Die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) will am Fischbacher Bodenseeufer am Standort des ehemaligen Diakonissen-Erholungsheims ein 120-Betten-Hotel bauen. Die Bauarbeiten laufen bereits. Nun müssen sie aber sofort eingestellt werden.
Auf 29 Seiten begründet die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen ausführlich, warum sie dem Eilantrag des BUND-Landesverbands stattgibt, den Baustopp zu verfügen. Bereits im November 2020 hatte der Umweltverband der im Juni erteilten Baugenehmigung der Stadt für das Hotel widersprochen. Erst im März 2021 entschied das Rathaus, diesem Widerspruch nicht abhelfen zu können.
In der Zwischenzeit hatte die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) das alte Diakonissenheim abreißen lassen und – trotz des schwelenden Rechtsstreits – mit dem Neubau begonnen. Um zu verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor über den Widerspruch entschieden ist, entschied der BUND-Landesverband, das Gericht anzurufen.
Stadt hat zwei Wochen Zeit, Rechtsmittel einzulegen
Mit dem Beschluss von Mittwoch haben die Richter über den Widerspruch zur Baugenehmigung noch nicht entschieden. In der Begründung wird das Vorhaben jedoch nach erster Prüfung als „offensichtlich rechtswidrig“ beschrieben. Das eigentliche Ziel des BUND, die Baugenehmigung aufzuheben, werde der Verband voraussichtlich erfolgreich durchsetzen können. Die Stadt hat zwei Wochen Zeit, Rechtsmittel einzulegen. „Infolge dieses Beschlusses müssen die Bauarbeiten sofort eingestellt werden. Dies gilt völlig unabhängig von Rechtsmitteln der Stadt beziehungsweise der Bauherrin“, macht Rechtsanwalt Tobias Lieber klar.
„Infolge dieses Beschlusses müssen die Bauarbeiten sofort eingestellt werden. Dies gilt völlig unabhängig von Rechtsmitteln der Stadt beziehungsweise der Bauherrin.“Tobias Lieber, Rechtsanwalt der Kanzlei Fridrich, Bannasch und Partner
In den wesentlichen Punkten folgen die Richter der Argumentation des BUND-Anwalts von der Freiburger Kanzlei Fridrich, Bannasch und Partner. Zentrale Aussage: Ein Hotel darf an dieser Stelle nicht gebaut werden, weil das Grundstück im Außenbereich liegt und es hier vorher nie einen Hotelbetrieb gab. Damit dürfte das Projekt gestorben sein.
In der Konsequenz hieße das: Der fast fertige Rohbau neben der „Villa Gminder“ muss wieder abgebrochen werden. Und: Außer der unter Denkmalschutz stehenden Villa sind Bauten jeglicher Art an dieser Stelle, noch dazu im Landschaftsschutzgebiet, tabu.

In seiner Begründung legt das Gericht umfassend dar, warum das Baugrundstück im Außenbereich liegt. Davon sei das Stadtplanungsamt in der Baugenehmigung auch ausgegangen. Die Anwälte der Stadt argumentierten im Gerichtsverfahren plötzlich, das Seegrundstück liege im Innenbereich.
Rathaus war sich der baurechtlichen Schwierigkeiten bewusst
Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts, das sämtliche Bauakten geprüft hat, geht klar hervor, dass man sich im Häfler Rathaus der Schwierigkeiten dieses Projekts bewusst war. So hatte die Luftschiffbau Zeppelin (LZ) GmbH 2018 eine Bauvoranfrage eingereicht, ob hier „Ersatzneubauten“ möglich sind. Demnach änderte die Stadt die Bezeichnung in „Errichtung einer Hotelanlage“. Begründung: Ein Hotel wurde bislang noch gar nie genehmigt. So sieht es auch das Gericht.
Selbst wenn man davon ausginge, dass hier in den vergangenen Jahren ein Hotel- und Tagungshaus betrieben wurde, so liege hier „kein Fall einer maßvollen Erweiterung des Betriebs vor“, so das Gericht – zumal alle Gebäude außer der Villa Gminder abgebrochen wurden. Unter diesen Voraussetzungen kann es keine Baugenehmigung im Außenbereich geben.
Laut Bauakten ist die Zeppelin Wohlfahrt, eine 100-prozentige Tochter von LZ, seit 2015 Eigentümerin des Grundstücks. Seit 1927 wurde demnach die Villa Gminder als Erholungsheim der Diakonissen genutzt. 1957 und 1963 wurden Bauten zur Erweiterung des Schwesternheims genehmigt, 1974 der Bau einer Schwimmhalle und 1983 die Errichtung einer „Begegnung- und Schulungsstätte“ mit drei Apartment-Wohnungen und 17 Stellplätzen. Eine Bauvoranfrage der Diakonissen für den Bau von „Hotel-Appartements“ als Ergänzung des Schwesternheims von 1994 wurde zurückgezogen.
Auch keine Genehmigung für öffentliche Gaststätte
Das Gericht führt weitere Gründe an, warum die Baugenehmigung rechtswidrig sei. So fehle es unter anderem an der Bestimmtheit, ob neben dem Hotel auch eine öffentliche Gaststätte genehmigt wurde, die baurechtlich ebenfalls nicht möglich sei. Der Stadt sei hier wohl selbst nicht klar gewesen, was sie eigentlich mit dem Bauvorbescheid genehmigt habe, heißt es in dem Beschluss.
BUND: Kritik wurde erst ernst genommen, als sie ein Anwalt formuliert hat
Der BUND freut sich darüber, den Hotelneubau am Bodenseeufer vorerst verhindert zu haben. „Wir hoffen, dass das Landschatzschutzgebiet jetzt endlich ernst genommen wird“, sagt Brigitte Wallkam, zweite Vorsitzende des BUND-Ortsverbandes. Der geplante Hotelbetrieb widerspreche dem Schutzzweck und stelle eine Gefahr vor allem für die winterlichen Wasservögel dar. Dass die Genehmigung für ein umweltschädliches Bauprojekt auch noch rechtswidrig zustande gekommen sei, kritisiert der Umweltverband besonders. Brigitte Wallkam ergänzt: „Unsere Kritik wurde erst ernst genommen, als sie ein Anwalt formulierte. Wir hoffen nicht, dass wir in Zukunft bei jeder Baugenehmigung diesen Weg beschreiten müssen.“

Stadt will Entscheidung des Gerichts erst prüfen
Die Pressestelle der Stadt erklärte auf Anfrage, dass man im Rathaus die Entscheidung und die Begründung des Gerichts nun im Detail prüfen und bewerten wird, um dann die weiteren Schritte zu klären.
LZ wartet auf Anordnung der Baueinstellung durch die Stadt
Die Luftschiffbau Zeppelin GmbH teilte auf Anfrage mit, dass man „einer etwaigen Anordnung durch die Stadt Friedrichshafen Folge leisten“ werde, wenn die Einstellung der Bauarbeiten verlangt wird. Wie mit dem Projekt weiter umzugehen ist, werde von der LZ-Geschäftsführung im Benehmen mit dem Aufsichtsrat „abgewogen und entschieden“. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Oberbürgermeister Andreas Brand.