„Wann fängt endlich der Film an?“ Die Geduld der Fünfjährigen ist schon außerhalb der Messehalle strapaziert. Sie sieht heute ihren ersten Kinofilm – die Neuverfilmung von „Lassie“. Sie muss allerdings ohne Plüschsessel, Kartenabreißer und Popcornmaschine auskommen, denn aufgrund der Corona-Einschränkungen sind die Kinos geschlossen.
Autokinos in der Region
Die Alternative heißt in Friedrichshafen Autokino. Seit Ende April bieten Messe und Kulturbüro Friedrichshafen sowie die Firma Organissimo hier gemeinsam das etwas andere Filmerlebnis an. Beim Programm arbeitet das Kulturbüro mit dem Kulturhaus Caserne sowie dem Kino Studio 17 zusammen. Die Kinderfilme laufen immer Freitag- und Sonntagnachmittag, das Programm wechselt wöchentlich. Eine Programmwoche läuft von Donnerstag bis Mittwoch. „Das Kinderfilm-Angebot wird gut angenommen, wobei aus rein wirtschaftlicher Sicht andere Filmformate besser laufen“, sagt Lars Jansen, Leiter Gastveranstaltungen bei der Messe Friedrichshafen.
Aufregung schon auf dem Weg zur Messe
Eine Fünfjährige hinterfragt freilich nicht, warum unser Kinoerlebnis anders abläuft als „normal“ – zudem sie die Alternative nicht kennt. Sie findet alles schlicht spannend. Schon auf dem Weg zur Messe beginnt die Aufregung. Ein großes Schild weist und darauf hin, dass wir hier richtig sind.
Das Autokino findet in der Halle A1 auf einer überdachten Fläche von 10 000 Quadratmetern statt. Hier haben 170 Fahrzeuge Platz. Die Messehalle ist bestens für das Kino der besonderen Art geeignet, denn die Infrastruktur ist größtenteils vorhanden die Halle ist abgedunkelt.
Der Weg in die Halle im Schnelldurchlauf
Karten muss man im Vorfeld online kaufen (www.autokinofn.de), der QR-Code auf dem Handy wird bei der Einfahrt durch die geschlossene Fensterscheibe gescannt. Alles kontaktlos. Wir haben Glück und bekommen einen Platz in der ersten Reihe, da wir früh dran waren. Nach Angaben der Veranstalter ist die Leinwand 18 mal 9,70 Meter groß. Der Ton läuft über das Autoradio, das wir auf eine bestimmte Frequenz einstellen müssen.
Die Anweisungen bekommen die Kinobesucher per Leinwand – alles ist gut erklärt. Das Auto verlassen darf nur, wer aufs Klo muss. Dabei tragen alle selbstverständlich Mund-Nasen-Schutz. Wer Hilfe bei technischen Fragen (oder aus anderen Gründen) braucht, betätigt die Warnblinkanlage. Sogar an den Fall, dass ein Auto nach der Vorführung Starthilfe braucht, ist gedacht.
Lasst die Chips knuspern! Hier muss niemand leise sein
„Wann fängt endlich der Film an?“ Ton läuft, Vorschau kam schon, Chips und Fanta fürs richtig echte Kinoerlebnis liegen parat. Noch ein paar Minuten. Der unschlagbare Vorteil im Autokino mit Kindern: Hier muss niemand leise sein. Hier darf man laut Chips knuspern, hier darf man auch noch ein paar Mal mehr fragen „Wann fängt endlich der Film an?“ Hier kommt kein „Pssssssst!“, kein „Bitte leise sein“, hier ärgert sich kein Kind, weil vor ihm jemand sitzt, der zu groß ist. Hier trommeln keine Füße gegen die eigene Sessellehne.
Hier kann ein aufgeregtes Kind auch während des Films Fragen stellen, hier können Eltern die Fragen entspannt beantworten und auch mal etwas zu viel Spannung im Film moderieren (nein, Lassie passiert nichts). Hier darf man laut gemeinsam jubeln und klatschen, wenn Lassie dann (Überraschung!) doch gerettet wird und sich am Ende alle in die Arme fallen. Und wer mag, kann hier sogar die Schuhe ausziehen und die Beine ausstrecken.
Der Film läuft, alle sind glücklich, die einen etwas aufgeregter als die anderen. Inzwischen sind die Reihen auch recht gut gefüllt, die Kinderfilm-Vorstellung am Sonntagnachmittag zieht natürlich ausnahmslos Familien an.
Zum Dank und zum Abschied gibt‘s ein kleines Hupkonzert
Chips und Fanta sind verputzt, der Film zu Ende (alles ist wie versprochen gut ausgegangen) und die Reihen leeren sich so sortiert, wie sie sich gefüllt haben. Schwäbische Gründlichkeit auch beim Verlassen des Autokinos. Zum Dank und zum Abschied hupen die meisten beim Rausfahren – da kommt fast ein bisschen Rührung auf. Denn klar ist: So aufregend das auch alles ist und so schön es ist, im Kino nicht permanent leise sein zu müssen: Der Grund, warum wir im Blechkasten Filme schauen müssen, ist so ernst. Auch wenn sich das viele Eltern an diesem Nachmittag garantiert nicht anmerken lassen.
Messe sehr zufrieden mit der Resonanz
„Es ist aber überwältigend zu sehen, wie begeistert die Kinder sind, wenn sie mit ihren Eltern in die Messehalle einfahren und wie sie sich nach dem Film über das Hupkonzert freuen“, sagt Lars Jansen. Mit der Gesamtauslastung sei man zufrieden. „Insbesondere in den ersten Wochen war die Nachfrage enorm und es war spürbar, wie groß das Verlangen der Menschen nach etwas Abwechslung war. Mit den nun wieder vermehrten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und dem schönen Wetter lässt die Nachfrage etwas nach.“