Seit der Aufsichtsrat des Medizin Campus Bodensee am Mittwoch getagt hat, steht fest: Ein Chefarzt lässt sein Amt als Medizinischer Direktor bis zum Abschluss der Untersuchung ruhen. Zudem werden er und Geschäftsführer Franz Klöckner auf eigenen Wunsch nicht über die laufenden Untersuchungen unterrichtet.
Bei den Untersuchungen geht es um Vorwürfe einer inzwischen verstorbenen Oberärztin. Seit Ende 2021 soll es trotz mehrfacher Warnungen der Frau zu massiver Gefährdung von Patientenwohl gekommen sein. Die Klinik weist die Vorwürfe zurück. Die Vorfälle sollen nun erneut untersucht werden, Ergebnisse bis Ende März vorliegen.
Reicht das aus?
Während Oberbürgermeister Andreas Brand in einer Mitteilung zur Sitzung damit zitiert wird, dass die Aufklärung Zeit und Geduld erfordert, fordern Pflegekräfte in einem gemeinsamen Brief ein „unverzügliches Handeln“. Sie sehen es als dringend geboten an, die von den Vorgängen betroffenen Mitglieder der Geschäftsführung freizustellen, beschreiben die aktuelle Entscheidung nach der Sitzung zudem als halbherzig und nicht ausreichend.
Im gemeinsamen Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden und die weiteren Mitglieder des Gremiums nehmen die Unterzeichner zunächst Bezug auf die Forderungen von MCB-Ärzten und führen aus, das Vertrauensverhältnis sei aufgrund der Vorfälle und der mangelnden Krisenkommunikation zu dem Chefarzt und der Geschäftsführung derart belastet, dass eine Zusammenarbeit nur schwer vorstellbar sei. „Die bekannt gewordenen Missstände erscheinen uns derart eklatant, dass insbesondere aus Gründen des Patientenwohls ein unverzügliches Handeln unumgänglich wird.“
Es sei ihnen durchaus bewusst, dass wirtschaftliche Erwägungen mit einbezogen werden müssten, „trotz allem darf die moralisch korrekte Aufarbeitung keinesfalls hinten anstehen“. In ihrem Brief an den Aufsichtsrat, den die Unterzeichner dem Gremium vor der jüngsten Sitzung zukommen ließen, stellen sie außerdem fest: „Sie wurden alle ausreichend informiert. Umso unverständlicher ist es, wie bisher vorgegangen wurde.“ Laut den Verfassern haben bis Anfang der Woche 123 Pflegekräfte den Brief unterschrieben. Er soll auch weiterhin auf den Stationen des Klinikums ausliegen.
Mitarbeiterversammlung am Montag
Für Montag, 15. Januar, wurde mittlerweile eine Mitarbeiterversammlung angesetzt. An dieser sollen auch Oberbürgermeister Andreas Brand als Vorsitzender des Aufsichtsrats und Rechtsanwalt Andreas Minkoff, der für die Kanzlei Feigen Graf die Untersuchung leiten wird, teilnehmen. Bei der Versammlung soll unter anderem das Vorgehen der Mitarbeiterbefragungen erläutert werden.
Nach Angaben des MCB wird die Kanzlei unter anderem Ärzte, Pfleger sowie weitere Beschäftigte des Klinikums befragen. „Die befragten Personen sollen sich innerhalb der Befragungen von Zeugenbeiständen begleiten lassen können“, teilte das Klinikum nach der Sitzung des Aufsichtsrats mit. Wie genau das ablaufen soll, ist offenbar Thema der Versammlung am Montag.
Wie nötig diese Informationen sind, zeigen die Aussagen einer Pflegerin im SÜDKURIER-Interview. Sie hatte vor einigen Wochen Sorgen geäußert. Sie habe Bedenken, dass „Aussagen, die ich gegenüber dieser Kanzlei treffe, letztlich bei der Geschäftsführung landen“. Außerdem stelle sie sich die Frage, wie mit Menschen umgegangen wird, die namentlich Missstände anzeigen. Ob solche und andere Sorgen am Montag ausgeräumt werden können, muss sich zeigen.
Das Klinikum erklärt am Freitag auf Anfrage, man wolle sich zu weiteren Details der Befragungen erst nach „einer Mitarbeiterversammlung zu Beginn der kommenden Woche“ äußern. Mit dem Pressetext zur Aufsichtsratssitzung habe man über die grundlegenden Aspekte der Befragung informiert. Detaillierte Informationen sollten jetzt zunächst den Mitarbeitern zukommen. Im Anschluss werde man auch die Öffentlichkeit informieren.