Volle Boxen, ein voller Quarantäne-Bereich, lange Wartelisten: Schon seit Jahren kämpft das Radolfzeller Tierheim mit einer zu großen Nachfrage und damit einhergehenden Problemen. Das liegt vor allem an einer großen Anzahl von freilebenden Katzen, die vom Tierheim aufgenommen und versorgt werden. Sie stammen nicht nur aus Radolfzell und der Umgebung, sondern vor allem aus dem Raum Stockach. Für diesen ist das Radolfzeller Tierheim bereits seit 2021 zuständig.

Zuletzt ist der Zuständigkeitsbereich des Radolfzeller Tierheims allerdings noch weiter gewachsen: Seit Juli kümmert sich das Tierheim auch um Fundtiere aus dem Bereich der Stadt Konstanz. Nur wie funktioniert das, wenn die Kapazitäten schon davor lange erschöpft waren? Und noch immer unklar ist, wann der lange geplante Tierheimneubau tatsächlich kommen soll?

Viele Katzen auf der Warteliste

Wie Julia Schuhwerk, Leiterin des Radolfzeller Tierheims, und Julia Bierbach, Vorsitzende des Tierschutzvereins Radolfzell, der das Tierheim leitet, berichten, ist die Situation nach wie vor angespannt. „Bei den Hunden geht es“, sagt Julia Schuhwerk. Doch die Zahl der Katzen, um die sich das Tierheim kümmert und kümmern möchte, sei hoch.

Beinahe jeden Tag werde ein Kitten in die Obhut des Tierheims übergeben, freie Plätze gebe es daher im Bereich der Katzen derzeit nicht. Hinzu kommen um die 50 freilaufende Katzen, die noch eingefangen werden sollten, derzeit aber auf einer Warteliste stehen.

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Denn die Plätze im Tierheim werden nur langsam frei. Das Problem: Die freilebenden Katzen müssen erst einmal zwei Wochen in Quarantäne verbringen. Und weil viele von ihnen krank seien, müssen sie dort noch länger bleiben, bis sie wieder gesund sind. Zum Teil könnten die Katzen dadurch monatelang nicht vermittelt werden. Außerdem werden Kitten erst ab einem Alter von zwölf Wochen zur Vermittlung freigegeben.

Der Aufwand für das Tierheimpersonal ist also hoch. Hinzu komme, dass es jetzt, so kurz vor den Sommerferien, nur wenige Interessenten gebe, die überhaupt Tiere adoptieren wollen.

Radolfzell übernimmt für Konstanz

Dennoch hat sich das Radolfzeller Tierheim für eine Kooperation mit der Stadt Konstanz bereiterklärt, nachdem diese angefragt hatte. Zuvor hatte sich das Konstanzer Tierheim um den Bereich der Stadt gekümmert.

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Der Wechsel hat offenbar finanzielle Gründe. Wie Annette Beirer, die bei der Abteilung Ordnungsbehörde des Bürgeramts Konstanz für die Zusammenarbeit mit dem Tierheim zuständig ist, erklärt, habe das Konstanzer Tierheim den bisherigen Vertrag gekündigt und im Rahmen der neuen Vertragsverhandlungen habe man ein Angebot aus Radolfzell einholen wollen.

Dort habe das Tierheim das Angebot gemacht, für 90.000 Euro das Gebiet der Stadt Konstanz zu übernehmen – das sind etwa 50.000 Euro weniger als das Tierheim Konstanz. Daraufhin sei man die Kooperation mit Radolfzell eingegangen.

Weniger Aufwand in der Stadt

Laut Julia Schuhwerk und Julia Bierbach unterscheidet sich die Arbeit, die bislang bereits im Tierheim angefallen ist, deutlich von der, die nun im Bereich der Stadt Konstanz hinzukommt. Denn die meisten freilaufenden Katzen, die im Tierheim landen, stammen aus dem ländlichen Raum, also vor allem der Verwaltungsgemeinschaft Stockach. Dieses Problem gebe es in der Stadt Konstanz nicht. Das bestätigt auch Annette Beirer: „Probleme mit verwilderten Katzen haben wir in Konstanz definitiv nicht.“

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Stattdessen müsse sich das Radolfzeller Tierheim dort vor allem um entlaufene Tiere kümmern. Diese müssen dann lediglich kurzzeitig im Tierheim untergebracht werden, bis sie von ihren Besitzern abgeholt werden können. Zudem sei die Anzahl dieser Tiere deutlich geringer, so Julia Bierbach.

Viele Beratungsgespräche am Telefon

Außerdem kontaktieren Konstanzer das Tierheim oftmals telefonisch, um von den Mitarbeitern lediglich beraten oder weiterverwiesen zu werden. So komme es etwa vor, dass Anrufer wissen möchten, was sie mit einem verirrten Schwan oder einem verletzten Wildvogel tun sollen. Um diese könne sich das Tierheim ohnehin nicht selbst kümmern. „Wir dürfen keine Wildtiere aufnehmen“, erklärt Julia Schuhwerk – und keine Nutztiere oder Reptilien, dafür fehle die Genehmigung.

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„Die Probleme, die wir jetzt haben, hätten wir auch, wenn wir Konstanz nicht dazu genommen hätten“, fasst Schuhwerk zusammen. Und ein größerer Aufwand sei die Abholung der Tiere aus Konstanz nicht, betont Julia Bierbach. Denn zum einen sei die Anfahrt dort kürzer als ins Stockacher Hinterland, zum anderen fahre das Tierheim ohnehin selten selbst. Stattdessen übernehme die Tierrettung Südbaden in den meisten Fällen den Transport. „Da braucht man ja auch das Equipment dafür“, erklärt Bierbach.

Neue Notfallnummer

Neu sei allerdings, dass sich seit Anfang Juli bereits des Öfteren nachts die Polizei wegen eines Einsatzes beim Tierheim gemeldet habe. „Das kannten wir bisher nicht“, sagt Julia Bierbach. Den Hintergrund kann Annette Beirer erklären: Bisher sei die Polizei außerhalb der Öffnungszeiten des Konstanzer Tierheims Ansprechpartner für Notfälle gewesen – die Beamten hätten die Anliegen dann an die jeweils notdiensthabenden Mitarbeiter weitergeleitet.

Das Tierheim Radolfzell möchte jedoch gerne die Anrufe direkt bei sich bündeln. Zu diesem Zweck wurde neu eine Notfallnummer eingerichtet, über die das Team außerhalb der Öffnungszeiten erreichbar ist: 0172 5403717. Und noch eine Neuheit soll es bald geben: Das Team soll um eine weitere Tierpflegerstelle erweitert werden.