Bis heute war unklar, warum das geschichtsträchtige Flugzeug "Landshut" am Ende eigentlich in Friedrichshafen landete. Und wie es zum Zuschlag für das Dornier-Museum kam, das den Flieger ausstellen will. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat nun die Akten des Auswärtigen Amtes zu dem Fall ausgewertet – mit erstaunlichen Ergebnissen.
So war es der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel, der gegen den Willen seines Beraterstabes durchsetzte, die ganze Maschine nach Deutschland zu holen. Und dass, obwohl noch völlig unklar war, wer das finanzieren soll und wo das Flugzeug am Ende stehen würde. Die zuständige Abteilung plädierte lediglich für eine Rückholung eines Triebwerkes und einer Tür. Doch der Minister setzte sich durch. "Persönlich bin ich für die große Version", also die Rückholung der gesamten Maschine, schreibt Gabriel am 21. Februar 2017, so der Spiegel.
David Dornier meldet sich per E-Mail
Blieb die Frage, wohin mit dem Ding. Aus den Akten, die dem Spiegel vorliegen, geht hervor, dass es zu Beginn verschiedene Optionen gab. Der Flughafen München war zunächst im Rennen, winkte aber später ebenso wie das Bonner Haus der Geschichte schließlich ab. In den Startlöchern standen nur noch ein vermögender Unternehmer aus Flensburg, der bereit sei "sich finanziell mit bis zu 1,2 Millionen Euro zu beteiligen", wie es in einem Schreiben des aus dem Auswärtigen Amt an Sigmar Gabriel am 26. April heißt. Daneben ist aber auch David Dornier im Rennen, der sich am 31. März 2017 per E-Mail an das Auswärtige Amt wandte. "Wir können uns vorstellen, die Landshut nach Deutschland zurückzuholen, einer Restauration zu unterziehen und in ein museales Konzept einzubinden", schreibt David Dornier enthusiastisch.
Das Außenministerium kommt zu einer ersten Bewertung des Angebots. "Finanzielles Potential, auch über Stadt Friedrichshafen und ansässige ZF Friedrichshafen (30 Mrd. Umsatz in 2015) ... Dornier-Stiftung macht den besten Eindruck", heißt es am 26. April. Ein Gesprächstermin zwischen Staatssekretär Walter Lindner und David Dornier in Berlin wird vereinbart. In dem Protokoll zu diesem Treffen, das vom 4. Mai 2017 datiert ist, heißt es: "Dornier vermittelte starkes Interesse an dem Projekt ... In der Frage des finanziellen Engagements zeigte er sich zurückhaltend ... verwies allerdings auf ein wohlhabendes industrielles Umfeld sowie auf die Gemeinde Friedrichshafen, die möglicherweise helfen könnte."
Familie drohte mit Schließung
Es folgen weitere Treffen zwischen David Dornier und dem Staatssekretär. Am 1. Juni 2017, da weiß die Öffentlichkeit noch nichts von dem möglichen Standort Friedrichshafen, schreibt Dornier an den Diplomaten Georg Enzweiler: "Ich konnte mit Oberbürgermeister Brand sprechen. Er schien interessiert, bat aber um eine verlässliche Kostenaufstellung zu diesem Projekt. Besteht die Möglichkeit, Zahlen Herrn Brand zur Verfügung zu stellen?"
Was Dornier verschweigt: Schon lange ringt die vermögende Familie mit der Stadt Friedrichshafen um eine finanzielle Beteiligung des Dornier-Museums, das wie alle Ausstellungshallen nicht kostendeckend ist. Sogar mit der Schließung des Museums hatte die Familie gedroht, wie der SÜDKURIER erstmals öffentlich machte. Der Spiegel schreibt: "Über die Regionalzeitung erfahren das die Beamten im Auswärtigen Amt."
Eine erste E-Mail vom Auswärtigen Amt erhält OB Andreas Brand am 2. Juni, weitere Telefonate folgen, doch offenbar ohne den gewünschten Erfolg. Rund vier Wochen später wird öffentlich bekannt, dass Friedrichshafen als Standort für das Mogadischu-Mahnmal auserkoren wurde. Die Reaktion des Oberbürgermeisters darauf ist bekannt – all das sei Sache des Dornier-Museums, eine finanzielle Beteiligung der Stadt komme nicht in Frage.
Zu diesem Zeitpunkt sind viele Fragen ungeklärt – vor allem die der Finanzierung des Projektes. Doch das ficht den Minister nicht an, er treibt das Projekt voran. Im Hintergund relativiert David Dornier die Probleme. "In Gesprächen mit dem OB und einzelnen Gemeinderäten habe er durchaus Sympathie für das Projekt erfahren, ursächlich für die vereinzelt geäußerte Ablehnung seien Kommunikationsprobleme, die sicherlich ausgeräumt werden könnten", heißt es in einem Protokoll eines Treffens zwischen dem Dornier-Museum, dem Auswärtigen Amt und dem zwischenzeitlich eingeschalteten Kulturstaatsministerium (BKM) im August.
Bettelbrief an OB Andreas Brand
Doch der OB kommt nicht, als Sigmar Gabriel höchstpersönlich einfliegt, um am Dornier-Museum eine Pressekonferenz zu geben. Schließlich schreibt der Minister am 7. September eine Art "Bettelbrief" an Brand – es geht um die Übernahme der Mietkosten für den Hangar: 300.000 Euro. "Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie prüfen könnten, ob die Stadt in der Lage wäre, die Kosten für die Anmietung ... zu tragen" und verbleibt mit freundlichen Grüßen. Doch das Häfler Stadtoberhaupt lässt Gabriel abblitzen. "Die Übernahme der Kosten ... kann nicht erfolgen", antwortet Andreas Brand am 18. September.

Weiter Streit um Finanzierung
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Nur eine Woche später landet die Maschine in der Zeppelinstadt, auch hier lässt sich der OB nicht blicken. Seither wird darüber gestritten, wer die laufenden Kosten für die Ausstellung bezahlen soll, für die es noch immer kein Konzept gibt. Das Dornier-Museum kann sich diese nicht leisten, das Kultusstaatsministerium will sie nicht übernehmen, das Auswärtige Amt auch nicht und die Stadt Friedrichshafen sowieso nicht. Zuletzt bestätigte das BKM auf Nachfrage des SÜDKURIER im Dezember, dass es Gespräche gebe, die eine Übernahme des Dornier-Museums durch die Stadt vorsähen. Über den Stand dieser Gespräche herrscht bis heute Stillschweigen.

Die Maschine steht derweil unrestauriert in einem Hangar am Flughafen und wird dort ab und an zum Publikums-Magneten. Wie an diesem Wochenende, an dem das Dornier-Museum zum Tag der offenen Tür einlädt. Wann die Landshut allerdings je zu einem echten Museumsstück werden wird, steht in den Sternen.