Es ist fast zehn Jahre her, als ein Serval mitten in Friedrichshafen tagelang durch die Stadt stromerte. Die Großkatze, die einem Gepard ähnelt, aber kleiner ist, war aus einer Wohnung entwischt. Von der Großkatze gehe unmittelbar keine Gefahr aus, teilte im November 2016 die Polizei mit, riet aber davon ab, das Tier selbst einzufangen. Der Serval wurde einige Tage später von Mitarbeitern des Tierheims tot im Stadtgebiet gefunden.
Eine Großkatze als Haustier?
Dass jemand zu Hause eine Großkatze beherbergt, war bisher nicht meldepflichtig. Das ändert sich jetzt. Seit dem 1. Juli gilt die neue Polizeiverordnung in Friedrichshafen. Die schreibt eine Meldepflicht für das Halten gefährlicher Tiere vor. „Die Ortspolizeibehörde der Stadt Friedrichshafen will damit einen Überblick über mögliche Gefahrenquellen im Stadtgebiet erhalten“, heißt es dazu aus dem Rathaus. Doch welche Tiere werden überhaupt als gefährlich eingestuft?

Die Liste, die die Stadtverwaltung auf Anfrage übermittelt hat, ist drei Seiten lang. Sie reicht von Säugetieren über Vögel und Reptilien bis zu Fischen und Wirbellosen. Bei manchen Arten, die hier aufgeführt sind, möchte man nicht unbedingt in der Nachbarschaft wohnen. Dass Menschen offenbar auf die Idee kommen könnten, auf dem eigenen Grundstück Elefant, Großbär, Flusspferd oder Nashorn zu halten, scheint weit hergeholt. Dass es der Killerwal (Orca) auf diese Liste geschafft hat, entbehrt nicht einer gewissen Komik.
Was dem Menschen schaden kann
Diese Liste habe man von Kommunen in Bayern übernommen, also nicht selbst erstellt, erklärt das Rathaus. Bei den meisten als gefährlich eingestuften Tieren ist eine private Haltung durchaus vorstellbar. In den meisten Fällen handelt es sich um exotische Arten, deren Gift, Beiß- oder Körperkraft dem Menschen erheblichen Schaden zufügen kann.

Wie viele gefährliche Tiere derzeit in Friedrichshafen gehalten werden, sei nicht schätzbar, so die Pressestelle im Rathaus auf Nachfrage. Ob und wie oft solche Tiere bisher ausgebüxt sind, könne man ebenfalls nicht sagen. „Eine Statistik dazu führen wir nicht“, so eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Neben dem Serval wurde nur noch der Fall einer entflohenen Schnappschildkröte öffentlich.
Tierheim kann Exoten nicht aufnehmen
Weitere Vorkommnisse dieser Art sind auch beim Tierheim in Friedrichshafen nicht bekannt. Der Halter des Servals konnte anhand seiner Kennzeichnung ermittelt werden. Die Schnappschildkröte wurde damals in die Reptilien-Auffangstation nach München gebracht. „Wir haben im Tierheim keine Unterbringungsmöglichkeiten für diese Tiere“, erklärt Carola Fuchsloch, Vorsitzende des Häfler Tierschutzvereins.
Dass auch in Friedrichshafen Raubtiere, Skorpione, Gift- und Würgeschlangen, Echsen oder exotische Spinnen privat gehalten werden, dürfte letztlich keine Überraschung sein. Deren Haltung müsse nun aber „unverzüglich“ der Ortspolizeibehörde mitgeteilt werden, schreibt die Polizeiverordnung fest. Dann könne man entwichene Tiere möglicherweise schnell ihrem Besitzer zuordnen. Diese Liste soll aber vor allem Einsatzkräften wie Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienst anzeigen, hinter welchen Wohnungstüren Vorsicht geboten ist.

Dass solche Situationen durchaus vorkommen können, zeigt ein besonderer Lehrgang, den Ehrenamtliche der Feuerwehr Kluftern erst im Juni absolviert haben. Im Reptilienhaus Unteruhldingen wurden sie im richtigen Umgang mit exotischen und giftigen Tieren, Echsen und Schlangen geschult.
Keine Verbotsliste
So wenig vorstellbar es ist, dass jemand ausgerechnet ein Riesenkänguru, eine Hyäne oder ein Walross als Haustier halten will: Verboten ist das nicht. Die Liste der gefährlichen Tiere sei „keine Verbotsliste“, macht Stadtsprecherin Monika Blank klar.
Eine einheitliche Regelung für die Haltung von Wildtieren gibt es in Deutschland übrigens nicht. Die Bundesländer gehen unterschiedlich damit um. In Baden-Württemberg sei das eher liberal geregelt, so Blank. In neun anderen Bundesländern ist die Haltung von Exoten verboten oder die Halter müssen nachweisen, dass sie mit gefährlichen Tieren umgehen können. Nach Angaben der Tierschutzorganisation Pro Wildlife würden in Deutschland jedes Jahr Hunderttausende Wildtiere als exotische Haustiere zum Verkauf angeboten, darunter auch bedrohte oder gefährliche Arten.