Der von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ravensburg betroffene Chefarzt des Medizin Campus Bodensee (MCB) lässt seine Tätigkeit für die Dauer der parallel laufenden internen Untersuchung ruhen. Das teilt der MCB in einer Pressemitteilung am Mittwochabend mit. Demnach habe der Mediziner diesen Schritt im Zusammenhang der Ermittlungen dem Gremium angeboten. Der Aufsichtsrat hatte am Dienstag turnusmäßig getagt.

Andreas Brand, MCB-Aufsichtsratsvorsitzender und Oberbürgermeister von Friedrichshafen, wird dazu folgendermaßen zitiert: „Wir haben im Aufsichtsrat darüber gesprochen und uns entschieden, diesen Weg zu gehen.“ Mit diesem Schritt wolle man angemessen auf den im Raum stehenden Verdacht gegen den Betroffenen sowie im „Interesse des Hauses“ reagieren. Außerdem wolle man damit auch die Situation am Klinikum beruhigen.

Kriminalpolizei sieht Akten im Klinikum ein

Nach längeren Vorermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Ravensburg am Donnerstag mitgeteilt, dass gegen fünf ehemalige und aktive Ärztinnen und Ärzte des Klinikums ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

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Es geht dabei um den Verdacht des Abrechnungsbetrugs aufgrund medizinisch nicht indizierter Eingriffe sowie um angebliche ärztliche Fehlleistungen. Beamte der Kriminalpolizei waren aus diesem Grund in der vergangenen Woche im Klinikum Friedrichshafen, um Akten einzusehen.

Die Ermittlungsbehörden erfuhren davon, nachdem sich eine Oberärztin des Klinikums Anfang Dezember Suizid begangen hatte. Diese hatte dem nun freigestellten Chefarzt unter anderem vorgeworfen, Komplikationen bei der Behandlung von Patienten verheimlicht und damit das Patientenwohl gefährdet zu haben. Außerdem, so der Vorwurf der Oberärztin, seien auf der Intensivstation eingesetzte Assistenzärztinnen und -ärzte überfordert gewesen.

„Schwebezustand“ ist Mitarbeitern nicht zuzumuten

Der Aufsichtsratsvorsitzende betont in der Mitteilung die Unschuldsvermutung. Sowohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als auch die Compliance-Untersuchung würden sich noch einige Zeit hinziehen. „Aufsichtsrat und Geschäftsführung müssen in dieser Situation handlungsfähig bleiben“, hieß es. Ein so langer „Schwebezustand“ sei weder dem Haus und seinen Mitarbeitenden noch den beschuldigten Ärzten zuzumuten, erklärte Brand. Selbstverständlich kooperiere man in diesem Zeitraum „in vollem Umfang“ mit den Ermittlungsbehörden.

Interne Untersuchung läuft weiter

Ungeachtet der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufe die beauftragte Compliance-Untersuchung weiter, heißt es in der Mitteilung. Ein Abschlussbericht soll zum Ende der aktuellen Legislaturperiode im Juli dieses Jahres vorgelegt werden. Zwischenzeitlich soll das Gremium regelmäßig über den Stand der Ermittlungen informiert werden.

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„Der Erkenntnisgewinn schreitet voran, für die Offenheit und Unterstützung der Mitarbeitenden im Rahmen unserer Untersuchung sind wir weiterhin sehr dankbar“, wird Andreas Minkoff von der beauftragten Kanzlei Feigen Graf zitiert.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version hatten wir berichtet, dass der Aufsichtsrat den Arzt freigestellt hat und andere von den Ermittlungen betroffene Ärzte nicht mehr eingesetzt würden. So hatte es das Klinikum am Abend in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Später korrigierte das Klinikum diese Pressemitteilung jedoch dahingehend, dass der Arzt selbst sein Amt ruhen lässt.