Bei den „Friseuren im Bellevue", Olivia Bucher und Simon Mitrenga, herrscht bereits am Freitag vor der Wiedereröffnung reger Betrieb. Der Laden wird aufgeräumt und umsortiert. „Wir haben etwas umgebaut“, schildert Bucher. Sie hätten die Kasse fürs Bezahlen nach dem Friseursalon in den Cafébereich verlegt, um den Kundenfluss zu entzerren: „So kann immer gut Abstand gehalten werden.“

Mitrenga schildert, was in den vergangenen Wochen auf der Einkaufsliste stand: Für den Infektionsschutz hätten sie Anschaffungen gemacht, aber auch für den regulären Betrieb. Eigentlich seien sie trotz der coronabedingten Schließung ständig vor Ort gewesen. „Wir haben jetzt so ausziehbare Trennwände zwischen allen Plätzen, das hat uns direkt noch 2000 Euro gekostet“, erklärt er. Ein Problem für sie sei auch, dass die Hersteller der Friseurprodukte jedes Jahr im Januar ihre Preise erhöhten: „Das haben sie auch dieses Jahr gemacht, als sei alles normal. Wir haben dieses Jahr also schon viel investiert und noch nichts verdient.“

Bucher ergänzt: „Wir haben lange überlegt, ob wir mit den Preisen hochgehen. Wir haben aber nur bei zwei Produkten um 50 Cent erhöht: Wir möchten jetzt kein falsches Signal setzen.“ Auf andere Hersteller ausweichen sei keine Lösung für sie: „Wir legen großen Wert auf hochwertige Produkte und sind mit denen, die wir verwenden, qualitativ auch sehr zufrieden.“
Doch damit nicht genug der Kosten: Ihren 13 Mitarbeitern zahlten sie zusätzlich zur Kurzarbeit selbst weitere Prozente, so dass diese 90 Prozent ihres gewohnten Lohns erhielten: „Mehr war uns im Februar nicht möglich, aber wir hätten es einfach ungerecht gefunden, wenn sie am Anfang eines sehr anstrengenden Monats nur das Kurzarbeitergeld auf dem Konto gehabt hätten.“
Drei Tage später wird es dann ernst: Früh sind am Montagmorgen die ersten Kunden im Salon und um Punkt acht Uhr setzt Bucher die Schere am Haar ihrer ersten Kundin an. Weitere zwei Kunden sind bereits im Salon, innerhalb der ersten halben Öffnungsstunde werden sich weitere vier dazugesellen. „Wir lassen es heute ruhig angehen“, erklärt Bucher. Die folgenden Tage seien deutlich enger getaktet.

Sie zeigt am Computer die Einteilung der Mitarbeiter und die Taktung der Termine. „Wir rechnen derzeit mit 15 Minuten extra pro Kunde, weil ja doch eine sehr lange Zeit seit dem letzten Schnitt vergangen ist“, schildert sie. Eigentlich, erklärt sie, handle es sich so bei jedem Kunden um einen Neuschnitt.
Das Frühlingswetter tut sein Übriges und die erste Kundin unter Buchers Händen zeigt sich gut gelaunt. Adelheid Huonker-Wagner schildert: „Ich habe mich sehr gefreut und dem 1. März richtig entgegengefiebert.“ Zweimal habe sie vertröstet werden müssen, da sich die Hoffnung auf eine Wiedereröffnung wieder zerschlagen habe. „Mein Haarschnitt ist jetzt zehn Wochen her.“

Bucher verrät in einer kleinen Pause, wie der erste Tag sich für sie anfühlt: „Das ist ein ganz surreales Gefühl, jetzt wieder hier zu sein.“ Sie habe auch in der Nacht vor der Wiedereröffnung sehr schlecht geschlafen. Mitarbeiterin Jennifer Zeller scherzt auf Nachfrage ihres ersten Kunden, wie es ihr gehe: „Ich muss mich erst wieder eingrooven.“ Mit routinierten Handgriffen finalisiert sie daraufhin seinen Haarschnitt.
Auch Donatella Longo, die einen Platz weiter einem Kunden wieder eine ordentlichere Frisur verpasst, zeigt sich bestens gelaunt. „Megaschön“, sagt sie, „ich darf endlich wieder Haare schneiden, das ist megaschön.“

Sie sei im August seit sieben Jahren im Friseurberuf tätig und habe natürlich nicht damit gerechnet, jemals ein Berufsverbot auferlegt zu bekommen. Während der Friseursalon auflebt, hoffen Simon Mitrenga und Olivia Bucher für den übrigen Einzelhandel, dass auch dieser bald eine Öffnungsperspektive bekomme und – ebenfalls für alle Betroffenen – dass sowohl Überbrückungshilfen als auch Kurzarbeitergelder zügiger erstattet würden.