Es ist eine Mammutaufgabe, die beiden dicken Bände des Friedrichshafener Haushaltes durchzuarbeiten. Allein der städtische Haushalt enthält 580 eng bedruckte Seiten, der Stiftungshaushalt ist mit 273 Seiten etwas dünner. Für die Fraktionen im Gemeinderat heißt es nun, diese Wälzer durchzuackern, um auch darüber entscheiden zu können.

Seit Anfang dieser Woche stehen in den drei Ausschüssen Fragerunden an – hier können die Stadträte die Verwaltung löchern. Egal, um was es geht, die Verantwortlichen müssen sich erklären. Doch worum ging es in diesen Fragerunden? Der Überblick über wichtige Themen:

Gewerbesteuer-Erhöhung nicht eingeplant

In der Fragerunde im Finanz- und Verwaltungsausschusses ging es um die Frage, warum die Stadtverwaltung angesichts knapper Kassen keine Gewerbesteuererhöhung eingeplant hat. Jürgen Holeksa, Fraktionschef des Netzwerks, dazu: „Diese Diskussion könnten wir führen, denn der Hebesatz ist schon seit 1999 auf dem gleichen Stand und wir liegen im Vergleich zu anderen Städten durchaus im unteren Bereich.“

Dem entgegnete Achim Brotzer, Fraktionschef der CDU, umgehend: „Dafür gibt es gute Gründe. Denn nichts wäre schädlicher, als in Zeiten von Kurzarbeit und Corona über eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu diskutieren.“ Die Verwaltung rechnet in diesem Jahr mit Einnahmen aus dieser Steuer in Höhe von 29 Millionen Euro. Bei der Einbringung des Haushaltes hatte Oberbürgermeister Andreas Brand angekündigt, dass diverse Gebührenerhöhungen, etwa Kita- oder Bestattungsgebühren, möglicherweise unumgänglich seien.

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Beratergebühren steigen wegen Rechtsstreits

Der Etat für externe Berater wird allein im Teilhaushalt „Innere Verwaltung“ in den kommenden beiden Jahren deutlich ansteigen. Waren es im Jahr 2020 noch 595 000 Euro, sieht der neue Doppelhaushalt jetzt jeweils Beträge um die 840 000 Euro vor. Anna Hochmuth, Chefin der Grünen-Fraktion, wollte von der Verwaltung den Grund für diese Steigerungen erfahren. „Im Wesentlichen bedarf es höherer Beratungskosten für den anhaltenden Rechtsstreit mit Graf Brandenstein-Zeppelin um die Zeppelin-Stiftung“, hieß es von der Verwaltungsbank.

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Schulen und Kitas müssen großteils warten

Marode Schulhöfe, zu klein gewordene Gebäude, fehlende Mensen, veraltete Räume – der Sanierungsstau an den Häfler Schulen ist groß. Um so erstaunter waren einige Gemeinderäte im Kultur-und Sozialausschuss, dass so manche Baumaßnahme es nicht mehr in den Haushaltsentwurf der Verwaltung geschafft hat. Beispielsweise ein Neubau der Albert-Merglen-Schule oder die Sanierung der Turnhalle und des Schwimmbads der Tannenhagschule.

Christine Heimpel (Grüne) wollte wissen, warum dafür nun kein Geld mehr eingestellt sei. „Im Haushaltsentwurf sind nur investive Maßnahmen gelistet, die bereits begonnen wurden oder verpflichtend sind“, erklärte Stadtkämmerer Marc Schuster. Die Verschuldung steige allein dadurch schon auf 89 Millionen Euro an. „Alle Ressourcen sind damit ausgeschöpft und aufgrund der Verschuldung ist nicht mehr Platz für Investitionen“, sagte Schuster.

Die Albert-Merglen-Schule: zu klein, zu marode – hier gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Die Albert-Merglen-Schule: zu klein, zu marode – hier gibt es dringenden Handlungsbedarf. | Bild: Wienrich, Sabine

Die Albert-Merglen-Schule soll allerdings laut einem Änderungsvorschlag der Verwaltung zusätzlich aufgenommen werden. „Die Albert-Merglen-Schule hat Priorität und wir wollen bereits im April mit einer Vorlage in den Gemeinderat gehen“, berichtete Bürgermeister Andreas Köster. Veranschlagte Kosten: 8 Millionen Euro.

Auch die Sanierung der naturwissenschaftlichen Räume der Realschule Ailingen, des Karl-Maybach-Gymnasiums und des Graf-Zeppelin-Gymnasiums ist mit je 500 000 Euro vorgesehen. Laut Köster sind die Planungen bereits konkret abgestimmt, die Arbeiten wurden aber noch nicht begonnen. Jedes Jahr soll eine Schule dran sein.

Die Sanierung Turnhalle und Schwimmbad der Tannenhagschule wird allerdings – so wie etliche andere Baumaßnahmen – nicht priorisiert und muss bis mindestens 2026 aufgeschoben werden. Es sei denn, die Gemeinderatsfraktionen stellen dementsprechend Änderungsanträge.

Bei den Kitas hingegen sollen rund 98 Prozent der Maßnahmen (Neubauten und Sanierungen) umgesetzt werden, so Köster. „Das sind alles Pflichtaufgaben, die wir erledigen müssen – nicht zuletzt aufgrund der steigenden Geburtenrate“, sagte er. Das Investitionsvolumen: 18 Millionen Euro.

Fallenbrunnen 17: nur die nötigsten Arbeiten

Das ehemalige Kasernengebäude ist die Heimat des Kulturhauses Caserne und dringend sanierungsbedürftig. Rund 6,5 Millionen Euro wären nötig, um alle Mängel zu beheben. Seit Oktober sind Atrium, Metropol , Casino und Co. geschlossen, aus Sicherheitsgründen. Im neuen Haushaltsentwurf sind die benötigten Mittel auf den ersten Blick nicht enthalten. Regine Ankermann (Grüne) fragte deshalb nach, ob es nicht möglich sei, Mittel aus der Zeppelin-Stiftung dafür zu verwenden.

Das verneinte Baubürgermeister Stefan Köhler. Doch er erklärte, dass in den Mitteln des Gebäudemanagements 2,4 Millionen Euro für 2021 und 2022 eingeplant seien, um die nötigsten Arbeiten angehen zu können. „Geld für eine Dachsanierung ist darin aber nicht enthalten“, so Köhler weiter. Er appellierte an den Gemeinderat, möglichst noch in diesem Jahr ein Konzept für die Kulturstätte zu erarbeiten, damit dann auch 2022 mit weiteren Sanierungsarbeiten begonnen werden könne.

Die alten Kasernengebäude 17 und 18 sind die letzten im Fallenbrunnen, die nicht saniert wurden. Hier muss die Stadt als Eigentümerin ...
Die alten Kasernengebäude 17 und 18 sind die letzten im Fallenbrunnen, die nicht saniert wurden. Hier muss die Stadt als Eigentümerin investieren. | Bild: Cuko, Katy
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Museumsquartier Hinterer Hafen verschoben

Zeppelin, Maybach, Dornier und viel Kunst – große Visionen gab es für die Häfler Museumslandschaft. Am Hinteren Hafen sollte neben Kunst und Technik auch die Stadt- und Industriegeschichte präsentiert werden. Außerdem stand eine Sanierung des Schulmuseums in der Villa Riß an.

Netzwerker Philipp Fuhrmann wollte im Kultur- und Sozialausschuss (KSA) wissen, ob denn nun die großen Pläne alle auf Halde liegen. Die Antwort von Bürgermeister Andreas Köster war wie erwartet ernüchternd: „Das Museumskonzept wäre ein Quantensprung für die Stadt, aber nun müssen wir realistisch sein und uns auf die Pflichtaufgaben, also Schulen und Kitas, besinnen.“

Köster betonte jedoch, diese millionenschweren Projekte seien nicht gestrichen, sondern lediglich verschoben. „Wir hoffen, in zwei Jahren andere Zahlen zu haben und in einer besseren wirtschaftlichen Situation zu sein.“

Rund um das Zeppelin-Museum sollte das städtische Museumsquartier entstehen. Wird die Vision je Realität?
Rund um das Zeppelin-Museum sollte das städtische Museumsquartier entstehen. Wird die Vision je Realität? | Bild: Cuko, Katy

Neubau Rotachhalle Ailingen nicht berücksichtigt

9 Millionen Euro würde der lang ersehnte Neubau der Rotachhalle in Ailingen kosten. Und weil eben auch Bauprojekte zurückgestellt werden müssen, ist dieser Neubau nun nicht im neuen Doppelhaushalt berücksichtigt, und auch nicht in der weiteren Finanzplanung bis 2025.

Jürgen Meschenmoser (Freie Wähler) schlug im Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt (PBU) vor, zumindest eine Planungsrate in den neuen Haushalt einzustellen, damit „wenigstens ein Zeichen“ gesetzt werde. Heinz Tautkus (SPD) wurde deutlicher. „Wir werden einen Antrag stellen, damit der Neubau realisiert werden kann.“ Denn es könne nicht sein, dass dieses Projekt auf der Strecke bleibe. Auch bei der Rotachhalle handele es sich, so Tautkus, um eine Kulturstätte, die mit dem Fallenbrunnen vergleichbar sei und ebenso wichtig.

Die Rotachhalle in Ailingen. Bild: Andreas Ambrosius
Die Rotachhalle in Ailingen. Bild: Andreas Ambrosius | Bild: Ambrosius, Andreas

Zweitwohnungssteuer: Einnahmen sollen steigen

In der PBU-Sitzung forderte Heinz Tautkus (SPD) die Verwaltung dazu auf, über eine höhere Anpassung der Zweitwohnungssteuer als bisher geplant nachzudenken – eine der Einnahmequellen der Stadt. „Da könnten wir eine deutlichere Erhöhung umsetzen“, so Tautkus.

Im Jahr 2020 betrugen die Einnahmen laut Haushaltsplan 250 000 Euro (Inhaber einer Zweitwohnung müssen 20 Prozent der Jahresmietkosten abführen), ab 2021 sollen diese auf 300 000 Euro steigen, was eine Steigerung auf 27 Prozent der Jahresmietkosten bedeuten würde.