Ein tragisches Ereignis macht vor einem Jahr bundesweit Schlagzeilen: Anfang Dezember stirbt die 46-jährige Elke Küßner auf der Intensivstation des Häfler Klinikums, wo sie selbst zehn Jahre lang als Oberärztin Leben rettete. Ende November wurde am Klinikum ein Gedenkstein für verstorbene Mitarbeiter eingeweiht, rechtzeitig vor dem ersten Todestag von Elke Küßner. Der Stein trägt die Inschrift: „Zeit lässt begreifen.“ Das ist seit ihrem Tod passiert.

6. Dezember 2023

Der SÜDKURIER berichtet erstmals über den Tod der Oberärztin und die schweren Vorwürfe, die im Raum stehen. Vor ihrem Suizid hatte der SÜDKURIER Kontakt zu der Ärztin. Die Medizinerin hatte über Jahre Mängel in der Patientenversorgung auf der Intensivstation dokumentiert und einen Chefarzt auf mutmaßliche Missstände hingewiesen, die aus ihrer Sicht wegen fachlicher Inkompetenz, Überforderung und Unterbesetzung entstanden waren und die in einem Fall, gemäß Küßners Einschätzung, gar zu dem Tod eines Patienten geführt hätten. Die Geschäftsleitung des Klinikums widerspricht und verweist dabei auf ein Gutachten. Das Ergebnis dessen: Der Oberärztin wurden letztlich Fehler und Überforderung unterstellt.

Das könnte Sie auch interessieren

7. Dezember 2023

Bei einer Betriebsversammlung äußern die Mitarbeiter ihren Unmut gegenüber der Geschäftsführung. Viele Mitarbeiter sind enttäuscht, dass es von der Geschäftsführung keine Antworten auf die öffentlich gewordenen Vorwürfe über Missstände auf der Intensivstation gab.

Eine stille Mahnwache fand am Neujahrsabend am Klinikum statt. (Archivbild)
Eine stille Mahnwache fand am Neujahrsabend am Klinikum statt. (Archivbild) | Bild: Lena Reiner

8. Dezember 2023

Viele Kollegen und Patienten trauern, die Bestürzung ist groß. Vor dem Eingang der Klinik werden Kerzen aufgestellt. Auch Tage und Wochen später versammeln sich immer wieder Menschen vor der Klinik zu stillen Mahnwachen.

13. Dezember 2023

Der Aufsichtsrat tagt in einer außerordentlichen Sitzung – und kommt zu der Entscheidung, die Vorwürfe intern aufzurollen. Ein Compliance-Verfahren soll Klarheit bringen. Um die interne Aufarbeitung kümmert sich die Strafrechts- und Compliance-Kanzlei Feigen Graf. Bei einigen Mitarbeitern herrschen Zweifel, ob die Compliance-Untersuchung das bringt, was versprochen wird: eine lückenlose Aufklärung.

20. Dezember 2023

Knapp 70 Beschäftigte des MCB wenden sich in einem Brief an die Aufsichtsratsmitglieder sowie die Geschäftsführung des Klinikums. Darin fordern sie eine lückenlose Aufarbeitung der Vorwürfe gegen das Haus. Chefärzte, leitende Oberärzte, Oberärzte sowie Fachärzte des Klinikums wollen, dass die am Vorgang beteiligten Mitglieder der Geschäftsführung bis zum Abschluss der Aufklärung freigestellt werden. Nur zwei Tage später kursiert ein weiteres Schreiben, das nun lediglich von der oberen medizinischen Führungsriege unterzeichnet wurde. In diesem Brief ist von einer Kritik an der Klinikleitung nichts zu lesen, auch nicht von Zweifeln an der Transparenz der geplanten Aufklärung.

Eine Aufnahme vom Medizin Campus Bodensee (MCB), dem Klinikum in Friedrichshafen.
Eine Aufnahme vom Medizin Campus Bodensee (MCB), dem Klinikum in Friedrichshafen. | Bild: Hilser, Stefan

11. Januar 2024

Ein involvierter Chefarzt lässt sein Amt als Medizinischer Direktor des MCB auf eigenen Wunsch ruhen, bis die externe Untersuchung abgeschlossen ist. Zudem richtet der MCB eine Mediationsstelle ein.

22. Februar 2024

Eigentlich sollte der Bericht der Kanzlei Feigen Graf bis Ende März vorliegen. Doch die Compliance-Untersuchung dauert länger, die Suche nach einem Gutachter nimmt laut Anwälten mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Im Juli soll nun der Abschlussbericht vorliegen.

7. März 2024

Die Kriminalpolizei sieht ausreichend Indizien für ein offizielles Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg nimmt strafrechtliche Ermittlungen gegen fünf Ärzte auf. Bei zwei Ärzten sieht die Staatsanwaltschaft Ravensburg jedoch keine Fehler. Ihnen war gefährliche Körperverletzung beziehungsweise unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen worden. Diese Ermittlungen werden eingestellt. Gegen drei Ärzte wird weiter ermittelt. Die Ergebnisse werden gemäß Staatsanwaltschaft Ende des Jahres erwartet, bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

15. April 2024

Der Medizin Campus Bodensee (MCB) bekommt eine neue Geschäftsführerin. Die Sana-Managerin Anthea Mayer wird als MCB-Geschäftsführerin eingesetzt. Der kommunale Klinikverbund hatte die Sana Kliniken AG als Management-Dienstleister eingekauft. Der private Klinikkonzern wurde beauftragt, ein Sanierungskonzept für den MCB mit seinen beiden Krankenhäusern in Friedrichshafen und Tettnang aufzustellen. Vorsitzender der Geschäftsführung bleibt Franz Klöckner.

Anthea Mayer wurde vom Aufsichtsrat als Geschäftsführerin des Klinikums Friedrichshafen bestellt.
Anthea Mayer wurde vom Aufsichtsrat als Geschäftsführerin des Klinikums Friedrichshafen bestellt. | Bild: Medizin Campus Bodensee

10. Mai 2024

Der Betrieb der Intensivstation wird neu geregelt. Bisher hatten sowohl die internistischen als auch operative Intensivstation jeweils eine eigene ärztliche Leitung. Nun geht eine interdisziplinäre Station an den Start, die von Anästhesisten geleitet wird. Zudem will der MCB ein klinisches Risikomanagement aufbauen, um „Feedback und Beschwerden sowohl intern als auch extern strukturiert zu bearbeiten“, erläutert der Klinikverbund.

17. Juli 2024

Der Chefarzt, der im Zentrum der Vorwürfe am Klinikum Friedrichshafen steht, wird fristlos entlassen. Das ist ein Ergebnis der Compliance-Untersuchung. In mehreren Fällen bestehe der „dringende Verdacht von Pflichtverletzung“, wie Andreas Minkoff von der Kanzlei Feigen Graf bei einer Pressekonferenz sagt. Der Chefarzt klagt jedoch gegen seine Kündigung, der Ausgang der Klage ist bislang nicht öffentlich.

16. Oktober 2024

Geschäftsführer Franz Klöckner verlässt den MCB. Alleinige Geschäftsführerin ist jetzt Anthea Mayer. Der Aufsichtsrat spricht in einer Pressemitteilung von der „Notwendigkeit einer Neuausrichtung“.

Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee, hat im Oktober seinen Posten verlassen.
Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee, hat im Oktober seinen Posten verlassen. | Bild: Benjamin Schmidt

19. Oktober 2024

Der Gemeinderat beratschlagt über die Zukunft der Häfler Klinik, denn diese steckt tief in den roten Zahlen. Rechnet man alles zusammen, braucht der Medizin Campus Bodensee (MCB) mit seinen beiden Krankenhäusern in Friedrichshafen und Tettnang bis Ende nächsten Jahres Finanzhilfen von rund 52 Millionen Euro von der Stadt, um über die Runden zu kommen.