
Die 1970er Jahre sind für Ittendorf mit grundlegenden Veränderungen verbunden gewesen. Auf die Eingliederung der einst eigenständigen Gemeinde Ittendorfs zum 1. April 1972 in die Stadt Markdorf folgte dann gegen Ende der 70er der Abbruch des alten Rathauses mit Neubau eines Bürgerhauses auf derselben Stelle. Anfang 1979 ist der Neubau mit einem großes Fest gefeiert und eingeweiht worden.

„Ich kann mich gut an das Fest erinnern. Das war am 27. Januar 1979. Es hat nur noch geschneit ... Die Feuerwehr und Mitarbeiter des Bauhofs mussten Wege und Parkplätze freischaufeln“, erzählt Marlies Matt, bis 2015 Hausmeisterin des Bürgerhauses und in dieser Funktion Mädchen für alles.
Ittendorfer froh und stolz
„Die Ittendorfer waren froh und auch stolz, dass das Bürgerhaus gebaut wurde. Andererseits war‘s auch so, dass Ittendorf für die Eingemeindung viel mitgebracht hat. Zum Beispiel Flächen und Wald. Das Ittendorfer Gebiet als das Markdorfer“, erzählt Matt. „Alle Vereine haben sich an der Feier beteiligt. Die Musikkapelle spielte, Mitglieder des Sportvereins arbeiteten mit, beispielsweise in der Küche und bei der Bewirtung. Es gab Linsen mit Würstchen und Spätzle“, so Matt.
Choreografie zum Stück „Rosentanz“
Der Damengymnastikclub, dem Matt angehörte, führte eine Choreografie zum Stück „Rosentanz“ auf, das die Musikkapelle spielte. „Da haben viele Beteiligte noch gute Erinnerungen daran... Inge Rössler nahm Maße für die Röcke und schnitt die Stoffe zu – nähen musste dann jede selber“, weiß Matt. Für das Programm sei im alten Schulhaus Wochen vorher geübt worden. „Damals war Priska Widemann Vorsitzende des Damengymnastikclubs, Ellen Kast war Chefin der Choreografie.“

Ja, beim Fest sei viel richtig viel los gewesen. „Damals gab es in der kleinen Küche noch keine Spülmaschine, das Geschirr stapelte sich recht hoch...“, so Matt. Erst 1989 sei ein kleiner Anbau verwirklicht worden, damit die Küche erweitert werden konnte. „Ab da gab‘s zwei Spülmaschinen – je eine für Geschirr und Gläser“, erklärt Matt.

Das Bürgerhaus sei rege genutzt worden. Nicht nur von den örtlichen Vereinen, sondern auch für Anlässe wie Hochzeiten oder runde Geburtstage. „Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass man in der Halle gut Feste feiern kann, damit hatte man beim Bau des Bürgerhauses so nicht gerechnet. Es gab kaum ein Wochenende ohne Veranstaltung“, erinnert sich Matt. Natürlich seien die Ittendorfer Vereine froh gewesen, dass sie im Bürgerhaus Räume für Treffen und Proben hatten.

Karl Ainser hat damals Tenorhorn in der Musikkapelle gespielt. „Als das Rathaus abgerissen wurde, brauchten wir ein anderes Probelokal, wir zogen ins ehemalige Schulhaus um, das steht noch an der Kippenhauser Straße“, berichtet er. Mehr als zwei Drittel der Aktiven seien Jugendliche gewesen. „Den Adler-Saal gab‘s schon nicht mehr, weil der zu Fremdenzimmern umgebaut wurde. Also spielte sich das Dorfleben in jener Zeit weitgehend im alten Schulhaus ab, ehe das Bürgerhaus stand.“
Markdorfer Winfried Löhle war Dirigent
„Winfried Löhle aus Markdorf war unser Dirigent und hoch motiviert. Wir waren auf einem guten musikalischen Stand, das darf man schon sagen. Wir spielten ‚78/‘79 gute Mittelstufe bis Oberstufe und probten schon ein Vierteljahr vor dem großen Festtag zweimal pro Woche“, so Ainser.

„Der Bau des Bürgerhauses war trotz Zuschüssen schon ein Kraftakt für die Stadt Markdorf. Das war mit ein Grund dafür, dass das alte Schulhaus verkauft wurde. Damit hatten wir als Musikverein natürlich wieder keinen Probenraum...“, schmunzelt Ainser im Nachhinein. Der damalige Musikvereinsvorsitzende Herbert Pfleghaar sei „sehr rührig und engagiert“ gewesen. „Er setzte sich stark dafür ein, dass wir einen Raum im Bürgerhaus bekamen – immerhin 50 Quadratmeter im Untergeschoss. Den Raum haben wir dann in Eigenleistung und mit eigenen finanziellen Mitteln eingerichtet...“
Und nach Karl Ainsers Erinnerung sind der Musikverein sowie die Guggenbichler seit ein paar Jahren direkt neben dem Bürgerhaus in jenem Gebäude, in dem der Gastronomiebetrieb „Il Paese“ untergebracht ist.
Baukosten bei rund 1,1 Millionen D-Mark
Die Baukosten für das Bürgerhaus haben laut Ittendorfer Chronik 1,1 Millionen D-Mark betragen. Durch Verkauf der alten Schule sowie eines Wohnhauses steuerte Ittendorf 350 000 D-Mark bei. Das Land gab 147 000 D-Mark an Zuschüssen für die Unterbringung der Feuerwehr und für die Außenanlagen. Das Geld für die Gestaltung der Außenanlagen gab es aus dem Dorfentwicklungsprogramm und unter der Bedingung, dass dieses Programm auch auf private Bereiche des Dorfes ausgedehnt werde.
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