Herr Henne, wie haben Sie das vergangene Jahr 2019 erlebt?

Es war ein unheimlich intensives Jahr, nicht nur wegen der 925-Jahr-Feier der Gemeinde, sondern auch wegen vieler anderer Vereinsjubiläen. Gefühlt gab es an jedem Wochenende ein anderes Fest, das war natürlich schon ganz besonders und hat viel Freude bereitet. Aber auch kommunalpolitisch haben wir in Immenstaad viel bewegt, so haben wir viele wichtige Bauprojekte auf den Weg gebracht, wie etwa den Neubau der Kita Seegaddel oder des Bauhofs und auch mit dem Umbau des Rathauses konnten wir beginnen. Zudem war vor allem die Kommunalwahl im Mai ein besonderer Höhepunkt. Alles in allem also ein spannendes, erfolgreiches und intensives Jahr 2019 – und somit wieder ein weiteres Jahr, in dem ich gemerkt habe, wie aktiv und lebendig die Gemeinde ist und wie viel Spaß es macht, gemeinsam mit den Menschen vor Ort etwas auf die Beine zu stellen.

Bürgermeister Johannes Henne als Schirmherr der Veranstaltungen zu 170 Jahren Fasnet mit seiner Frau Emma.
Bürgermeister Johannes Henne als Schirmherr der Veranstaltungen zu 170 Jahren Fasnet mit seiner Frau Emma. | Bild: Andrea Fritz

Bei der Kommunalwahl wurde der Gemeinderat neu gewählt. Es entstanden neue Mehrheiten und es wurden neue Gemeinderäte gewählt. Wie haben Sie die erste Zeit in der neuen Konstellation erlebt?

Zu Beginn war die Stimmung in der neuen Konstellation noch etwas spannungsgeladen. Sieben erfahrene Gemeinderäte schieden aus, neue Gesichter kamen hinzu. Ich hatte den Eindruck, dass am Anfang der neuen Legislaturperiode noch etwas Wahlkampfstimmung herrschte und der Blick für die gemeinsamen Herausforderungen und Aufgaben unserer Gemeinde vielleicht an der ein oder anderen Stelle noch etwas fehlte. Das hat sich mittlerweile gut eingespielt und wir haben jetzt ein sehr konstruktives Miteinander gefunden. Im November trafen wir uns zu einer Klausurtagung, die sehr produktiv und angenehm verlief und bei der es Gelegenheit zu vielen Gesprächen gab, die im normalen Sitzungsalltag gar nicht möglich sind. Natürlich gibt es immer wieder auch schwierige Themen, die kontrovers diskutiert werden und das ist auch gut so. Am Ende gelingt es uns aber immer, einen gemeinsamen Weg zu finden – auch weil wir alle wissen, dass das Wohl unserer Gemeinde an erster Stelle steht und eben nicht etwa irgendwelche parteipolitischen Themen.

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Schauen wir nach vorne: Viele Baumaßnahmen sind gestartet. Nun stehen andere große wichtige Projekte an. Welche sind das?

In diesem Jahr wird es vorrangig um den Neu- bzw. Umbau der Grundschule gehen. Präsent ist das Thema ja schon seit vielen Jahren, deshalb soll jetzt endlich etwas passieren, da sind wir uns alle einig. Sobald die neue Kita Seegaddel fertiggestellt ist, wird die alte Grundschule wieder frei. Bis dann müssen wir geklärt haben, ob wir die alte Schule sanieren wollen, ob es dort überhaupt noch genügend Platz gibt und ob das Gebäude noch den heutigen energetischen oder pädagogischen Anforderungen entspricht. Zudem müssen wir uns auch anschauen, wie sich die Kinderzahlen entwickeln.

Die Stephan-Brodmann-Schule Immenstaad.
Die Stephan-Brodmann-Schule Immenstaad. | Bild: Lippisch, Mona

All das soll in diesem Jahr genau unter die Lupe genommen werden. Außerdem werden wir auch Alternativen zum bisherigen Standort prüfen. Vieles spricht dafür, dass das bestehende Areal inklusive der Linzgauhalle auch anderweitig genutzt werden könnte, etwa zur Gewinnung wichtigen Wohnraums. Die Frage ist, ob es einen anderen Platz gibt, auf dem wir Grundschule und Sporthalle gemeinsam ansiedeln können. Diese Hausaufgaben müssen wir jetzt machen, damit wir noch in diesem Jahr wissen, welcher Standort es endgültig werden soll. Bei dieser Standortüberlegung sollen dann natürlich auch die Bürger wieder mitreden können, denn ich halte Bürgerbeteiligung bei einem solchen Vorhaben für enorm wichtig.

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Welche Standorte schweben Ihnen vor?

Es gibt ein paar mögliche Plätze, die ich im Hinterkopf habe. Aber da müssen wir nun erst einmal einige Vorraussetzungen klären, wie beispielsweise Eigentumsverhältnisse und Möglichkeiten der Bauleitplanung. Wir haben also intern noch einige offene Fragen zu klären, bevor die Diskussion losgehen kann.

Wird eine neue Sporthalle mitgeplant?

Ja, im städtebaulichen Konzept muss diese gleich berücksichtigt werden, denn für mich gehören Grundschule und Sporthalle zusammen. Wir hoffen, dass wir dann auch zügig mit dem Bau der Sporthalle beginnen können, sobald die Grundschule steht. Natürlich hängt das aber letztendlich davon ab, wie wir diese Projekte finanziell stemmen können.

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Ab 2023 muss Immenstaad Kredite aufnehmen, um alle laufenden Projekte finanzieren zu können. Wie geht es Ihnen damit?

Kredite sind eigentlich immer nur das letzte Mittel, zu dem wir als Gemeinde greifen dürfen. In der Gesamtbetrachtung zeigt sich aber deutlich, dass die Infrastruktur in Immenstaad verbessert werden muss. Öffentliche Einrichtungen wie unsere Grundschule oder die Linzgauhalle sind einfach irgendwann einmal marode und dann muss ein Neubau her. Deswegen können und dürfen wir diese Projekte nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag hinausschieben. Das heißt, dass wir uns zügig an die Planung machen müssen, damit wir nicht Gefahr laufen, irgendwann ohne Alternative dazustehen. Zur Not müssen wir dann eben auch Kredite aufnehmen. Ich bin der Meinung, dass wir diese aber auch in Kauf nehmen müssen, um die wichtigen Investitionen in unsere Zukunft tätigen zu können. Danach haben wir dann erst einmal wieder für mehrere Jahrzehnte Ruhe und können uns darauf konzentrieren, den Schuldenstand wieder abzubauen. Mir ist natürlich klar, dass Kredite immer nur der letzte Notnagel sind und wir auch schauen müssen, in welchen Bereichen unseres laufenden Geschäfts noch Sparpotenziale schlummern. Wir werden definitiv sparsamer haushalten müssen, um auch Geld für Investitionen zurücklegen zu können.

Bürgermeister Johannes Henne beim Neujahrsempfang 2019.
Bürgermeister Johannes Henne beim Neujahrsempfang 2019. | Bild: Gisela Keller

Wo könnte man denn einsparen?

Das ist natürlich eine schwierige Frage. Allein unsere Personalausgaben steigen ständig, wir sind bei diesem Posten allein schon bald bei sieben Millionen Euro angekommen. Weil der Bereich der Kinderbetreuung stetig wächst, brauchen wir auch mehr Personal. Trotzdem müssen wir intern schauen, an welchen Stellen wir sparen können. Es wäre vielleicht sogar sinnvoll, wieder eine Sparkommission einzuberufen, die sich jede einzelne Position im Haushalt genau anschaut. Da gehört alles auf den Prüfstand: Von der Pflege der Grünanlagen über die Abläufe der Verwaltung bis hin zu den Zuwendungen und Zuschüssen, die wir gewähren.

Wie sieht beim Dauerthema fehlender Wohnraum aus?

Auch das ist ein schwieriges Thema, weil uns die Flächen für Neubaugebiete schlicht fehlen. Wir sind umgeben von regionalen Grünzügen und haben eine intensive Nutzung unserer Flächen, was die Sache nicht einfacher macht. Gleichzeitig brauchen wir mehr Wohnraum, gerade für Familien, die von hier kommen und hier bleiben möchten. Wir wollen nun zunächst jegliches Nachverdichtungspotential nutzen. So gibt es etwa die Möglichkeit, große Grundstücke zu teilen. Im Zusammenhang mit dem Linzgauareal sehe ich ebenfalls große Chancen. Aber auch das Nachverdichtungspotenzial ist in Immenstaad endlich. Insofern müssen wir schauen, wo wir auch mal wieder neue Baugebiete erschließen können. Zunächst müssen wir nun allerdings noch abwarten, wie der Trassenverlauf der B 31 final aussehen wird, denn davon hängen die Möglichkeiten zur Schaffung neuer Baugebiete maßgeblich ab.

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In Sachen B 31 scheinen die Würfel gefallen zu sein. Ist die Vorzugsvariante B 1 nun gut oder schlecht für Immenstaad?

So gesehen ist das die zweitbeste Lösung für die Gemeinde Immenstaad, das hatte ich an anderer Stelle bereits gesagt und das kann ich nochmals ausdrücklich wiederholen. Wir haben uns bisher immer für die Variante C 1 ausgesprochen, in der wir viele Vorzüge für die gesamte Region gesehen haben. Offenbar gibt es nun aber umwelt- und naturschutzrechtliche, technische und/oder verkehrliche Punkte, die besonders berücksichtigt werden müssen und die in die Entscheidung des Regierungspräsidiums eingeflossen sind. Wie die B 1-Entscheidung genau begründet wird, wissen auch wir Bürgermeister noch nicht. Was ich aber sehe ist, dass es auf jeden Fall bei der Variante B 1 noch Optimierungsbedarf gibt, vor allem im Hinblick auf Lärmschutz für die Siedlung und für Kippenhausen. Wir werden uns intensiv dafür einsetzen, dass es einen Tunnel gibt oder die Trassenführung nochmals nach Norden verändert wird. Auch im Hinblick auf die Landwirtschaft wollen wir uns dafür einsetzen, dass die Trasse letzen Endes so geplant wird, dass sie nicht mitten durch die landwirtschaftlichen Flächen geht.

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Viele sind nicht zufrieden, die Siedlung nicht, die Naturschützer nicht. Wie bekommen Sie all diese Meinungen unter einen Hut?

Wir sind mit den Initiativen hier in Immenstaad im Kontakt. Ich bin davon überzeugt, dass wir letzten Endes auf einen gemeinsamen Nenner kommen und mit geschlossener Stimme sprechen werden, vorausgesetzt es gibt tatsächlich noch Optimierungs-Möglichkeiten.

Immenstaader aus der Siedlung lehnen die B1-Trasse für die B 31-neu zwischen Meersburg und Immenstaad ab.
Immenstaader aus der Siedlung lehnen die B1-Trasse für die B 31-neu zwischen Meersburg und Immenstaad ab. | Bild: Wieland, Fabiane

Wichtig wird außerdem auch sein, dass die Gemeinden in der Region mit einer Stimme sprechen, damit meine ich Immenstaad, Markdorf, Hagnau, Stetten, Meersburg und Daisendorf gemeinsam. Wir müssen dann alle zu einer Trasse stehen und uns dann gemeinsam dafür einsetzen, dass für jede Gemeinde das Beste herauskommt. Im Moment können wir nur abwarten, wie die Planer im Rahmen der angekündigten Infoveranstaltung im März ihre Entscheidung begründen. Erst danach können wir weiter sondieren, wie wir uns genau positionieren. Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass wir da größtmögliche Übereinstimmung herstellen können.

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Was halten Sie von der Informationspolitik des Regierungspräsidiums?

Das Planungsteam des Regierungspräsidiums ist professionell und erfahren. Die Informationsveranstaltungen waren immer sehr transparent. Auch im März werden die Planer uns genau vorstellen, wie die B 1-Trassenentscheidung zustande gekommen ist. Grundsätzlich begrüße ich, dass bei dieser Straßenplanung die Bürger, Gemeinden und Bürgermeister so intensiv einbezogen wurden, das ist sicher keine Selbstverständlichkeit. Deswegen bin ich mit der Informationspolitik, abgesehen von einigen kleinen terminlichen Schwierigkeiten, zufrieden und hoffe, dass das auch so weitergeht. Das Dialogverfahren war sehr wichtig und erhöht die Akzeptanz und Transparenz der Entscheidungen bei allen Betroffenen.

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Können Sie denn überhaupt noch etwas tun, um den Trassenverlauf noch zu verändern?

Wenn alle Gemeinden mit gemeinsamer Stimme sprechen, dann bin davon überzeugt, dass wir noch Optimierungen hinbekommen werden.

Ihnen ist es wichtig, ein Bürgermeister auf Augenhöhe zu sein. Wie klappt das?

Es ist nicht mein Fall, als Bürgermeister von oben herab zu regieren. Im Gegenteil, ich sehe mich als Bürgermeister auf Augenhöhe mit allen Bürgerinnen und Bürgern. Transparenz, Kommunikation und Dialog sind für mich sehr wichtige Themen, auch wenn dadurch natürlich nicht immer jeder zufrieden gestellt werden kann.

Johannes Henne mischt auch bei der Fasnet mit, wie hier bei der Prinzenhochzeit 2019.
Johannes Henne mischt auch bei der Fasnet mit, wie hier bei der Prinzenhochzeit 2019. | Bild: Gisela Keller

Aber ich finde es gut, wenn wir als Verwaltung die Menschen an den Entscheidungsprozessen teilhaben lassen, auch wenn das einen gewissen Kulturwandel darstellt. Bürgerbeteiligung ist deswegen so wichtig, weil die Menschen dann wissen, wohin die Reise geht. Wenn ich mit meiner Familie in Immenstaad unterwegs bin, bei Festen oder anderen Anlässen, werde ich immer wieder angesprochen, was mich freut. Für mich ist diese Augenhöhe wichtig. Meine Rolle als Bürgermeister definiere ich so: „Der Erste unter Gleichen“. Mein Motto ist ganz einfach: „Mit de Leut, bei de Leut, für die Leut“.

Bürgermeister Johannes Henne ermunterte die Bürger im Mai 2019, sich auch weiterhin am Projekt „Mitte gestalten“ zu beteiligen.
Bürgermeister Johannes Henne ermunterte die Bürger im Mai 2019, sich auch weiterhin am Projekt „Mitte gestalten“ zu beteiligen. | Bild: Andrea Fritz

Was war ihr schönstes Erlebnis im letzten Jahr?

Das war das wunderbare Jubiläumswochenende. Es war unglaublich, wie einfach alle mitgewirkt haben: Die Vereine, die Gewerbetreibenden, die Schüler und die vielen Helferinnen und Helfer. Erstmals gab es auch den Foodtruckmarkt und das Open-Air-Kino, das waren beides tolle Elemente. Insgesamt war das ein großartiges Wochenende mit großartigem Wetter und großartiger Stimmung. Die ganze Gemeinde hat zusammen gefeiert. Das ist doch das, was wirklich zählt: Das Miteinander.

Assistiert von Gemeinderat Andreas Graf stach Bürgermeister Johannes Henne auf der Bühne für Gemeinderäte und Ehrengäste beim ...
Assistiert von Gemeinderat Andreas Graf stach Bürgermeister Johannes Henne auf der Bühne für Gemeinderäte und Ehrengäste beim Jubiläumswochenende 2019 das Fass an. | Bild: Gisela Keller

Wie geht es ihrer Familie?

Uns geht es sehr, sehr gut! Wir sind in den letzten beiden Jahren gut angekommen in der Gemeinde und fühlen uns mehr als wohl. Unser Sohn geht mittlerweile in den Familientreff und so verstehen wir uns auch als ganz normale Familie. Auch bei der bevorstehenden Fasnet sind wir wieder dabei, wann immer es geht. Und dann wird es dieses Jahr noch ein ganz besonderes Ereignis für uns geben, denn wir wollen nach unserer standesamtlichen Trauung vor zwei Jahren nun auch noch kirchlich heiraten, darauf wir freuen uns schon sehr.

Emma und Johannes Henne mit ihrem Söhnchen Maximilian im November 2018.
Emma und Johannes Henne mit ihrem Söhnchen Maximilian im November 2018. | Bild: Gisela Keller