Susanne Gieler-Breßmer, Sachverständige des Süßener Ingenieurbüros IGF, brachte es direkt auf den Punkt: „Ich bin die Überbringerin der schlechten Nachrichten“, so Gießler-Breßmer, die mit ihrem Team im Auftrag der Stadt in den Parkhäusern Poststraße und Bischofsschloss Schadenaufnahmen und betontechnologische Untersuchungen durchgeführt hat.
Die Ergebnisse stellte sie am Dienstagabend im Gemeinderat vor – und um es vorne wegzunehmen – waren diese nicht sonderlich erfreulich. So begann die erste komplette Sitzung des neu gewählten Gemeinderates direkt mit einer schweren Kost.
Parkhaus Bischofsschloss bereitet Sorgen
Vor allem das Parkhaus Bischofsschloss bereitet Sorgen. In der mehr als 35-jährigen Nutzung konnte Tausalz, das durch die einfahrenden Fahrzeuge in die Tiefgarage gebracht wurde, ungehindert in die Stahlbetonkonstruktion eindringen. Bei der Planung und Herstellung sei Anfang der 80er Jahre noch nicht allgemein bekannt gewesen, Bauteile vor dem Eintrag von Chlorid durch Beschichtungen oder Abdichtungen zu schützen.

Stadtverwaltung muss handeln
Dies hat nun fatale Auswirkungen: Laut Gutachten weisen Bodenplatte, Zwischendecke und die Rampen umfangreiche Schäden in Form von Betonabplatzungen, Bewehrungskorrosion und Rissbildungen auf. Für Susanne Gieler-Breßmer und den Markdorfer Statiker Thilo Brändle gibt es daher nur eine Schlussfolgerung: Die Standsicherheit der Tiefgarage ist nicht mehr gewährleistet. Die Sperrung erfolge nur deshalb nicht umgehend, da sich im „aktuellen Betrieb keine direkten Anzeichen auf Versagen zeigen“, heißt es in der Präsentation.
Verlust von Parkplätzen unumgänglich
Das bedeutet allerdings für die Stadtverwaltung umgehend Sicherungsmaßnahmen einzuleiten, damit die Tiefgarage weiter betrieben werden kann. „Das wird einen Verlust von Parkplätzen zur Folge haben“, sagt Susanne Gieler-Breßmer. Zum Weihnachtsgeschäft könne die Tiefgarage nicht mit allen Parkplätzen zur Verfügung stehen. Und sie betont: „Die Tiefgarage muss umgehend instandgesetzt werden, um die dauerhafte Gebrauchstauglichkeit wieder herzustellen.“

Die Kostenschätzung für eine Instandsetzung liegt bei rund 1,3 Millionen Euro. Würde die Stadtverwaltung untätig bleiben, müsste das Parkhaus noch vor dem Winter komplett geschlossen werden. „Das ist für uns natürlich keine Option und wir werden nun ein Konzept entwickeln, wie der Betrieb weitergehen kann“, so Bauamtsleiter Michael Schlegel.
Parkhaus Poststraße: In zehn Jahren ist Schluss
Zweites Sorgenkind ist das Parkhaus Poststraße. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass das Gebäude dringend saniert werden muss. Doch die endgültige Entscheidung über Umfang, Höhe und Kosten fiel dem Gemeinderat schwer, ein neues Konzept sollte erarbeitet werden, um das Parkhaus für die kommenden zehn Jahre zu erhalten. Dieses hat Susanne Gieler-Breßmer nun vorgestellt und findet auch hier klare Worte: „Die zehn Jahre sind die absolute Deadline. Darüber hinaus ist kein Betrieb möglich.“
Innerhalb der zehn Jahre seien weitere Instandsetzungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen, das Parkhaus muss jährlich untersucht werden. Und auch jetzt fallen zeitnahe Maßnahmen an: die zahlreichen großflächigen Ausbrüche auf Rampen und Zufahrten aber auch auf den Geschossdecken sowie durchgehende Risse müssen bearbeitet werden. Dies ist ebenso notwendig bei einzelnen Stützensockeln sowie in einzelnen Wandbereichen.

Ein weiteres Problem: Der Belag der Poststraße, unter der sich Parkebene 3 befindet, besteht nur aus zehn Zentimetern Asphaltbelag, es ist keine Abdichtung vorhanden, die Fugen sind undicht. Daher dringt Wasser von der Straße ungehindert nach unten ein.

Trotz fehlender Abdichtung sei der Zustand der Bewehrung in der Decke von oben laut Gutachten noch gut, die Querschnittsverlust gering. Würde sich der Gemeinderat dafür entscheiden, das Parkhaus noch temporär über zehn Jahre zu betreiben, liegen die Kosten bei rund 1,24 Millionen.
Entscheidung soll Anfang 2020 fallen
Eine andere Möglichkeit wäre die dauerhafte Instandsetzung. Dann muss Deck für Deck saniert werden. „Rechnen Sie damit, dass eine Vollinstandsetzung bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen wird“, so Susanne Gieler-Breßmer. Das Parkhaus müsste dann über einen längeren Zeitraum auch komplett geschlossen werden. Die Kosten werden auf rund 2,7 Millionen geschätzt. Eine Entscheidung soll Anfang 2020 getroffen werden.
Neuer Parkplatz zwischen Bahnhof und Bahnübergang
Bis dahin soll auch endlich der neue Parkplatz zwischen Bahnhof und Bahnübergang zur Verfügung stehen. Stadtbauamtsleiter Michael Schlegel bestätigt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass voraussichtlich Ende Oktober mit den Bauarbeiten begonnen wird, mit einer Fertigstellung wird spätestens bis Weihnachten gerechnet. Dann stehen dort rund 50 kostenlose Stellplätze für Langzeitparker zur Verfügung.
Die Parkhäuser
- Das Parkhaus Poststraße wurde von 1978 bis 1980 gebaut und besteht aus vier halbgeschossig versetzten Ebenen mit insgesamt 98 Stellplätzen. Parkebene 3 befindet sich unterhalb der Poststraße. Das Gebäude ist laut Susanne Gieler-Breßmer dank des hölzernen Daches ein „markantes Parkhaus“, das sehr einfach strukturiert ist. Beim Bau wurde das Gebäude nicht von Tausalz geschützt.
- Das Parkhaus Bischofsschloss wurde 1983 in Ortbetonbauweise errichtet – auch hier wurden die Bauteile vor dem Eintrag von Tausalz nicht ausreichend geschützt. Auf den zwei übereinanderliegenden Parkebenen in dem zweigeschossigen Gebäude ohne Überbauung stehen insgesamt 60 Stellplätze zur Verfügung. Die Tiefgarage wurde ehemals als Schutzraum konzipiert.