Alle Gemeinden im Land sind per Schulgesetz verpflichtet, ab dem Schuljahr 2026/27 ihre Grundschulen in Ganztagsform zu führen, abhängig vom konkreten Bedarf, der flexibel bedient werden kann. Eltern haben, aufwachsend ab Klasse 1, einen einklagbaren Anspruch auf einen Ganztagsplatz für ihr Kind. Die Kommunen als Schulträger müssen also vorbereitend handeln. Das gilt auch für Heiligenberg.
Bereits im November vergangenen Jahres hat der Gemeinderat die Architektenleistungen für die Erweiterungsbauten an der Schule vergeben, denn die neuen Qualitätsanforderungen benötigen bauliche Anpassungen. Nun gilt es, die strukturellen und pädagogischen Bedingungen festzulegen, unter denen künftig der Schulalltag organisiert werden soll. Da ist zunächst die Schule gefordert, der die Entwicklung eines maßgeschneiderten pädagogischen Konzepts obliegt.
Betreuung soll im rhythmisierten Ganztag erfolgen
Im „Qualitätsrahmen Ganztagsschule“ der Landesregierung heißt es dazu, dass „mit dem im rhythmisierten Ganztag zur Verfügung stehenden Mehr an Zeit die fachlichen, personalen und sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler bestmöglich gefördert werden“. Das hier zentrale Strukturwort „rhythmisiert“ verweist auf die lernpsychologische Erkenntnis, dass der wohldosierte Wechsel der Betätigungen und Anforderungen an die Schüler zwischen konzentriertem Unterricht, Phasen des Selberlernens, der unterstützenden und vertiefenden Lernzeit, der körperlichen Bewegung, des Spiels, der musisch-kreativen Arbeit und der Entspannung, die Freude der Kinder an der Schule und den Lerngewinn beträchtlich fördern kann.
Das „Mehr an Zeit“ bedeutet also keinesfalls mehr Unterricht, sondern einen Zugewinn an erfahrungsgesättigter, ganzheitlicher Persönlichkeitsentwicklung. Freilich kann so der Unterricht auch am Nachmittag seine Berechtigung haben, sodass sich für die Präsenzzeiten der Grundschulpädagogen deutliche Änderungen ergeben. Schule wird Lern- und Lebensraum. Auf Grundlage eines davon geleiteten Schulkonzepts haben dann die kommunalen Träger beim Regierungspräsidium die Errichtung einer Ganztagsschule zu beantragen, wo die letzte Entscheidung zu treffen ist.
Lehmann sieht Einfluss auf Attraktivität der Gemeinde
Die Gemeinde hat nun einen anonymisierten Fragebogen an die Heiligenberger Eltern von Kindern im Alter von null bis zehn Jahren verschickt, um den kurzfristig abzusehenden Bedarf zu ermitteln. Da wird im Wesentlichen nach der aktuellen Nachmittagsbetreuung, den Motiven für eine schulische Betreuung und den zeitlichen Erfordernissen gefragt. Inwieweit sich der Gemeinderat demnächst von dieser begrenzten Umfrage wird leiten lassen, ist offen. Denn, ob Heiligenberg in Zukunft über ein überzeugendes Ganztagsangebot verfügt, wird, wie Bürgermeister Denis Lehmann im Gespräch betont, die Attraktivität der Gemeinde über viele Jahre hinaus bestimmen.
Der Fragebogen informiert auch über zwei mögliche Formen der Ganztagsbetreuung. Da ist zunächst das „aktuelle Modell der Halbtagsschule“, also einer Unterrichtsschule, anschließend freiwillig ergänzt durch eine von der Gemeinde bereitzustellende „verlässliche Grundschule“ und einen „Schülertreff“. Als zweites wird die „Ganztagsschule in verbindlicher Form“ mit ihren Vorzügen beschrieben. Nicht vorgestellt wird hier die theoretisch auch mögliche „Ganztagsschule in Wahlform“. Sie stellt es den Kindern frei, ob sie an den ganztägigen Angeboten teilnehmen wollen oder nicht.
Diese Wahlform dürfte aber wegen der überschaubaren Größe der hiesigen Grundschule ausgeschlossen sein. Ein dem SÜDKURIER vorliegender Konzept-Vorentwurf der Grundschule plädiert deshalb klar für die Einführung einer gebundenen Ganztagsschule und entwickelt präzise Ideen für den „rhythmisierten Ganztag“. Laut Zeitplan will der Gemeinderat im April das weitere Vorgehen beschließen.
So sieht die rechtliche Grundlage aus
Die Ganztagsgrundschule gemäß Schulgesetz BaWü Paragraf 4a:
- ist zwingend einzurichten. Die Einführung beginnt zum Schuljahr 2026/27 und kann aufwachsend ab Klasse 1 erfolgen. Der Anspruch auf ganztägige Förderung ist einklagbar.
- umfasst 40 Wochenstunden an fünf Wochentagen, die in unterschiedlichen Mischformen aus Unterricht und Trägerangeboten flexibel organisiert werden können.
- bezieht die Schulferien mit ein. Nur für maximal vier Ferienwochen im Jahr dürfen die Einrichtungen geschlossen bleiben.
- verbindet in einer rhythmisierten Tagesstruktur Unterricht, Übungsphasen und Förderzeiten, Aktivpausen und Kreativzeiten zu einer pädagogischen und organisatorischen Einheit. Dabei soll sie mit außerschulischen Partnern zusammenarbeiten.
- wird auf Antrag des Schulträgers, in der Regel der Kommune, auf der Basis eines pädagogischen Konzepts und nach Anhörung der Schulkonferenz durch die obere Schulaufsichtsbehörde beschlossen.
- kann in verbindlicher Form – alle Schüler nehmen schulpflichtig teil – oder in Wahlform – Teilnahme steht den Schülern wahlweise frei – eingerichtet werden.
- wird durch das Bundesland finanziert und ist für die Eltern kostenfrei. Eine durch die Kommune zu bestreitende Ausnahme bildet das Mittagessen und dessen personelle Beaufsichtigung. Der Schulträger kann hierfür von den Eltern ein Entgelt erheben. Die Kosten für jede darüberhinausgehende Betreuung im Ganztag obliegen wiederum dem Land.