Brigitte Geiselhart / Corinna Raupach
Erleichterung – aber die Betroffenheit bleibt: Auch viele Häflerinnen und Häfler wurden am Samstagmorgen von der Nachricht überrascht, dass der vermeintliche Supermarkt-Erpresser gefasst worden sei. Der SÜDKURIER hat sich bei Einzelhandel-Kunden umgehört. „Natürlich bin ich erleichtert, aber die Mittäter sind ja noch gar nicht gefasst worden“, bringt etwa Edeltraud Helms aus Eriskirch ihre Gefühlslage auf den Punkt. Auch Hawa Özdemir aus Friedrichshafen ist ein Stein vom Herzen gefallen. „Ich habe mir schon überlegt, wo ich überhaupt noch einkaufen kann“, sagt die vierfache Mutter und ist nach wie vor über das dreiste Vorgehen des Verbrechers empört. „Erpressung mit Lebensmitteln – so etwas geht wirklich gar nicht“, sagt sie. Dass er schon damit gerechnet habe, dass der Erpresser bald gefasst werde, betont ein Kunde aus Ravensburg. Er habe es aber auch als wichtig erachtet, wegen eines „Durchgeknallten“ nicht in Panik zu verfallen.

„Ich bin gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrt und habe heute Morgen von der ganzen Sache erfahren – sonst hätte ich beim Einkauf schon genauer hingesehen“, berichtet Matthias Rittler aus Friedrichshafen. Bei Lebensmitteln grundsätzlich auf die Versiegelung der Verpackung aufzupassen, ist für Michael Horst eine Selbstverständlichkeit. „Aber eine absolute Sicherheit gibt es sowieso nicht“, sagt er.


„Dieser Mensch war bereit, andere zu töten. Vom Grundsatz war es daher zweitrangig, ob es sich bei der Vergiftung um Babynahrung oder andere Lebensmittel gehandelt hat“, fasst der 60-jährige Rainer Fuchs, Vater von zwei Kindern, zusammen. Die Gefahr habe seiner Ansicht nach nicht nur in Friedrichshafen, sondern auch anderswo bestanden. „Wir leben leider in einer unsicheren Zeit, da kann jederzeit und überall etwas Schreckliches passieren“, sagt er.

Bei Dirk Gandert war „das Unverständnis größer als die Angst“. Er habe Arbeitskollegen mit kleinen Kindern, die seit Bekanntwerden der Tat ihren Vorrat an Babynahrung überprüft hätten – und selbst einen kleinen Neffen im Alter von fünf Monaten. Ganz betroffen ist seine zwölfjährige Tochter Sarah. „Im gleichen Laden, in dem die vergiftete Babynahrung gefunden wurde, habe ich einen Tag zuvor für meinen kleinen Cousin ein Baby-Gläschen eingekauft“, erzählt sie. „Jetzt bin ich schon erleichtert und hoffe, dass die Mittäter auch bald geschnappt werden.“

„Super, dass es so schnell ging“


„Das nennt man wohl einen guten Fang, schön dass die Polizei Erfolg gehabt hat“, sagt Heinz Dietenberger, der seinen Wagen zurückbringt. „Ich bin extrem erleichtert und froh, weil ich jetzt keine Angst mehr haben muss, etwas zu kaufen“, sagt eine 13-Jährige auf dem Weg zum Kaugummikauf. „Es zeigt auch, dass die Polizei echt fähig ist.“ „Super, dass es so schnell ging“, sagt die Dame daneben. „Aber sie hatten auch die guten Fotos vom Täter, da bin ich mir 100 Prozent sicher, dass der Gefasste der Richtige ist.“
Links: "Es ist gut, dass sie das gemacht haben. Wir haben eine Tochter, die ist ein Jahr und acht Monate alt. Sie isst keine Gläschen ...
Links: "Es ist gut, dass sie das gemacht haben. Wir haben eine Tochter, die ist ein Jahr und acht Monate alt. Sie isst keine Gläschen mehr, aber wir haben uns doch Sorgen gemacht." (Mihai Chita)

Rechts: "Vielleicht war er ja auch hier. Man weiß gar nicht, was man kaufen soll, jede Packung kann betroffen sein. Ich weiß noch nicht, ob ich hier Fleisch an der Theke kaufe oder lieber zum Metzger gehe." (Leonora Deutsch) | Bild: Corinna Raupach

Die Häfler sind richtig sauer auf den Erpresser, der in ihrer Stadt vergiftete Gläschen mit Babynahrung in Supermarkt-Regale gestellt hatte: „Das ist ein Spinner“, sagt einer, „ein Irrer“, „einfach doof“ ein anderer. „Kinder sind doch die Unschuldigsten überhaupt, ich verstehe nicht, wie man so etwas machen kann“, sagt Leonora Deutsch. „Ausgerechnet Kinder, die noch heranwachsen, das ist eine Sauerei“, sagt eine Mutter, die ihr knapp zweijähriges Kind auf dem Arm hat.
Links: "Gott sei Dank, da freue ich mich. Ich habe heute beim Einkaufen sehr aufgepasst. Meistens habe ich da gekauft, wo er nicht ...
Links: "Gott sei Dank, da freue ich mich. Ich habe heute beim Einkaufen sehr aufgepasst. Meistens habe ich da gekauft, wo er nicht hinkommt, an der Fleisch- und Käsetheke zum Beispiel." (Katja Göser)

Rechts: "Das hat die Polizei super gemacht, es geht ja um Babies. Wir haben heute keine flüssigen Sachen gekauft und nichts Abgepacktes. Bei Nudeln oder solchen Sachen kommt das wohl weniger vor." (Hassan Bussata) | Bild: Corinna Raupach

Die meisten haben sich Sorgen gemacht in den vergangenen Tagen. „Ich habe nur ganz wenig gekauft und genau hingesehen. Ich habe vorher nie darauf geachtet, ob ein Glas beim Öffnen knackt oder nicht“, sagt eine Frau, die Herbstblumen und Kissen in ihrem Korb hat. „Vor allem für Familien mit kleinen Kindern muss es belastend gewesen sein, die Warnungen kamen ja auch über Facebook. Ich habe mir um mich keine Gedanken gemacht. Erleichtert bin ich trotzdem“, sagt eine andere Kundin und lädt ihren Kofferraum voll. Alexander Schwetke ist froh, dass er in den vergangenen Tagen nicht einkaufen musste. „Das hat sich so ergeben. Heute Morgen hat mich meine Frau wieder mit einem Einkaufszettel losgeschickt. Ich halte trotzdem die Augen auf.“