Vor 50 Jahren grenzte in Markdorf „Im Winkel“ an das „Schwaderloch“: Der „Winkel“ war eine zusammengewürfelte Ansammlung von Häusern zwischen der Hauptstraße und der heutigen B 33, das „Schwaderloch“ reichte südlich der B 33 bis zum Hof Zurell. Der Name „Schwaderloch“ ist dabei ein wenig irreführend, denn eigentlich hieß es statt Loch Loh und eine Lohe war die Gerbrinde, die zum Gerben von Tierhäuten verwendet wurde.

Die Poststraße mit Parkhaus heute.
Die Poststraße mit Parkhaus heute. | Bild: Grupp, Helmar

Folglich gab es im „Schwaderloch“ viele Gerbereien, deren Lohe in Gruben eingelagert war und die ihr Wasser zum Wässern und Reinigen der Häute aus dem angrenzenden, damals noch offenen Ochsenbach entnahmen. Dieses Handwerker-Dorfidyll bestand noch bis weit in die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Heute ist das „Schwaderloch“ das Wohngebiet südlich der Bundesstraße und der „Winkel“ ist der Ochsenplatz.

Ernst Arnegger (74), Zeitzeuge und CDU-Stadtrat in Markdorf in den 70ern: „Stück für Stück ist an der Hauptstraße tabula rasa ...
Ernst Arnegger (74), Zeitzeuge und CDU-Stadtrat in Markdorf in den 70ern: „Stück für Stück ist an der Hauptstraße tabula rasa gemacht worden.“ | Bild: Jörg Büsche

„Stück für Stück tabula rasa“

„Das war eine Lücke, die eine Bebauung geradezu herausgefordert hat“, erinnert sich Ernst Arnegger (74) an die beginnenden 70er-Jahre. Arnegger, später Landtagsabgeordneter, war damals CDU-Stadtrat in Markdorf: „Stück für Stück ist an der Hauptstraße tabula rasa gemacht worden, das waren natürlich damals teils auch schwierige Verhandlungen mit den Grundstücks- und Hauseigentümern.“ Häuser wurden abgerissen, Grundstücke versiegelt und gepflastert. Wo heute das Parkhaus Post steht, war damals der landwirtschaftliche Betrieb der Familie Maier, der für den Bau des Parkhauses nach Riedern ausgesiedelt wurde, wo er heute noch ansässig ist.

Die Hauptstraße bildet die nördliche Grenze des Ochsenquartiers, das in Blickrichtung hinter den Häusern links liegt. Der Platz vor dem ...
Die Hauptstraße bildet die nördliche Grenze des Ochsenquartiers, das in Blickrichtung hinter den Häusern links liegt. Der Platz vor dem Gasthaus Krone war in den 70ern noch ein Parkplatz. | Bild: Archiv Angela Foltete / Helmar Grupp
1998 wurde der Latscheplatz mit dem Brunnen und den beiden Latsche-Jungs bei der Künstlerin Esther Seidel in Auftrag gegeben.
1998 wurde der Latscheplatz mit dem Brunnen und den beiden Latsche-Jungs bei der Künstlerin Esther Seidel in Auftrag gegeben. | Bild: Grupp, Helmar

Sammelsurium von Hinterhofecken

Aus dem Sammelsurium von Hinterhofecken, Häusern und Schuppen wurde in der zweiten Hälfte der 70er der heutige Ochsenplatz, eingeweiht zum fünften Markdorfer Stadtfest 1981. Heute ist der Ochsenplatz mit seiner klotzigen Architektur, dem Beton und dem kahlen Innenhof ganz unverkennbar ein Kind der 70er-Jahre – und schon wieder altmodisch. Damals, im Trend der Beton-Sachlichkeit, galt er als ein hochmodernes Beispiel geglückter Innenstadtentwicklung im Bodenseekreis.

Zwei übereinander gelegte Fotos als Panorama-Aufnahme. Es ist ungefähr der Blick von der SÜDKURIER-Geschäftsstelle auf die südliche ...
Zwei übereinander gelegte Fotos als Panorama-Aufnahme. Es ist ungefähr der Blick von der SÜDKURIER-Geschäftsstelle auf die südliche Seite der Hauptstraße. Heute sind zwischen dem Gebäude des Ex-Gasthof Ochsen und der Post die rückwärtigen Fassaden der Ochsenplatz-Bebauung. | Bild: Archiv Angela Foltete

16 Millionen D-Mark wurden investiert

16 Millionen D-Mark wurden in den Umbau der „Ochsenlücke“ investiert, eine damals immense Summe. Dem Ziel einer „lebens- und liebenswerten Stadt“ sei man mit dem neuen Wohn- und Geschäftszentrum Ochsenplatz „ein großes Stück“ nähergekommen, schrieb der damalige Bürgermeister Eugen Baur in der 1981 erschienenen Festschrift der Stadt. Und der seinerzeitige Landrat Bernd Wiedmann, später Oberbürgermeister in Friedrichshafen, schrieb gar: „Markdorf hat durch diese Maßnahmen ein lebenswertes, menschliches Stadtzentrum geschaffen.“ Es sei „festzustellen, daß Bau und Gestaltung des „Ochsenplatzes„ Vorbildcharakter für andere Stadterneuerungen haben kann“.

Blick aus einem Hinterhof der Ochsenlücke auf die Hauptstraße hinaus.
Blick aus einem Hinterhof der Ochsenlücke auf die Hauptstraße hinaus. | Bild: Archiv Angela Foltete