Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Jagd auf den Lebensmittel-Erpresser beginnt am Montag der Prozess vor dem Landgericht Ravensburg. Was geht Ihnen heute durch den Sinn?

Zufriedenheit und auch ein bisschen stolz, dass es der damaligen Sonderkommission als Mannschaftleistung gelungen ist, dass niemand zu Schaden kam, der Beschuldigte beweiskräftig dingfest gemacht werden konnte und sich jetzt vor Gericht zu verantworten hat.

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Was hat den Fall damals so außergewöhnlich gemacht?

Seine Dimension: Gleichzeitig sehr viele Lebensmittelkonzerne zu erpressen, dabei schon vor dem Versand des Erpresserschreibens vergiftete Babynahrung in mehreren Geschäften zu platzieren, um dann nach sehr dezidierten Vorgaben fast 12 Millionen Euro zu erpressen, das ist schon extrem ungewöhnlich.

Mit diesem Fahndungsfoto suchte die Polizei nach dem Erpresser. Bild: Polizei
Mit diesem Fahndungsfoto suchte die Polizei nach dem Erpresser. Bild: Polizei | Bild: Polizeipräsidium Konstanz

Hatten es Polizei und Staatsanwaltschaft also mit einem besonders raffinierten und kaltblütigen Täter zu tun?

Ich denke, das vom Beschuldigten gezeigte Verhalten spricht für sich.

Und die Ermittler standen unter enormem Druck. Die Gläser mit vergifteter Babynahrung bewegten Öffentlichkeit und Medien enorm. Wie groß war die Sonderkommission „Apfel“ damals?

Ja, der Druck war zweifellos enorm. Wir haben personell restlos alles aufgeboten, was wir zur Verfügung hatten, und wurden auch von anderen Dienststellen und der Justiz exzellent unterstützt. Zu Spitzenzeiten waren 223 Ermittler plus Chemiker, Bildbearbeiter und weitere Spezialisten des Kriminaltechnischen Instituts des Landeskriminalamtes im Einsatz.

Stimmt es, dass viele Polizisten rund um die Uhr ermittelten und Fakten abglichen?

Wir standen unter hohem Zeitdruck. Einer Vielzahl von Spuren und Hinweisen musste sofort nachgegangen werden. In den „heißen Phasen“ wurde mehrfach rund um die Uhr gearbeitet. Viele Kolleginnen und Kollegen haben in dieser Zeit nur wenig geschlafen.

In einem Supermarkt in der Friedrichshafener Innenstadt standen vergiftete Gläser.
In einem Supermarkt in der Friedrichshafener Innenstadt standen vergiftete Gläser. | Bild: Ambrosius, Andreas

War an der Fahndung auch ein sogenannter Profiler beteiligt, ein Experte für Persönlichkeitsanalyse, und konnte er helfen?

Wir hatten ein erfahrenes Beraterteam vom Landeskriminalamt, das uns in der Fallanalyse und auch was das Täterprofil angeht sehr gut unterstützt hat, sodass wir die Ermittlungsstränge gezielter ausrichten konnten. Es waren letztlich aber ganz viele einzelne Rädchen, die gut ineinandergegriffen und in der Summe dann zum Ermittlungserfolg geführt haben.

Den Durchbruch aber brachten wohl die Bilder einer Überwachungskamera. Von wem oder von wo kam der erste Hinweistreffer und wie reagierte der mutmaßliche Täter auf seine Verhaftung?

Richtig. Die Bilder waren ein ganz zentraler Fahndungsansatz. Die ersten Hinweise auf den Beschuldigten gingen aus Bayern ein, wo der Beschuldigte früher gewohnt hatte. Bei seiner Verhaftung reagierte der Beschuldigte nach dem „ersten Schreck“ gefasst.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, Babygläschen mit Gift versetzt zu haben, das in einer solchen Flasche abgefüllt war.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, Babygläschen mit Gift versetzt zu haben, das in einer solchen Flasche abgefüllt war. | Bild: Felix Kästle/dpa

Der Erpresser forderte über 10 Millionen Euro. War das Geld eigentlich schon bereit gestellt?

Kein Kommentar.

Am Montag beginnt der Prozess. Welchen Stellenwert hat das für Sie?

Wenn Babynahrung vergiftet wird, birgt das höchste Gefahren. Das lässt niemanden kalt. Ich habe den Einsatz und die damit verbundene Verantwortung als sehr belastend erlebt. Uns allen ist ein Stein vom Herzen gefallen, als wir den Tatverdächtigen gefasst hatten. Gut, dass er jetzt auf der Anklagebank sitzt und die Gerichtsverhandlung beginnen kann.

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