Gudrun Servay-Böttcher bringt Kunstwerke auf Eierschalen. Das erste Ei bemalte sie vor mehr als 40 Jahren für ihren Ehemann Karlheinz, Landwirt und Jäger. Zu sehen ist ein Rehbock, umrahmt von Natur und einem Spruch. „Zwischen Zielen und Drucken sitzen noch manche Mucken.“ Es geht um die Herausforderungen der Jagd. Das bemalte Ei gleicht einer Jagd-Ehrenscheibe.

Zusammen mit unzähligen weiteren Eiern und großformatigen Bildern ist es ab Sonntag, 17. März in der Schau „Kunst am Ei – Einzigartiges aus Hagnau“ zu sehen. Die 71-Jährige ermöglicht den Besuchern eine Reise durch 40 Jahre Kunst am Ei. Über viele Jahre betrieb das Ehepaar einen Obst- und Weinbaubetrieb mit Brennerei, Tieren und Kunst.

Die Eier stellte Servay-Böttcher in früheren Stallungen aus. „Wir boten Führungen an. Und so ist es immer mehr geworden“, erinnert sie sich. Jetzt befindet sich ihr komplettes Schaffen in Vitrinen im Bürger- und Gästehaus, in der Evangelischen Kirche sowie beim Hagnauer Winzerverein. Vom Taubenei über das Fasanenei und Rebhuhnei bis zum Straußenei: Es erstaunt, welche Szenen und Schriftzüge auf den Schalen verschiedener Größen zu sehen sind. Unter anderem die Streiche von Max und Moritz nach Wilhelm Busch, der Alltag des Bauern, der sein Feld bestellt, die vier Jahreszeiten sowie moderne Motive mit Nägeln und Reißverschlüssen. Gekratzte und perforierte Exemplare befinden sich ebenso darunter.
Informationen zu Künstlerin und Ausstellung
„Die meisten sind Gänseeier, weil da am meisten draufgeht. Die Schale vom Entenei hat eine ganz glatte Oberfläche. Sie ist sehr schön zum Malen“, erklärt die Künstlerin. Nicht so gut geeignet sind nach ihren Angaben Hühnereier. „Was ich ganz wenig bemalt habe, sind Hühnereier. Von der Schale her sind sie nicht so fest wie ein Gänse- oder Entenei“, sagt Servay-Böttcher. Früher nutzte sie die Eier der eigenen Tiere. Ihr Mann bohrte unten und oben Löcher in die Eier hinein. Mit einer Stricknadel löste er das Eigelb auf. Mithilfe einer Fahrradpumpe und viel Gefühl blies er den Inhalt hinaus. Mit den Eiern fertigte die Großmutter im Haus Spätzle und Rührkuchen. „Inzwischen kaufe ich die Eier zu. Es gibt Händler für sowas.“

Inspiration findet sie überall
Ihr Augenmerk liegt auf der Serienmalerei. Die Besucher können sich an Bauernmalerei mit ähnlichen Motiven auf kleinen Taubeneiern bis hin zu großen Straußeneiern erfreuen. In einer Kur hat Servay-Böttcher nach einer Pause wieder angefangen zu malen. Beeindruckend sind die oft filigranen Pinselstriche. „Ich brauche eine Unterlage für die zweite Hand. Ich kann nicht so frei malen“, erläutert die Künstlerin. Mit Bleistift zeichnet sie beispielsweise Hilfslinien für die Schriftzüge vor, die sie mit Radiergummi wieder entfernt. Die Kunstwerke entstehen vorwiegend mit lichtechten Acrylfarben. Diese eignen sich für Leinwände und Eier. Wo sie ihre Inspiration findet? „Eigentlich überall“, sagt Servay-Böttcher.

„Würde das aufs Ei passen?“ Wenn sie in der Natur unterwegs ist, stellt sie sich häufig diese Frage. Anschließend malt sie aber nicht einfach los, sondern plant, was wo aufs Ei kommt. Wichtig ist, dass die Größenverhältnisse und Perspektiven rundherum stimmen. Damit alle Motive auf ein Ei passen, greift sie auch zum Maßband. Etwa bei den Taufeiern, die sie schon für Verwandte angefertigt hat.
Auf dem Ei für ihre Enkelin mussten Datum, Taufsprüche und christliche Motive ihren Platz finden. Viele Ereignisse und Jahrestage in der Familie hat sie bisher mit Eiern begleitet. Opulent ist das Ei, das sie für ihre Mutter bemalte. „Du hast mich in deinen Armen gewiegt, so manchen Kummer im Herzen besiegt“ ist darauf zu lesen. Servay-Böttcher mag schöne Motive und Sprüche.

Erstmals Verkauf von Eiern
Während die großen Eier – etwa die Lampe in Eierform mit Max-und-Moritz-Motiven, die ausgestellt wird – einigen Planungsaufwand erfordern, sind die kleineren Eier hinsichtlich des Malens besonders aufwendig. „Der Pinsel ist ganz fein“, sagt die Künstlerin. Leinwände und Hüte befinden sich ebenfalls in ihrem Fundus. Auch Drehorgeln hat sie schon für das Drehorgelhaus Raffin in Überlingen bemalt. Doch ihr Fokus liegt auf den Eiern.
Servay-Böttcher arbeitet an einem Ei, „bis es fertig ist“. Warten, bis eine Seite vollständig getrocknet ist, erfordert etwa Geduld. Dass sie mal ein Ei abgegeben hat, hatte Seltenheitswert. „Wenn man sich so lang mit einem Ei beschäftigt, konnte ich doch nie eins hergeben.“ Nun will sie erstmals Eier verkaufen. Die Preise starten bei 29 Euro. Das Ehepaar hat sich verkleinert. Der Platz ist nicht mehr so da. Servay-Böttcher hofft, dass die Menschen, die sich eventuell für ein Ei entscheiden, ihre Kunst ästimieren. „Sie können es zu Hause aufstellen und dekorieren.“ Das wäre ihr Herzenswunsch.