Anfangs will er nicht so recht. Der Motor des Balkenmähers mag nicht anspringen. Deshalb dauert es eine ganze Weile, bis Harald Gretscher und Helmut Knäple vom Markdorfer Imkerverein das zweirädrige Gefährt endlich zum Rollen bringen. Doch dann rattern die gegenläufigen Messerschienen gleichmäßig vor sich hin.
Um insektengerechten Lebensraum zu schaffen, haben die Markdorfer Imker das Preisgeld, das sie vor zwei Jahren vom Bodenseekreis bekommen hatten – 1500 Euro als Anerkennung für die Aktivitäten des Imkervereins im Umwelt- und Naturschutz – investiert. Weitere 150 Euro legte die Stadt Markdorf darauf. Mit dem Geld kaufte der Verein Saatgut, um Blühwiesen anzulegen. Blühwiesen wie jene auf dem Wirmetsweiler Hügelrücken, der so gewissermaßen zu einer „kleinen Rettungsinsel für unsere heimischen Insekten„ werden konnte, wie es Imker Harald Gretscher formuliert.
Junge Kühe und Bullen freuen sich über das frisch gemähte Heu
Harald Gretscher und seine Frau Alexandra harken den produzierten Schnitt zusammen, um ihn mit einigem Schwung auf die benachbarte Weide zu werfen. Eine Handvoll junger Kühe und Bullen macht sich sogleich über das frisch gemähte Heu her. Ob sie merken, dass sie dank der drei Imker an diesem Morgen etwas Besonderes zu fressen bekommen? Die jungen Kühe profitieren freilich nur am Rande. Geheut wird nicht ihretwegen, sondern zur Pflege. Rund 1000 Quadratmeter misst die Ackerfläche bei Wirmetsweiler, auf der der Imkerverein gemeinsam mit ihrem Besitzer, dem Landwirt Karl King, und der Bodensee-Stiftung die „Blühfläche“ angelegt hat
„Bisher haben wir mit der Sense gemäht“, berichtet Alexandra Gretscher. Das sei besser für die Pflanzen, schone sie – ebenso die zwischen Stängeln, Blüten, Blättern und Halmen hausenden Insekten. Dass der Balken-Mäher heute zum Einsatz komme, sei Ausnahme, nicht die Regel.
Pflege der Blühwiese erfordert Kenntnisse
Und wenn auch Blühwiesen weitaus pflegeleichter sind als Rasenstücke, erfordert es doch einiger Kenntnisse, um sie sinnvoll zu pflegen. Der rechte Zeitpunkt will gewählt sein, damit sich die Pflanzen optimal verbreiten. Auf fettem Boden herrschen andere Verhältnisse als auf magerem. Darauf heißt es bei der Mahd zu achten. „Ganz wichtig“, sagt Alexandra Gretscher: „Das Schnittgut muss möglichst bald runter von der Fläche.“ Nur so gedeihen die bunten Blüher richtig – den Schwebfliegen, den Wildbienen zur Freude – und den benachbarten Kühen gleichfalls.
Als im vergangenen Sommer das Thema „Rettet die Bienen“ heiß diskutiert wurde, befürchteten die einen den Untergang der Arten. Die anderen sagten den Kollaps der Landwirtschaft vorher – im Bodenseeraum vor allem den des Obstbaus, falls die Bienen-Retter Erfolg mit ihrem Volksbegehren Erfolg haben sollten, das unter anderem den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel angestrebt hat.
Dann äußerte sich noch eine dritte Gruppe. Jene, die auf pragmatische Lösungen des Dilemmas sannen. Landwirte, Biologen, Naturschützer, die den Ökoanteil in der Landwirtschaft nicht radikal, sondern maßvoll erhöhen wollten. Zu ihnen gehörten auch die Markdorfer Imker. Sie relativierten manche Position des Volksbegehrens, wollten gleichzeitig aber den Artenschutz stärken. Zumal die Imker alle Insekten bedroht sahen. Die Baulandpolitik mit ihrem großzügigen Flächenverbrauch machten sie ebenso als Mitverursacher des Insektenschwunds aus wie auch Hausbauer mit ihren akkurat gepflegten Gärtchen, womöglich in Stein-Ödnis-Optik angelegt. Nur Wiesenblumen, nur ein Streifen Wildnis, so die Imker gewähren den Insekten, insbesondere den Wildbienen einen hinreichenden Lebensraum.