So richtig glauben wollte das anfangs eigentlich keiner der früheren Sportkollegen beim VfB Friedrichshafen, weder Jochen Schöps noch Björn Andrea oder Christian Pampel. Der Mattze läuft Marathon? „Da hat wohl mancher gedacht, ich will ihn veräppeln. Für Volleyballer ist dieser Sport eher untypisch“, sagt Matthias „Mattze“ Kolley lachend. Und doch hat ihn vor drei Jahren das Lauffieber gepackt. Mit einer Vier-Kilometer-Runde habe er angefangen, im Mai seinen ersten Marathon absolviert. Jetzt sind alle seine früheren Sportkollegen dabei und unterstützen sein Projekt.
Bis 2003 beim VfB Friedrichshafen auf dem Spielfeld
Der heute 38-jährige Häfler hatte 1991 beim VfB mit dem Volleyball angefangen und kam über die YoungStars, wo er mit späteren Volleyball-Nationalspielern wie Max Günthör oder Sebastian Schwarz „groß“ wurde, auf die Profi-Schiene. Für einen Erstliga-Einsatz in der Ersten Mannschaft hat‘s für den Jungspund damals beim VfB zwar nicht gereicht. Dafür stand der Libero später beim TSV Unterhaching im Bundesliga-Aufgebot. Nach der letzten Sportstation beim Zweitligisten Dachau blieb Matthias Kolley letztlich in München hängen.

Seit vielen Jahren leitet er Sportprojekte für die Special Olympics Bayern
Hier ist er seit vielen Jahren für die Special Olympics Bayern als Leiter für Sportprojekte tätig. Ein Beruf, der „mir am Herzen liegt“, sagt Matthias Kolley. Die Organisation bietet Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ganzjährig Möglichkeiten für Training und Wettbewerbe in 26 Sportarten. Im Juli 2021 finden die Landesspiele – quasi die bayerischen Meisterschaften – in Regensburg statt. Ein Riesen-Event auch für Trainer und Familien der rund 1500 Athleten. „Wer mal live dabei war, den lässt diese besondere Atmosphäre nie wieder los“, erzählt der 38-Jährige begeistert.
Spendenaufruf für ein ungewöhnliches Sportprojekt
Nun sind Unterstützer oder Sponsoren für Special-Olympics-Veranstaltungen schon unter „normalen“ Bedingungen nicht so einfach zu finden, „weil wir in der Öffentlichkeit nicht so präsent sind, wie wir uns das wünschen“, sagt Matthias Kolley. Corona mache es noch schwerer. Und so kam ihm die Idee, mit einem eigenen, nicht alltäglichen Sportprojekt Aufmerksamkeit zu erzeugen und mit einem Spendenaufruf zu verbinden. Denn noch klafft ein fünfstelliges Loch im Budget für die Landesspiele.
Die Idee für den siebentägigen Ultramarathon um den See kam ihm – wo sonst – beim Laufen. „Ich höre da immer Hörbücher“, erzählt er. Darunter war auch das von Dean Karnaze, der an 50 Tagen hintereinander Marathons durch 50 US-Bundesstaaten rannte. „Das fand ich interessant“, sagt der Hobbyläufer. Vor zwei Jahren absolvierte er seinen ersten Halbmarathon und im Mai schaffte er zum ersten Mal die 42,195 Kilometer auf seiner Hausstrecke um Schloss Nymphenburg und vertrug den Lauf gut. „Mehr als sensible Fußsohlen am Tag danach war nicht“, erzählt er schmunzelnd.
Von München nach Friedrichshafen war dann doch „zu krass“
Der erste Plan war, an fünf Tagen von München nach Friedrichshafen je einen Marathon zu laufen. Davon habe ihm sein Lauftrainer aber abgeraten – zu krass, der Weg übers Allgäu zu bergig für ihn. Als er feststellte, dass die Strecke um den Bodensee nahezu exakt so lang ist wie die von der bayerischen Metropole in seine Heimatstadt, nahm das Sportprojekt Gestalt an – mit einer kleinen Modifizierung. Auf Anraten des Trainers will Matthias Kolley nun sieben Tagesetappen von rund 30 Kilometern laufen. Denn die letzten zehn Kilometer sind für Marathonläufer erfahrungsgemäß die härtesten.

Vater Klaus Kolley begleitet den Sohn auf dem Fahrrad
Ganz allein geht er nicht auf die Strecke. Die Bodensee-Umrundung ist das Vater-Sohn-Urlaubsevent in diesem Jahr. Klaus Kolley war viele Jahre Geschäftsführer der Profi-Volleyballer beim VfB Friedrichshafen. „Ich laufe, er fährt Fahrrad. Das ist der Plan.“ Am 5. September soll es in Friedrichshafen losgehen, die Etappenziele sind Überlingen, Radolfzell, dann Mammern, Landschacht und Rohrschach in der Schweiz und über Hörbranz (Österreich) zurück nach Friedrichshafen, wo an der Uferpromenade beim WYC-Restaurant Endstation sein soll.
210 Kilometer in fünf Tagen: Mutet er sich da nicht zu viel zu? „Ja, mancher bezweifelt, dass ich das schaffe“, sagt er. Da gehe es ihm wohl wie vielen Menschen mit Behinderung, denen oft Vieles nicht zugetraut wird. Und die dann doch scheinbar Unmögliches schaffen. „Um die ersten zwei, drei Tage mache ich mir keine Sorgen. Danach wird‘s interessant“, sagt Matthias Kolley, der seit Wochen auf diesen eigenwilligen Wettkampf gegen sich selbst hin trainiert.

Fast 4000 Euro Spenden sind schon im Vorfeld eingegangen
Dabei ist das Projekt schon jetzt ein Erfolg, noch bevor er die erste Etappe begonnen hat. Das Ziel, 10 Euro für jeden der 210 Kilometer an Spenden zu akquirieren, war schon sechs Tage nach der Veröffentlichung des Aufrufs auf der Internet-Plattform betterplace erreicht. Mittlerweile sind über 3750 Euro von 74 Spendern eingegangen. „Das läuft echt gut“, freut sich Matthias Kolley über den Zuspruch, den er so nicht erwartet hat. Er peilt jetzt 5500 Euro als Erlös an und will bis auf den letzten Meter „alles reinbuttern, um einen maximalen Spendenerfolg einzufahren“.
Informationen zum Projekt von Matthias Kolley im Internet:www.betterplace.org/35611