Für Fielmann in Friedrichshafen läuft es ziemlich gut. „Bombe“, sagt Filialleiter Andreas Nüsch, nach der Resonanz gefragt. Tatsächlich ist es im Optik-Geschäft fast immer voll, Kunden brauchen meist einen Termin zur Beratung. Erst kürzlich, am 22. Dezember, hat Nüsch mit seinem Team die renovierten Ladenräume eröffnet – während andere Betriebe sich aus der Innenstadt verabschiedet haben. Zuletzt Royal Donuts und Esprit. Was macht Fielmann also richtig?
Gut 50 Kunden am Tag
„Die Leute brauchen Brillen“, bringt es Nüsch auf den Punkt. Ins Geschäft kommen gut 50 Kunden pro Tag. Auch die Fielmann AG mit Sitz in Hamburg gibt sich in ihrem Zwischenbericht zum dritten Quartal 2022 zuversichtlich. Trotz Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, der anhaltend hohen Inflation, steigenden Zinsen und Effekte der Pandemie herrscht Optimismus.
Ist das Optik-Geschäft dank guter Kundennachfrage und vielversprechender Perspektive eine Lizenz zum Gelddrucken? „Nein, das ist es nicht“, gibt der Filialleiter zurück.“ Er selbst sei ein ganz normaler Angestellter der Fielmann AG. Auf verkaufte Brillen gebe es keine Provision. „Vielmehr führen wir dauerhaft Kundenumfragen durch.“ Wenn Mitarbeitende für zufriedene Kunden sorgen, die gerne wiederkommen, erhalten sie einen einmaligen Bonus pro Jahr. Was er selbst verdient, will Nüsch nicht verraten. Doch auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu ist von einem Durchschnittsgehalt von 61.900 Euro für Filialleiter die Rede.
Wie blickt Andreas Nüsch auf das wirtschaftliche Geschehen in der Innenstadt? „Das Geschäft mit Kleidung ist schwierig“, so seine Beobachtung. Diese Branche habe sich bereits stark ins Internet verlagert. Seine Einschätzung deckt sich mit einer Studie im Auftrag des Handelsverbands Deutschland aus dem vergangenen Jahr. Demnach sind Mode und Elektronikartikel die größten Umsatztreiber im Netz. Was also wünscht sich Nüsch für Friedrichshafen?
Was fehlt in der Stadt?
„Ich hoffe auf mehr Gastronomie“, so der 53-Jährige. Viele seiner auswärtigen Kunden fragen, wo sie gut essen gehen können. Zwar gebe es eine Flaniermeile direkt am See. „Doch wenn Sie weiter in die Stadt hineingehen, dann ist da nicht viel.“ Nüsch bedauert: „Zum Einkaufen fahren die Leute nach Ravensburg. Und im Sommer geht es nach Italien, weil die Menschen dort das bekommen, was in Friedrichshafen fehlt: Eine genussvolle Atmosphäre samt passendem Angebot.“
„Hier ein Aperol-Stand, dort eine schöne Sitzgelegenheit.“ Nüsch ist überzeugt: Mit Kleinigkeiten ließe sich bereits viel erreichen. „Hier wünsche ich mir ein Voranschreiten der Stadt.“ Denn wenn das Zentrum attraktiv sei, sei das gut für alle Geschäftstreibenden – und die Bewohner auch.
Was sagt das Stadtmarketing?
Auch Thomas Goldschmidt, Leiter des Stadtmarketings, schreibt auf Nachfrage: „Wir wissen natürlich um die Wichtigkeit ergänzender gastronomischer Angebote und der Aufenthaltsqualität.“ Er nennt die Punkte „wichtige Handlungsfelder für uns und die Stadt“. Goldschmidt findet: „Die Stadt trägt dem unter anderen mit der Umgestaltung des Adenauerplatzes und der provisorischen Neugestaltung der Friedrichstraße Rechnung.“
Was die Entwicklung gastronomischer Angebote in der zweiten Reihe der Innenstadt angeht, sei er froh, dass es schon gute Konzepte in Friedrichshafen gebe, so Goldschmidt. Er betont, dass zuletzt auch neue Gastronomien eröffnet wurden – etwa das Secret Café und das Lukullum. Allerdings räumt er auch ein: „Das weiteres dazukommt, ist auch unser Wunsch und steht beim Stadtforum ganz oben auf der Tagesordnung.“ Beim Forum handelt es sich einen Verein, der Entwicklung der Stadt fördern möchte.