Ein lauter Knall im Treppenhaus. Die Tür ist zu. Schockmoment: Habe ich den Schlüssel? Ein Griff in die Tasche und wühlen. Geht der erste Griff ins Leere, steigt der Blutdruck. Im Juni so geschehen bei einer Markdorferin. Während sie noch geschockt ist und sich darum bemüht nachzudenken, ziehen ihre Kinder, die in den Kindergarten und in die Schule wollen, schon an ihren Händen.
Erst im Sommer 2017 ist die Frau aus den neuen Bundesländern nach Markdorf gezogen. Mit dabei ihre drei Kinder, die sie alleine großzieht. Die 28-Jährige lebt von Arbeitslosengeld II, das sie immer am Monatsende erhält. Gegen Mitte des Monats geht das Kindergeld auf ihrem Konto ein. „Das Geld muss ich deswegen genau einteilen“, sagt sie.
Nachdem sie ihre Kinder wegbrachte und sie auf dem Rückweg zu ihrer Wohnung war, suchte sie mit ihrem Smartphone nach einem Schlüsseldienst. „Ich tippte die Wörter Schlüsseldienst und Markdorf ein, damit ich eine Firma aus der Nähe erhalte“, erzählt sie. Und tatsächlich, es fand sich ein Anbieter mit einer Vorwahl aus der Gegend.
Tür wird mit Karte geöffnet
Sie rief an und wurde sofort mit einem Anrufbeantworter verbunden. Dort sollte das Problem beschrieben werden. Kurz darauf erhält sie einen Rückruf von einer ganz anderen Rufnummer. Ein Mitarbeiter werde vorbeigeschickt, es würde bloß 15 Minuten dauern, hieß es. Nach 30 Minuten des Wartens erkundigt sich die Frau erneut unter der fremden Rufnummer. „Ein Notfall sei dazwischen gekommen, aber der Mitarbeiter wäre eine weitere Viertelstunde später vor Ort“, gibt die dreifache Mutter wieder. Dieser kam dann tatsächlich.
Mit seinem Werkzeugkasten in der Hand stapfte er auf die Frau zu. Die Frage nach dem Preis beantwortet der Mann mit „150 bis 200 Euro“ und erklärte: „Das hängt davon ab, wie aufwendig es ist.“ Der Aufwand hielt sich offensichtlichen in Grenzen. „Die Tür war in zwei Minuten mit einer Karte geöffnet. Ich dachte, er braucht dafür sein Werkzeug“, wundert sich die Frau. Deswegen überraschte die anschließende Forderung: 260 Euro. Fragen nach einer Rechnungsstellung oder gar Ratenzahlung lehnte ab. Er benötige das Geld in bar, das habe er mit Nachdruck gefordert.
„Zum Glück hatte ich genug Geld dabei, weil kurz vorher das Kindergeld kam“, so die ernst gemeinte Reaktion der Frau. Pech, dass der Monat noch zwei Wochen dauerte. Sie wusste, dass sie damit kein Geld mehr besaß für sich und ihre Kinder. Zwei Wochen ohne Geld, ist das überhaupt machbar? „Als ich wieder in die Wohnung konnte, habe ich mich erst mal hingesetzt und geweint.“ Sie fragte sich, wie ihr das passieren konnte.
Vor Ort keine Familie und Freunde
„Ich hatte leider keine andere Wahl“, sagt sie schüchtern. Sie habe vor Ort keine Familie und keine Freunde. Aus diesem Grund konnte sie nirgendwo einen Ersatzschlüssel hinterlegen. „Man braucht schließlich Vertrauen zu einer Person, der man seinen Wohnungsschlüssel überlässt.“
Nach ihrem Umzug nach Markdorf verbrachte sie viel Zeit mit ihren Kindern auf dem Spielplatz in der Gehrenbergstraße. Dort empfahlen ihr andere Eltern den Alleinerziehenden-Treff in Mehrgenerationenhaus (MGH). Mittlerweile ist dieser zu einem Fixtermin geworden.
Dort erzählte sie im Kreis ihre Geschichte und bekam Unterstützung aus dem Familien-in-Not-Topf angeboten. „Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt“, gesteht sie, „für uns war es die Rettung“.
„Deswegen sind für uns die Spenden so wichtig“, betont Waltraud Zeller-Fleck vom MGH-Leitungsteam. Vom Energiekonzern EnBW wurde jüngst eine Spende von 4000 Euro überreicht. Dazu kamen alleine seit der SÜDKURIER-Serie Familien in Not in der Summe 3000 Euro an privaten Spenden zusammen.
Aktion "Familien in Not"
Das Mehrgenerationenhaus und der SÜDKURIER rufen in der Adventszeit gemeinsam zur Aktion "Familien in Not" auf. Die Verantwortlichen freuen sich über kleine und große Geldspenden und versichern, dass die Spende ohne einen Cent Abzug bei den Betroffenen ankommt. Bis Weihnachten wird der SÜDKURIER regelmäßig über die Aktion berichten. Wer spenden möchte: Familienforum Markdorf e.V.
Stichwort: Familien in Not
IBAN: DE83 6905 0001 0001 8709 30
Sparkasse Bodensee