Die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie werden nun auch in der eigentlich reichen Stadt Friedrichshafen sichtbar. In den beiden kommenden Jahren sieht es düster aus, denn die Einnahmen der Stadt reichen nicht mehr, um alle Ausgaben finanzieren zu können. Wichtige Projekte müssen verschoben werden, an vielen Stellen ist sparen angesagt und auch verschiedene Gebühren, die die Bürger zahlen, könnten erhöht werden. Am Montag brachte Oberbürgermeister Andreas Brand den Haushalt im Gemeinderat ein. Ein Überblick über die Lage.
Eckpunkte des städtischen Haushalts
In diesem Jahr wird die Stadt mit deutlich weniger Gewerbesteuer klarkommen müssen als in den Vorjahren. Insgesamt rechnet die Verwaltung mit rund 29 Millionen Euro, normal sind rund 50 Millionen Euro. „Damit fehlen uns rund 20 Millionen Euro, um den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten“, erläuterte der OB in einem Pressegespräch. Der Rückgang ist vor allem auf die Auswirkungen der Corona-Krise zurückzuführen. Und wegen der rückläufigen Steuereinnahmen wird die Verschuldung der Stadt deutlich steigen: 2021 auf 58 Millionen Euro, 2022 auf 89 Millionen Euro. Der Gemeinderat bewilligte am Montag bereits die Aufnahme eines Kredites in Höhe von 20 Millionen Euro.
Eckpunkte des Stiftungshaushaltes
Insgesamt benötigt die Zeppelin-Stiftung pro Jahr 85 Millionen Euro, um alle nötigen Ausgaben tätigen zu können. Wegen der Corona-Krise ist schon jetzt davon auszugehen, dass die Dividendenzahlungen der Stiftungsunternehmen deutlich geringer ausfallen werden, als noch in den Vorjahren.
Zwar wollte Oberbürgermeister Andreas Brand den Ergebnissen nicht vorgreifen. Dennoch verwies er darauf, dass die Zeppelin-Stiftung in den vergangenen Jahren genügend Rücklagen gebildet habe. „Wir haben 163 Millionen Euro an freien Rücklagen und 158 Millionen Euro in der Ferdinand gGmbH angespart“, erläuterte der OB. Das heißt, dass notfalls der gesamte Etat der Zeppelin-Stiftung in Höhe von 85 Millionen Euro aus den Rücklagen genommen werden müsste, falls die Dividenden-Zahlungen der Stiftungsbetriebe ausfallen würden.
„Striktes Haushalten ist jetzt angesagt.“Andreas Brand, Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen
Wo könnte gespart werden?
Klar ist, dass sowohl im städtischen als auch im Haushalt der Zeppelin-Stiftung deutlich gespart werden muss. „Wichtig ist jetzt zu entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden und welche nicht“, sagte der OB am Montag. „Striktes Haushalten ist jetzt angesagt“, so Andreas Brand. Die Stadtverwaltung mache konkrete Vorschläge, wo gespart werden könnte. So will das Rathaus 7,3 Millionen Euro in den Bereichen Personal und Sachaufwendungen einsparen. Zudem sollen freiwillige Zuschüsse ab 2022 um rund 10 Prozent (400 000 Euro) abgesenkt werden.
Sind Gebührenerhöhungen zu erwarten?
Ja. OB Andreas Brand machte am Montag deutlich, dass es „ohne Gebührenanpassungen“ schwierig werde. Explizit hält er eine Anhebung der Vergnügungssteuer, der Zweitwohnungssteuer, der Hundesteuer für möglich. „Aber wir müssen uns auch die Bestattungs- oder Parkgebühren genau anschauen“, so das Stadtoberhaupt. Auch im Bereich Kinderbetreuung, Volkshochschule oder Musikschule könnte es in Friedrichshafen teurer werden – bisher hatten satte Zuschüsse durch die Stiftung etwa für traumhaft niedrige Kita-Gebühren gesorgt. „Unsere Ausgaben steigen, aber die Einnahmen stagnieren. Nun ist es an der Zeit, die Diskussion darüber zu führen, was wir uns leisten können“, mahnte der OB. Eine Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer ist dagegen nicht vorgesehen.

Welche Investitionen werden zurückgestellt?
Hier gilt die Devise der Stadtverwaltung: Begonnenes soll fortgeführt werden, andere Projekte könnten aber auch verschoben werden. „Wir haben dazu Vorschläge gemacht“, erklärte OB Andreas Brand. So soll kräftig an den Schulen investiert werden, so etwa in eine größere Mensa an der Gemeinsschaftsschule Schreienesch oder in die Digitalisierung. „Ich sehe auch den dringenden Bedarf, den Neubau der Albert-Merglen-Schule anzugehen“, so Brand. Die dafür notwendigen Mittel in Höhe von 8 Millionen Euro sind allerdings im neuen Doppelhaushalt noch nicht enthalten. Weitere große Posten, wie etwa die Umgestaltung des Uferparks, der Neubau der Rotachhalle in Ailingen oder die Renovierung der ZF-Arena, werden wohl in den kommenden beiden Jahren nicht berücksichtigt. Dem Rotstift werden wohl auch alle geplanten Kreisverkehre zum Opfer fallen.


Auch der Neubau des Karl-Olga-Parks ist im derzeitigen Haushaltsentwurf auf die Jahre 2023/24 verschoben worden. Ursprünglich war die Fertigstellung des Hauses bis Ende 2021 vorgesehen.
Schwerpunkte der Investitionen liegen dagegen im Wohnungsbau, der Südbahn-Elektrifizierung, dem Radwegebau und dem Fallenbrunnen. Größter Posten im Haushalt ist derzeit die Ablösesumme für den Tunnel Waggershausen mit rund 20 Millionen Euro.
Wer entscheidet darüber?
Der Gemeinderat wird in den kommenden Wochen entscheiden müssen, welche Projekte umgesetzt werden und welche nicht. Dazu gibt es nun Priorisierungslisten mit Vorschlägen der Stadtverwaltung. Im neuen Doppelhaushalt sind derzeit auch zwei Millionen Euro vorgesehen, die mit 105 Anträgen der Fraktionen aus dem Jahr 2020 verbunden sind. Diese waren wegen der Corona-Pandemie zurückgestellt worden.
Wie sieht es mit dem Neubau von Kitas aus?
Aus dem Stiftungshaushalt sollen rund 15 Millionen Euro pro Jahr in den Ausbau der Kitas fließen. So sind im Haushalt die Neubauten des Kinderhauses Habakuk, des Kindergartens Guter Hirte, des Kindergartens Schwabstraße und des Kindergartens Lachenäcker eingeplant, ebenso zahlreiche andere Investitionen in andere Kitas der Stadt.
Was ist mit den ehrgeizigen Klimaschutzzielen der Stadt?
Die sollen weiter verfolgt werden. Das machte OB Andreas Brand auch bei der Einbringung des Haushalts am Montag vor dem Gemeinderat klar. „Wir wollen jährlich 2,2 Millionen Euro dafür aufwenden“, sagte er. Auch aus dem Etat der Zeppelin-Stiftung sind eine Million Euro vorgesehen, um klimafördernde Maßnahmen im Gebäudebestand umzusetzen. Welche Klimaschutz-Maßnahmen umgesetzt werden, ist noch offen. Der OB schlägt vor, das Geld so zu investieren, dass schnelle Erfolge möglich werden. „Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass wir den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen forcieren“, so der OB. Letztendlich entscheidet der Gemeinderat darüber.