Uwe Petersen

Herr Megerle, Sie sind 2019 nicht mehr für den Gemeinderat angetreten. Was sind die Gründe?

Ich war lange Gemeinderat und habe mich jahrzehntelang engagiert. Jetzt haben wir große Pläne für den Winzerverein – da brauche ich einfach mehr Zeit. Es war eine interessante und schöne Zeit im Rat, weil man die Gemeinde sehr intensiv kennenlernt. Aber man muss auch der jüngeren Generation eine Chance geben.

Sie sprechen den geplanten Neubau an, der das Winzerhaus vergrößern und ergänzen soll.

Ja, wir müssen uns an die Bedürfnisse anpassen. Die Winzer haben die Rebflächen erweitert. Also brauchen wir mehr Lagerfläche, mehr gekühlte Lagerfläche für die Flaschenlagerung und eine größere und effektivere Traubenannahme, um das Lesegut noch besser sortieren zu können. Auch für den Versand und für den Kleinversand brauchen wir mehr Platz.

Karl Megerle lässt beim Winzertrunk 2019 „das außergewöhnlichste Winzerjahr in Bezug auf die Witterung“ 2018 aufleben und ...
Karl Megerle lässt beim Winzertrunk 2019 „das außergewöhnlichste Winzerjahr in Bezug auf die Witterung“ 2018 aufleben und hofft, dass es ein Ausnahmejahr bleibt. | Bild: Uwe Petersen

Den Platz holen Sie sich zu großen Teilen unter der Erde.

Mit dem Kauf des Nachbargeländes sind unsere Möglichkeiten erschöpft. Da wir mitten im Dorf liegen, haben wir nur den Ausweg, nach unten zu bauen. Alle unsere Räumlichkeiten werden deshalb unterkellert, denn andere Möglichkeiten haben wir nicht mehr. Auch wenn wir jetzt noch nicht alle Räume brauchen: Die Gebäude nachträglich zu unterkellern, ist nicht möglich. Wir müssen jetzt die Chance nutzen, unseren Nachfolgern Raum für Entwicklung zu schaffen. Das bedeutet für uns, die nicht vermehrbare Fläche optimal zu nutzen.

Wann soll denn gebaut werden?

Der Baubeginn ist für November 2019 mit dem Abriss des bestehenden Nachbargebäudes geplant. Die Unterkellerung – auch unter der Straße und damit als Verbindung zu den bestehenden Kellern – und der Rohbau sollen 2020 fertiggestellt werden. Die ganze Technik im neuen Winzerhaus und vor allem die gesamte Kellertechnik ist vermutlich erst 2022 eingebaut.

Was könnte den Bau verzögern?

Das hängt zum Teil von äußeren Einflüssen ab. Wenn wir ein starkes Unwetterjahr, wie es zum Beispiel 2009 war, haben, kann sich alles verzögern. Diese Sorgen hat man als jemand, der in der Natur schafft, immer. Dazu kommen neue Ereignisse wie der Klimawandel, an die man denkt.

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Sie haben ja mit dem neuen Traubenwachturm noch ein anderes Bauprojekt laufen. Wie wichtig ist das?

Der alte Starenturm zur Vogelabwehr im Herbst war in die Jahre gekommen und nicht mehr standfest genug. Da wir Ersatz benötigten, wollten wir einen markanten Turm bauen, der ins Auge fällt und mit Hagnau in Verbindung gebracht wird. Außerdem bietet er den Traubenwächtern höheren Komfort. Bis zur Traubenreife wird er nutzbar sein.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Winzervereins in der Zukunft?

Wir müssen mit den Gegebenheiten leben. Die Rebfläche kann nicht beliebig ins Hinterland verlegt werden: Der See ist immer noch nötig gegen Nachtfrost und Frühaustrieb. Gewisse Grundlagen – und dazu gehören vor allem unsere Rebflächen – kann man nicht zur Disposition stellen, auch wenn die Entwicklung im Dorf und im Weinbau weitergehen muss. Übrigens: Solange wir von der Landwirtschaft leben können, pflegen wir damit automatisch auch die Landschaft – und davon profitieren wir dann alle, ob Anwohner oder Touristen.

Schauen Sie auch, was andere Winzer und andere Länder machen?

Ja, natürlich. Mein Naturell ist zwar einerseits konservativ, aber man darf andererseits auch nicht sitzenbleiben und nichts verändern wollen. Da kann man von anderen lernen. So verschließen wir uns nicht gegen den Insektenschutz und versuchen mit neuen Methoden, die Pflanzen zu schützen, ohne die Insekten breitflächig zu vernichten. Zum Beispiel werden in jeder zweiten Rebgasse blühende Pflanzen wie Phacelia oder Kleesorten eingesät. Zum anderen bin ich einfach neugierig. Ich fahre gerne zur „Pro Wein“ nach Düsseldorf. Das ist die wohl wichtigste Weinmesse. Da schaue ich, was andere machen, und tausche Erfahrungen aus.

Hermann Dimmeler (links) überrascht den frisch wiedergewählten Vorsitzenden Karl Megerle und seine Frau Gabi beim Winzertrunk mit der ...
Hermann Dimmeler (links) überrascht den frisch wiedergewählten Vorsitzenden Karl Megerle und seine Frau Gabi beim Winzertrunk mit der Ehrung für 30 Jahre Arbeit in Aufsichtsrat und Vorstand des Winzervereins. | Bild: Uwe Petersen

Im Januar sind Sie am Tag des Winzertrunks als Vorsitzender des Winzervereins wiedergewählt worden.

Wir haben immer vor dem „Winzertrunk“ unsere Generalversammlung. Die Ergebnisse werden dann abends verkündet. Nach drei Amtszeiten von je sechs Jahren wurde ich jetzt zum vierten und auch letzten Mal gewählt. Im Laufe meiner Amtsperiode werde ich meinen eigenen Obst- und Weinbaubetrieb ganz meinem Sohn übergeben und damit dann auch keine Grundlage für dieses Amt mehr haben, denn das ist sinnvollerweise an einen eigenen Betrieb gebunden. Man will natürlich, wenn man etwas anfängt, dieses auch zu Ende führen. Ich möchte also den Neubau solange begleiten, bis alles gut läuft – zumindest, sofern es die Gesundheit zulässt.

Man merkt, wie sehr Sie an dem Winzerverein hängen.

Vorsitzender im Winzerverein zu sein, ist natürlich eine sehr interessante Tätigkeit, die weit über das normale Winzerdasein hinausgeht. Wir sind ja eine Genossenschaft mit rund 50 Betrieben, die gemeinsam arbeiten. Der Vorstand ist zusammen mit dem Aufsichtsrat für die wirtschaftliche Ausrichtung verantwortlich, damit aber auch für die gesamte zukünftige Entwicklung. Das primäre Ziel muss sein, den Status quo zu erhalten; aber wir versuchen natürlich, den Gesamtbetrieb weiter zu entwickeln.

Wie sieht es da mit Nachwuchs aus?

Die Generationen müssen sich gegenseitig anpassen. Wenn man frisch von der Schule kommt, braucht man eben auch die Erfahrung. Deshalb ist es gut, wenn wir generationenübergreifend arbeiten. So lernen die Jungen, wie es geht, und die Alten, dass es manchmal auch anders geht. Selbstverständliche Dinge werden hinterfragt und man muss sich selbst fragen, ob das richtig ist, was man tut. Dabei ist das Ziel immer dasselbe: das Streben nach dem besten Wein. Auch deshalb schaue ich, was sich weltweit entwickelt, um offen zu sein für den Markt. Denn heute ist alles mobil, unser Markt ist in ganz Deutschland – hauptsächlich über unsere Gäste – und wir stehen im Wettbewerb mit der Welt. Da gewinnt dann die Regionalität eine ganz besondere Bedeutung. Wir Bodenseewinzer arbeiten gerade daran, den Begriff „Bodenseewein“ schützen zu lassen und als Qualitätsmerkmal aufzubauen.