Wie kann ein Gelände dermaßen verfallen – und alles schaut zu? Diese Frage kam nach den jüngsten Berichten über den Lastwagenfriedhof von Friedrichshafen immer wieder auf. Videos von Entdeckern, die das Gelände erkunden, hatten gezeigt, die Räume sind verwüstet, die Lastwagen beschädigt, in und um die Fahrzeuge liegt Müll, am ganzen Grundstück nagt der Zahn der Zeit. „Einstige Millionenwerte sind jetzt nichts mehr als eine große Gefahr für die Umwelt und eine Belastung für die Anwohner“, so der Kommentar in einem der Videos.
Das Landratsamt kontrolliert eigenen Angaben zufolge seit vielen Jahren regelmäßig, ob von den Fahrzeugen auf dem Gelände eine Gefahr für die Umwelt ausgeht. Auch ob eine Räumung des Geländes in Betracht kommt, sei in der Vergangenheit bereits geprüft worden. „Da aber keine Gefahr im Verzug war und die Eigentumsverhältnisse nicht eindeutig waren beziehungsweise sind, sind wir bisher nicht an diesen Punkt gekommen“, sagte Behördensprecher Robert Schwarz zuletzt.
Interessenten melden sich bei Insolvenzverwalter
Doch warum wurden oder werden Lastwagen, Autos und Arbeitsbühnen nicht im laufenden Insolvenzverfahren verwertet? „Tatsächlich sind immer wieder Interessenten auf mich zugekommen, die Lastwagen und andere Fahrzeuge der Spedition kaufen wollten“, erklärt Insolvenzverwalter Thomas Karg am Telefon. Diese könne er allerdings gar nicht veräußern, denn: Bestandteil des Insolvenzverfahrens ist nur die Betriebsgesellschaft. „Was in der Gesellschaft war, ist verwertet worden. Fahrzeuge und Grundstück sind hingegen nicht Teil der Insolvenzmasse“, so Karg.
Das zuständige Insolvenzgericht in Ravensburg bestätigt dies. Amtsgerichtsdirektor Matthias Grewe betont: „Der Insolvenzverwalter kann nicht über Grundstück und Fahrzeuge verfügen.“ Es handle sich um zwei Unternehmen, eine GmbH als Betriebsgesellschaft und eine GbR als Besitzgesellschaft. Liegenschaften und Fahrzeuge seien im Besitz der GbR, das Insolvenzverfahren betreffe hingegen nur die GmbH. „Das, was man dort auf dem Gelände sieht, an dem so viele Menschen Tag für Tag vorbeifahren, hat daher nichts mit dem laufenden Verfahren zu tun“, sagt Grewe.
Dass das Anlagevermögen einer Besitzgesellschaft gehört und von der Betriebsgesellschaft pachtweise genutzt oder angemietet wird, sei ein durchaus übliches Prozedere, erklärt der Insolvenzverwalter. Und auch der Amtsgerichtsdirektor betont: „Dass zwei Gesellschaften gegründet, Vermögensbereiche getrennt werden, daran ist nichts Befremdliches oder Anrüchiges.“ Die Geschäftsform funktioniere allerdings nur, wenn man sich wohlgesonnen sei, so seine Erfahrung.
Die Verwerfungen im seit vielen Jahren laufenden Insolvenzverfahren der Betriebsgesellschaft scheinen indes groß zu sein. In den sogenannten Insolvenzbekanntmachungen, von denen es seit Eröffnung des Verfahrens so einige gibt, ist von „immer mehr eskalierenden Streitigkeiten unter den Familienmitgliedern“ die Rede. Der Insolvenzverwalter habe vielfach „schlichten, vermitteln und ausgleichen“ müssen.

Das Insolvenzverfahren, das mittlerweile viele Aktenbände füllt, steht nun offenbar kurz vor dem Abschluss. Wie Amtsgerichtsdirektor Grewe erklärt, war der Schlusstermin Ende vergangenen Jahres. Derzeit müsse der Insolvenzverwalter noch den Bericht verfassen. „Wir sind jetzt verhalten optimistisch, dass wir es in diesem Jahr abschießen können, und zuversichtlich, dass eine ordentliche Quote für die Gläubiger herauskommt.“ Der Verfahrensbevollmächtigte wollte sich gegenüber dem SÜDKURIER nicht äußern.