Mit Appellen an eine respektvolle politische Diskussionskultur und den demokratischen Gemeinsinn hatte Bürgermeister Georg Riedmann gleich mehrfach seine Rede zum Neujahrsempfang der Stadt versehen. Ganz offenbar war es auch ihm ein Dorn im Auge, dass das soziale Klima in Markdorf im vergangenen Jahr zusehends in Schieflage zu geraten drohte: Erbitterte und teils auch diffamierende Äußerungen hatten die öffentliche politische Diskussion in der Stadt verschärft, gefühlt seit dem knappen Bürgerentscheid über das Bischofsschloss im Dezember 2018, der die Stadt gespalten hatte.
Neben dem Komplex Bischofsschloss/Rathaus waren vor allem die Verkehrsthemen wie Südumfahrung und B31-neu, aber auch die Debatte um die Grundschule in den vergangenen Monaten Anlass für eine erkennbar ruppiger werdende Kultur der politischen Auseinandersetzung in Markdorf. Das sollte sich 2020 ändern, war die Botschaft zwischen den Zeilen in Riedmanns Ansprache.
500 Besucher sorgen am Samstag für eine volle Stadthalle
Die vernahmen auch in diesem Jahr wieder rund 500 Bürger und geladene Gäste, die am Samstagvormittag in die Stadthalle gekommen waren. Und sie erlebten einen gut gelaunten, aber durchaus auch angriffslustigen Bürgermeister, der sich gleich eingangs vehement gegen öffentlich geäußerte Kritik verwahrte, die Stadt leide an einem nicht angegangenen Sanierungsstau. „Im vergangenen Jahr haben wir so viel in unsere Infrastruktur investiert wie seit langem nicht. Und das wird im Jahr 2020 so weiter gehen“, betonte Riedmann.
Riedmann: Investitionsrate in Markdorf deutlich höher als früher
Mit ihrer Projektliste bewege sich die Verwaltung „sehr hart am Rande des finanziell machbaren“ und mit den aktuellen Investitionen gehe man „deutlich in den Bereich der freiwilligen Leistungen hinein“. Als Beispiele nannte er die neue Skateranlage und den neuen Kunstrasenplatz. Zuvor hatte er bereits die zahlreichen Erweiterungen und Neu- und Umbauten bei den städtischen Kindergärten angeführt. „Ich kann weiß Gott nicht erkennen, dass wir in den vergangenen Jahren entscheidungsschwach gewesen wären. Im Gegenteil: unsere Investitionsrate liegt deutlich über dem Schnitt früherer Jahre“, sagte Riedmann.

Zu große Erwartungshaltung in der Bürgerschaft
Problematisch sei für ihn hingegen eine zu große Erwartungshaltung in der Bürgerschaft. „Wir dürfen und können nicht das Rundum-Sorglos-Paket bieten“, mahnte er. Freiheit bedeute auch Eigenverantwortung. „Alles scheint möglich und deshalb wird alles erwartet. So können wir nicht weiter machen“, fand Riedmann klare Worte. Die Stadt habe „einige ungelöste und große Aufgaben“ vor sich und deren Bewältigung gelinge nur gemeinsam. Von der Bürgerschaft wünsche er sich auch im neuen Jahr kritische, aber auch konstruktive Begleitung der Arbeit von Verwaltung und Gemeinderat.
Fürs Schloss erst einmal nur eine vorläufige Nutzung
Das Bischofsschloss könne nicht als weitere große städtische Investitionsaufgabe angegangen werden, kehrte er zum Bürgerentscheid zurück. Der finanzielle Spielraum sei begrenzt, gleich ob man ein Museum, eine Bibliothek, ein Bürgerzentrum oder Seniorenwohnen ins Auge fasse. Zeitnah werde es alleine um vorläufige öffentliche Nutzungen gehen, mit denen die Zuschüsse gesichert werden sollen, die die Stadt für den Kauf des Schlosses erhalten hat.

Für eine dauerhafte Lösung müsste die Altstadt vom Schloss profitieren, die bisherigen öffentlichen Nutzungen wie Weihnachtsmarkt oder Schlosskonzerte weiterhin möglich sein und es müsste eine Gastronomie für Schloss und Schlosshof realisiert werden. Diese Ziele seien, das Beispiel Bahnhof zeige es, eventuell schneller mit einem privaten Investor zu erreichen als als rein städtisches Vorhaben, sagte Riedmann.
Verkehr: Weitere Verbesserungen für Fahrradfahrer
Im Verkehrsbereich werde es 2020 eine Reihe von Neuerungen und Verbesserungen geben, kündigte er an. In den kommenden Monaten werde die Verwaltung dem Gemeinderat die strategische Ausbauplanung für das Radverkehrskonzept präsentieren.
Auf die Forderung des ADFC nach einer Ausweisung der Gemeindeverbindungsstraßen zwischen Kluftern und Markdorf als Radfahrstraßen werde man, nach „interkommunaler“ Absprache mit Friedrichshafen, eine erste „Versuchsstrecke“ zur Entscheidung vorlegen. Komme die Umwidmung zu Fahrradstraßen, würde dies dort Tempo 30 für den motorisierten und landwirtschaftlichen Verkehr bedeuten.
Hinsichtlich der Südumfahrung bleibe er bei seiner skeptischen Haltung, ebenso aber auch bei seiner Forderung an den Kreistag nach einer weiteren formalen Beteiligung der Stadt vor einem endgültigen Baubeschluss. Ob seiner Forderung auch stattgegeben werde, scheine ihm aber „nach aktueller Einschätzung eher ungewiss“.
Grundschule: Suche nach günstigeren und trotzdem guten Lösungen
In seinen Ausführungen zur problematisch gewordenen Grundschulentwicklung bekannte Riedmann erstmals, dass es für sein Dafürhalten besser gewesen wäre, die Turnhalle an der Gretser-Schule damals schon, vor sechs Jahren gebaut zu haben, noch vor dem Einstieg in ein ehrgeiziges Gesamtkonzept. Damit wäre das schlimmste Defizit behoben gewesen und man hätte sich in Ruhe um die weiteren Planungen kümmern können. Ärgerlich sei dies heute, da nun ohnehin eine Turnhalle nur auf der freien Fläche möglich sei und man sich die unterirdische Hangplanung hätte sparen können.

Nun gelte es, „einige Schritte zurück zu treten“ und sich auf das „Suchen nach günstigeren und trotzdem guten Lösungen“ zu begeben. „Wir werden dazu kurzfristig weitere Erkenntnisse in die Diskussion geben können“, versicherte Riedmann am Samstag in der Stadthalle.