt wir mit unseren Kindern leben wollen", sagt er. "Das Handy stört den Familienfrieden, wir haben keine Zeit mehr mit ungeteilter Aufmerksamkeit füreinander. Das müssen wir zurückerobern."

Eltern müssen Vorbild sein

Das Repertoire der Eltern ist dabei nicht neu: Vorbild sein zum Beispiel. "Ich bin oft an Schulen und rede mit Kindern und Jugendlichen. Ich erlebe, dass viele Kinder sich darüber aufregen, dass ihre Eltern nur noch auf ihr Handy starren und nicht mehr mit ihnen reden", sagt Feibel. Auch alt: Bildung hilft. Wenn Jugendliche lernen, am Handy selbst etwas zu gestalten oder zu programmieren, durchschauen sie die Strategien von Anbietern schneller.

"Erziehen macht oft keinen Spaß"

Noch älter: Erziehung braucht Liebe, Vertrauen, gegenseitigen Respekt und die Einsicht der Eltern, dass sie nicht die Freunde, sondern eben die Erzieher ihrer Kinder sind. "Und Erziehen macht oft keinen Spaß", sagt Feibel.

Vertrag mit Kindern schließen

Aus der Pädagogik des 20. Jahrhunderts kommt der Vorschlag, mit Kindern Vereinbarungen zu treffen, die beide Seiten einhalten müssen. "Wir erziehen nicht mehr wie unsere Eltern nach dem Motto: So lange du die Füße unter meinen Tisch steckst, hältst du dich an meine Regeln. Sondern wir hören uns an, was die Kinder für Bedürfnisse haben und nehmen sie ernst." Internetseiten wie www.mediennutzungsvertrag.de können eine Leitlinie geben. Hier sind Vorschläge für die Nutzung von Handy und anderen Bildschirmgeräten für Kinder, aber auch für ihre Eltern aufgeführt. Die Parteien können sich daraus ihr eigenes Regelwerk basteln. Handyfreie Zeiten für die ganze Familie, festgelegte Online-Budgets für jeden oder ein wöchentliches Zeitkonto, das kann ebenso ausdiskutiert werden wie die gerechte Nutzung der Familiengeräte oder der Umgang mit Fotos und Videos.

"Es gibt keine einfachen Rezepte"

Feibel probiert in seinem Vortrag eine Umkehr: "Erwachsene sollten versuchen zu verstehen, was Kinder in den neuen Medien bekommen, das sie sonst nicht bekommen." Er hat sowohl die positiven als auch die negativen Seiten der neuen Medien im Blick: mehr Kommunikation, weniger Kontrolle, mehr Informations- und Spielmöglichkeiten, aber auch die Interessen von Industrie und Kriminellen. "Ich zeige Probleme auf, ich zeige auch Lösungen, aber es gibt keine einfachen Rezepte", sagt Feibel. Und er verspricht: "Es wird witzig, in meinen Vorträgen wird viel gelacht." Es könne sich dabei auch um ein ertapptes Lachen handeln.