Im Jahresgespräch beschreibt sich Bürgermeister Denis Lehmann als besonnener Moderator zwischen nötigem Problembewusstsein und unangemessenen Ängsten. „Ja, es gibt reichlich Probleme“, bilanziert er mit Blick auf die politische Gesamtlage, „die auch uns Gemeinden treffen werden. Aber machen wir uns doch immer wieder klar: Es geht uns so gut, dass die verbreiteten Missstimmungen im Land eigentlich fehl am Platze sind“. 2024 war sein erstes volles Amtsjahr, das im Einklang von Beruf und Familie durchaus neu zu erleben war.
Der „amtliche“ Rückblick fällt überwiegend positiv aus, die Liste des Erreichten ist lang. Lehmann nennt als erstes das verwirklichte „einLaden“-Projekt: „Das tut dem Ort gut, es überstrahlt vieles andere.“ Als besonderen Erfolg sieht er auch den flott voranschreitenden Wohnungsbau auf dem ehemaligen Herbst-Areal. Das mietpreisgebundene Wohnen dort soll den Mietermarkt ab kommendem Herbst über die Grenzen der Gemeinde hinaus entspannen. Mittlerweile übersteigt die E-Stromerzeugung auf Gemeindegrund den Bedarf um das Doppelte, der Glasfaserausbau schreite voran. Und inzwischen hat auch das markante Bauprojekt auf dem Postareal eine rechtssichere Baugenehmigung.
Sicher gab es auch Ärgernisse. So vermisst Lehmann bei dem kleinen Baugebiet „Sonnenhalde“ die Kompromissbereitschaft einiger Beteiligter. Schmerzlich waren die Folgen des Mikrozensus, also die Neuermittlung der Einwohnerzahlen. Das hatte zur Folge, dass Heiligenberg auf einen Schlag rund 300 Bürger weniger zählte, mit bösen Folgen für die finanziellen Zuweisungen.
Sorgen gehen über dörflichen Tellerrand hinaus
Aus vielen Gesprächen mit Bürgern wisse Lehmann, dass es angesichts von Kriegen, Klimakrise und Wirtschaftsflaute berechtigte Sorgen und Ängste über den dörflichen Tellerrand hinaus gibt. Das Anwachsen des Wählerreservoirs für rechtsextreme Parteien sei beunruhigend, wenngleich Heiligenberg davon noch ganz unberührt sei. Allgemein rät der Bürgermeister dazu, den Bürgern auch unangenehme Wahrheiten zuzumuten. Streitige Auseinandersetzungen gehören für ihn zur Demokratie dazu, sie dürfen nicht in isolierte, unkritische „Meinungsblasen“ abseits der Qualitätsmedien abgedrängt werden. Persönliche Anfeindungen habe Lehmann bisher nicht erleben müssen.
Festakt zu 50 Jahren Gesamtgemeinde geplant
Das kommende Jahr 2025 verheiße Licht, aber auch etwas Schatten. Zu den schönen Aspekten zähle das 50. Gemeindejubiläum. Am 1. Januar 1975 schloss sich Heiligenberg mit den Nachbarorten in Hattenweiler und Wintersulgen zur Gesamtgemeinde zusammen. Der Bürgermeister kündigt einen Festakt im Oktober an: „Das wird gebührend zu feiern sein.“ Der auf den 23. Februar vorgezogenen Bundestagswahl siehtf er völlig entspannt entgegen, das Team um Wahlleiter Gerhard Sing im Rathaus kümmere sich bereits um die Vorbereitungen. Wegen der zeitgleich im Sennhof stattfindenden Fasnets-Termine werden das Alte Rathaus und der Kindergarten als alternative Wahllokale dienen.

Auf den Weg gebracht ist auch der Ausbau der Grundschule, wo ab dem Schuljahr 26/27 ein Anspruch auf Ganztagsbetreuung einzulösen ist. Freilich wird schon vorher etwas Wichtiges zu regeln sein. Im kommenden Frühjahr ist zu entscheiden, ob die Ganztagsschule in der verbindlichen gebundenen Form oder in Wahlform organisiert wird. Letztere stellt es den Eltern frei, ob sie die Betreuungsangebote nutzen wollen. „Da werden wir“, so Lehmann, „vorher sehr genau informieren und ermitteln, wohin die Bedürfnisse der betroffenen Familien tendieren.“ Ein Förderprogramm des Landes lasse auf sich warten. In jedem Fall werden auf die Gemeinde als Trägerin zusätzliche Personalkosten zukommen.
Im Herbst warten Neuigkeiten zur Windkraft
Spannend wird es im Herbst, denn bis dahin wird die Regionalplanungsbehörde festlegen, auf welchen Flächen Windkraftanlagen entstehen sollen. Ob ein Projekt jedoch realisiert wird, liegt maßgeblich an der Grundstücksverfügbarkeit und dem Willen der Grundstückseigentümer. Die Gemeinde habe darauf keinen Einfluss. Die Situation bei der Unterbringung Geflüchteter sei derzeit gut zu beherrschen, aber angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sei völlig unklar, ob Heiligenberg demnächst wieder in größerem Umfang Kriegsflüchtlinge zu versorgen haben wird. Quantitativ vorbereiten könne sich die Gemeinde darauf nicht: „Wir verfahren nach dem Prinzip Hoffnung.“

Bürgermeister plädiert für Bürokratieabbau
Beim Wahlkampfthema Bürokratieabbau sieht sich der Verwaltungschef eher auf der Seite der Fordernden. Er plädiert für den Abbau der vielen Fördermechanismen mit Verfahrensvorschriften, die die Beschäftigung von Gutachtern und Sachbearbeitern für die Antragsstellung und Rechnungslegung erzwängen. Stattdessen sollten die Kommunalfinanzen über eine höhere Grundausstattung durch Zuweisungen so gestärkt werden, dass Raum für Eigeninitiative bleibt. Auch Zeit könnte eingespart werden. So habe die Gemeinde schon im Herbst 2023 im Konvoi mit Frickingen und Deggenhausertal eine Förderung der kommunalen Wärmeplanung beantragt, der Bescheid traf erst ein Jahr später ein.
Apropos Finanzen: Da fallen die längsten Schatten, denn der Plan für den Haushalt 2025 rechnet mit einem Defizit von rund 390.000 Euro. Da werde man Prioritäten setzen und sich auf die Pflichtaufgaben beschränken müssen. Größere Kostenpunkte sind ein neues Bauhoffahrzeug mit 250.000 Euro und der Radweg zwischen Steinsbrunn und Wintersulgen mit 350.000 Euro. „Manches Nice-to-have“, so resümiert Lehmann, „werden wir uns nicht mehr leisten können. Das nächste Jahr wird uns den Blick aufs Wesentliche neu lehren.“