Die Staatsanwaltschaft Ravensburg hat Ermittlungen gegen fünf ehemalige und aktive Ärztinnen und Ärzte des Medizin Campus Bodensee (MCB) eingeleitet. Das berichtet sie in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Polizeipräsidium Ravensburg. Demnach habe sich im Rahmen der seit Dezember 2023 laufenden Vorermittlungen der Kriminalpolizei Friedrichshafen ein Anfangsverdacht gegen fünf Ärztinnen und Ärzte des MCB bestätigt. Im Rahmen der eingeleiteten Ermittlungen hätten Beamte am Donnerstag im Klinikum Beweismittel sichergestellt.

Die Vorwürfe lassen sich laut Pressemitteilung in zwei Bereiche aufteilen. Zum einen bestehe der Anfangsverdacht des Abrechnungsbetrugs. Zum anderen werde wegen des Verdachts ärztlicher Fehlbehandlungen ermittelt. „Hierbei kommen die Tatbestände der Körperverletzung, unterlassenen Hilfeleistung und fahrlässigen Tötung in Betracht“, so der Wortlaut in der Mitteilung. Die Aufarbeitung der erhobenen Beschuldigungen erfolgt bei der Kriminalpolizeidirektion Friedrichshafen durch die dazu eingerichtete Ermittlungsgruppe namens Cura.

Vorwürfe gegen Chefarzt

Die Ermittlungsbehörden hatten nach eigenen Angaben nach dem Freitod einer am MCB angestellten Ärztin Ende November 2023 Kenntnis von den Vorfällen erlangt. Diese hatte einem Chefarzt unter anderem vorgeworfen, Komplikationen bei der Behandlung von Patienten verheimlicht und damit das Patientenwohl gefährdet zu haben. Außerdem habe sie beklagt, dass auf der Intensivstation eingesetzte Assistenzärzte überfordert gewesen seien. Nachdem ein Verfahren zur fristlosen Kündigung gegen sie eingeleitet worden war, beging die Ärztin Anfang Dezember 2023 Suizid.

Kripo sichert Beweismittel

Der MCB hat sich am Donnerstag auch zu den Ermittlungen geäußert. „Wir arbeiten hier selbstverständlich mit polizeilichen Ermittlern zusammen und stellen alle gewünschten Daten und Unterlagen zur Verfügung“, erklärt Susann Ganzert, Sprecherin des Klinikums Friedrichshafen, in einer Pressemitteilung. „Es liegt selbstverständlich und nach wie vor im Interesse des Klinikums Friedrichshafen, die Ermittlungsbehörden bestmöglich zu unterstützen und den Sachverhalt aufzuklären.“ Die Kriminalpolizei habe am Donnerstag begonnen, in Unterlagen des Klinikums Friedrichshafen Einsicht zu nehmen. Den Ermittlern seien dabei in den Räumen des Klinikums und der Verwaltung angeforderte Unterlagen übergeben worden. In der Mitteilung der Staatsanwaltschaft ist die Rede vom Sicherstellen von Beweismitteln.

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Klinik betont Unschuldsvermutung

Betont wird in der Pressemitteilung des MCB, dass die Einleitung des Verfahrens lediglich den „sogenannten Anfangsverdacht“ bestätige. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass die Möglichkeit einer Straftatbegehung bestehe. „Die gesetzlichen Anforderungen an eine solche Verfahrenseinleitung sind gering, auch um den Betroffenen behördlicher Ermittlungen nicht ihre Rechte vorzuenthalten.“ Das Ermittlungsverfahren diene dazu, in einem geregelten Verfahren zu überprüfen, ob der Anfangsverdacht sich erhärten lasse, oder aber unbegründet ist. „Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt weiter die Unschuldsvermutung“, so der Wortlaut. Betont wird auch, dass im Klinikum im Auftrag des Aufsichtsrats noch immer eine Compliance-Untersuchung laufe. „Auch diese Ermittlungen halten nach wie vor an.“

Der MCB hat nach eigenen Angaben rund 2000 Mitarbeiter.
Der MCB hat nach eigenen Angaben rund 2000 Mitarbeiter. | Bild: Cian Hartung

Seit Monaten Unruhe im Krankenhaus

Die Vorfälle hatten Medizin Campus Bodensee und in der Stadt seit Dezember 2023 für Unruhe gesorgt. Rund eine Woche nach dem mutmaßlichen Suizid der Oberärztin hatten Beschäftigte des Klinikums Aufklärung von der Geschäftsführung gefordert. Gleiches äußerte auch der Anwalt der Verstorbenen, Detlef Kröger. Mitte Dezember schlossen sich mehrere Ärzte in einem öffentlichen Schreiben dieser Forderung an, traten dann kurze Zeit darauf teilweise aber wieder davon zurück.

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Seit Januar laufen im Auftrag der MCB-Geschäftsführung Compliance-Untersuchungen durch die Kanzlei Feigen Graf. Diese soll in Gesprächen mit Mitarbeitern Informationen sammeln zu mutmaßlichen Vorfällen im Klinikum, die die verstorbene Oberärztin geäußert hatte. Die Geschäftsführung teilte in diesem Rahmen mit, dass sie nicht über den Prozess dieser Untersuchungen berichten wolle.

Im Januar legte zudem der von den Vorwürfen betroffene Chefarzt sein Amt als Medizinischer Direktor vorübergehend nieder. Der Abschluss der Compliance-Untersuchungen war ursprünglich für Ende März angesetzt. In einer Pressemitteilung Ende Februar erklärte der MCB, dass dieser Prozess bis Mitte Juli verlängert werde.