Die Zeppelin-Bilanz für 2021 kann sich sehen lassen. Der Umsatz von Deutschlands größten Baumaschinen-Händler kletterte um 13 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro, der Gewinn vor Steuern (EBT) beträgt 160 Millionen: ein Plus um 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit stellt der Betrieb sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn einen Rekord ein. Der Zeppelin-Stiftungskonzern aus Friedrichshafen zahlt 20,6 Millionen Dividende aus – ein weiterer Rekord. Diese Zahlen präsentierte Zeppelin im Rahmen seiner Bilanz-Pressekonferenz.

Ukraine-Krieg trifft Zeppelin hart
Doch mit Blick auf das kommende Geschäftsjahr werden die guten Zahlen sicherlich nicht mehr erreicht. Der Krieg in der Ukraine und die Wirtschaftssanktionen gegen Russland treffen das Unternehmen hart. Etwa 20 Prozent des Geschäftsvolumens werden in betroffenen Regionen erwirtschaftet. Konzernchef Peter Gerstmann rechnet sogar mit einem Rückgang des Ergebnisses in Höhe von 30 Prozent.
Gerstmann gliederte die betroffenen Geschäftsbereiche folgendermaßen: 150 Millionen Umsatz in der Ukraine, 410 Millionen Umsatz in Russland sowie 30 Millionen in Belarus: 590 Millionen Euro insgesamt, die von den aktuellen Ereignissen betroffen sind. Gerstmann betonte, er gehe nicht davon aus, dass sich das Geschäft schnell wieder erhole. Über aktuell noch laufende Tätigkeiten sagte er: „Von Geld verdienen kann hier nicht mehr die Rede sein.“
Enteignungen möglich – noch laufen Geschäfte in Russland
Ganz sind die Geschäfte in Russland indes noch nicht zum Erliegen gekommen. „Wir erfüllen unsere Verpflichtungen aus Geschäftsbeziehungen, solange sie keinen Sanktionen entgegenstehen“, legte Peter Gerstmann dar – und er machte deutlich: „Wir machen derzeit keine Geschäfte mit dem Staat Russland. Daher halte ich unsere Aktivitäten auch nicht für moralisch verwerflich.“ Viel Geschäft sei ohnehin nicht möglich: Der Import von Maschinen sei unterbunden. Mit Blick auf die weitere Zukunft schließt Konzernchef Gerstmann gar die Enteignung der Unternehmenswerte in Russland durch den Staat nicht aus. Wie groß diese Gefahr faktisch ist, konnte er nur schwer beziffern.

Auch in der Ukraine finden kaum noch Geschäfte statt. In manchen Regionen, wo landwirtschaftlich gearbeitet wird, werde das Geschäft nach Möglichkeit noch aufrecht erhalten, legte Peter Gerstmann dar. Auch in manchen Minen im Westen des Landes sei Zeppelin noch aktiv. Der erst kürzlich gebaute Standort in Kiew sei unter Beschuss. Er gilt als verloren. Mit dem Blick auf ausländische Vermögenswerte resümierte Gerstmann: „Wir rechnen mit dem Verlust eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags.“
Mitarbeiter derzeit im Fokus
Aktuell treibt die Verantwortlichen noch ein ganz anderes Thema um: Die Lage der 600 Zeppelin-Angestellten in der Ukraine. „Wir haben so schnell wie möglich damit begonnen, Mitarbeiter zu evakuieren“, betonte Chef Gerstmann. „Alle, die es wollten, haben wir aus Kriegsgebieten herausgebracht und geholfen, das Land zu verlassen.“ Darunter seien auch 200 Familienmitglieder von Mitarbeitern gewesen. Erwachsenen ukrainischen Männern im Alter von 18 bis 60 Jahren ist die Ausreise untersagt. Der Großteil von ihnen befindet sich daher weiterhin im Land.
Zeppelin unterstützt Betroffene finanziell. Das Unternehmen hat einen Hilfsfonds in Höhe von 100.000 Euro aufgelegt, auch Gehälter werden weiterhin bezahlt. Zehn Angestellte kämpfen derzeit nach Informationen des Unternehmens in ukrainischen Armee, andere in Milizen. Von Toten oder Verletzen unter ihnen sei bislang nichts bekannt. Nur zu einem Mitarbeiter gebe es aktuell keinen Kontakt.
Konzernführung sieht Betrieb gut aufgestellt
Trotz der prekären Aussichten sieht die Konzernführung den Betrieb gut aufgestellt. Das Überleben des Zeppelin-Konzerns sei nicht gefährdet, so lautete eine weitere wichtige Nachricht bei der Pressekonferenz. Auch seien keine Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr.
Auch darüber, welche Geschäfte die drohenden Verluste ausgleichen können, machen sich die Verantwortlichen bei Zeppelin derzeit Gedanken. Peter Gerstmann: „Wir haben ein erhebliches Geschäftspotenzial im Bereich des Anlagenbaus identifiziert: Das betrifft den Bereich der Batterieproduktion für die Elektromobilität.“ Auch das Geschäft in Russland soll nach Möglichkeit aufrecht erhalten werden, zudem hofft die Unternehmensführung auch auf eine demokratische Ukraine, in denen wieder Geschäfte möglich sein werden. Zudem hat Zeppelin weitere Märkte hinzugewonnen: in Dänemark und in Schweden. Gerstmann: „Notfalls werden wir in Zukunft Märkte finden, die besser zu uns passen.“