Eigentlich ging es bei dem virtuellen Pressegespräch, zu dem die Grünen am Dienstagabend eingeladen hatten, um 36 Anträge, die sie in die Haushaltsdebatte des Gemeinderats einbringen. Dabei lässt die Fraktion ein Thema nicht los, das auch die Finanzplanung überschattet: der enorme Geldbedarf des Flughafens.

Mehr als ein Drittel des Rats stellt den Flughafen in Frage

2017 hatte der Gemeinderat 13,6 Millionen Euro für den Airport locker gemacht, um den Flughafen ein Stück weit zu entschulden. Im November 2020 musste der Gemeinderat wieder über eine Finanzspritze von diesmal 30 Millionen Euro bis zum Jahr 2025 entscheiden, die sich Stadt und Bodenseekreis als Hauptgesellschafter teilen. Da wurden Pro und Contra bereits heiß diskutiert. Am Ende stimmten 24 Räte dafür, 15 dagegen – darunter die grüne Fraktion.

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Ende November erklärte der OB noch, das Geld sei gut angelegt, die Chancen überwögen die Risiken. Keine zehn Wochen später musste der Flughafen jedoch Insolvenz anmelden und sich unter einen Schutzschirm retten, um mehr Zeit für die Sanierung des Unternehmens zu haben.

Ob das tatsächlich gelingt, sei „ein erhebliches Risiko“, sagte Felix Bohnacker am Dienstag beim Pressegespräch. Aus Sicht der Grünen laufe es dabei wieder auf einen zusätzlichen Finanzbedarf hinaus. Will heißen: Noch eine Geldspritze werde wohl nötig, um die Pleite abzuwenden.

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Sind die im Doppelhaushaushalt 2021/21 für den Flughafen eingeplanten Mittel also gut angelegtes Geld? Für die Grünen nicht – und nicht nur aus Klimaschutzgründen. Der Flughafen sei keine kommunale Aufgabe, binde aber im städtischen Haushalt enorme Beträge, die an anderer Stelle fehlen.

„Wir sollten endlich mal die Projekte umsetzen, die wir mit den Bürgern entwickelt haben.“
Ulrich Heliosch, Gemeinderat der Grünen
Ulrich Heliosch
Ulrich Heliosch | Bild: SK

Für Ulrich Heliosch ist es „tief deprimierend“, dass die gern zitierte, für ihn aber ominöse Umwegrentablilität als Rechtfertigung dafür herhalten muss, den Flughafen anderen Projekten der Stadt vorzuziehen – die Aufwertung des Uferparks zum Beispiel. „Wir sollten endlich mal die Projekte umsetzen, die wir mit den Bürgern entwickelt haben“, sagt er. „Maximal frustrierend“ nennt Christine Heimpel den Umstand, das Pflichtaufgaben der Stadt vom Schulbau bis zu mehr Personal für Themen des Gemeinwohls auf der Strecke bleiben sollen, weil Steuergelder stattdessen eben auch in den Flughafen gepumpt werden.

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Aus diesem Grund streben die Grünen einen Bürgerentscheid an, um ein Stimmungsbild einzuholen, ob der Flughafen überhaupt den Rückhalt in der Bevölkerung hat, den die Ratsentscheidungen abbilden. „Wir sind noch ganz am Anfang“, erklärt Felix Bohnacker und verweist auf einen intensiven Austausch über diese Frage mit der grünen Kreistagsfraktion sowie dem Ortsverband. Außerdem wollen sie zuerst das Ergebnis des Schutzschirmverfahrens abwarten. Doch die Neigung scheint groß, der Bürgerschaft die „Sinnfrage“ für den Flughafen zu stellen.

Zwei Drittel des Rats müssten Bürgerentscheid beschließen – oder 3300 Häfler

Ein Bürgerentscheid kann vom Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln beschlossen werden. In Friedrichshafen müssten 27 von 40 Gemeinderäten dafür stimmen. Der zweite Weg wäre ein Bürgerbegehren. Das müssen in der Regel sieben Prozent aller wahlberechtigten Bürger mit ihrer Unterschrift unterstützen. Bei rund 46 500 Wahlberechtigten (Kommunalwahl 2019) müssten den Antrag knapp 3300 Häfler unterschreiben, damit dann ein Bürgerentscheid stattfinden kann. Der letzte Bürgerentscheid in Friedrichshafen war 1996 zum Bau des Parkhauses am See, der damals allerdings knapp am Quorum von 25 Prozent scheiterte. Heute reichen 20 Prozent aller Stimmberechtigten, um das Quorum zu erreichen.