Pia Schütz aus Immenstaad kann es kaum glauben, dass Kultusministerin Susanne Eisenmann plant, die Grundschulen Ende Juni wieder vollständig zu öffnen: „Natürlich bin ich froh, wenn unsere Viertklässlerin wenigstens dann noch drei Wochen lang jeden Vormittag Präsenzunterricht hat, aber im Herbst geht das dann vielleicht von vorne los. Die letzten Monate Homeschooling waren eine große Zumutung für uns alle.“
Dass Eltern in den vergangenen drei Monaten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gekommen sind, weiß auch Burkhard Zapkau, Schulleiter der Stephan-Brodmann-Schule (SBS), die auch die Tochter von Pia Schütz besucht.
„Wir schwimmen auf einer Welle von Unsicherheiten“
„Seit Beginn dieser Pandemie schwimmen wir als Schule auf einer Welle von Unsicherheiten, warten auf Entscheidungen, die dann nur häppchenweise und teilweise schwammig formuliert kommen“, sagt er.
Nahezu täglich riefen Eltern an, die Regelungen und Lockerungen nicht mehr verstehen würden und nicht mehr weiter wüssten. „Ich fühle mich mittlerweile nur noch wie ein Bollwerk.“
Schulen öffnen wieder
Seit Wochen arbeitet der Rektor an Hygieneregeln, besorgt Desinfektionsmittel, teilt Klassen ein. Ein Personalproblem hat Zapkau glücklicherweise nicht, denn seine 13 Lehrkräfte gehören nicht zur Risikogruppe.
Problematischer seien die fehlenden Räume, denn die SBS nutzt gerade übergangsweise das alte Hauptschulgebäude und für mehr Unterricht würden dort Räume fehlen. „Unsere Schüler haben daher wie gefordert im rollierenden System alle zwei Wochen zwei bis drei Vormittage Präsenzunterricht in Kleingruppen“, erklärt Zapkau.
Notbetreuung für 14 von 180 Schülern
Laut Kultusministerium sollten die Kinder rund fünf Wochenstunden Präsenzunterricht nach den Pfingstferien bekommen. Zapkau und sein Team entschieden, nun noch einen zusätzlichen Vormittag Unterricht anzubieten – für alle, „die in Not kommen“. Zusätzlich gibt es das Notbetreuungs-Angebot, das aber mit 14 von 180 Schülern an der SBS derzeit nur wenig genutzt wird.
„Wir könnten von einem auf den anderen Tag öffnen“
Sollte das Kultusministerium in den kommenden Tagen eine Komplettöffnung verordnen, wäre das laut Zapkau für die SBS kein Problem: „Wir könnten von einem auf den anderen Tag öffnen – vorausgesetzt die Kinder müssten das Kontaktverbot nicht mehr einhalten.“

Für Pia Schütz und andere Eltern wäre das eine große Erleichterung. „Bei uns gab es keinen Digital- oder Fernunterricht, nur Arbeitsblätter“, sagt die zweifache Mutter enttäuscht. Arbeitsaufträge seien per Mail gekommen, direkten Kontakt zum Lehrer habe es wenig gegeben.
„Ich habe hier niemanden besonders aufgeschlossen in Sachen Digitalunterricht erlebt“, sagt Schütz. Sie hätte sich anderes Engagement gewünscht, Videokonferenzen, Online-Unterricht. „Das dürfen wir doch gar nicht“, erklärt Rektor Zapkau, „denn damit können wir gar nicht alle Kinder erreichen und Chancengleichheit wäre nicht gegeben. Denn nicht alle Familien haben Endgeräte zuhause.“ Pia Schütz hält entgegen: Es habe nie eine offizielle Abfrage der Schule nach Geräten in den Familien gegeben.
„Es gibt keinen geregelten Rahmen für Online-Unterricht“
Laut Zapkau gibt es für 13 Lehrer einen Dienst-Laptop und zwei Computer, zudem fehlten auch hier klare Vorgaben aus dem Kultusministerium: „Es gibt überhaupt keinen geregelten Rahmen für Online-Unterricht. Das alles beruht aktuell auf Freiwilligkeit der Lehrkräfte und wir haben uns große Mühe gegeben.“
Schule und Gemeinde arbeiten an Medienkonzept
Derzeit arbeitet er gemeinsam mit dem Schulträger, also der Gemeinde Immenstaad, an einem Medienkonzept, das notwendig ist, um die angekündigten Mittel des Landes abzurufen und Geräte, beispielsweise Tablets, anzuschaffen.
Denn auch Zapkau weiß: „Der Herbst kommt und damit vielleicht auch die befürchtete zweite Welle.“ Hoffnung darauf, sich bis dahin besser digital wappnen zu können, hat er jedoch kaum: „Die Mühlen mahlen eher langsam im Schulbetrieb.“