Er habe nicht geplant gehabt, seine Frau zu erschießen. Das sagt der Angeklagte Gezim F. am Morgen zum Auftakt des Prozesses vor dem Landgericht Konstanz. Der Verteidiger verliest eine Einlassung seines Mandanten. Der 48-Jährige, der im Markdorfer Schnäppchenmarkt Megamix seine getrennt von ihm lebende Ehefrau erschossen hatte, ist wegen Mordes, Verstoßes gegen das Waffengesetz und mehrfacher Körperverletzung angeklagt.

Der Angeklagte gesteht die Tat – es sei aber kein Mord gewesen, sondern Affekt. Der 48-Jährige war am 21. Januar mit dem Taxi von Pfullendorf nach Markdorf gefahren – zum Einkaufsmarkt, in dem die 44-Jährige am Postschalter arbeitete. Der Laden war an diesem Samstag zur besten Einkaufszeit belebt. Er erschoss die Frau, viele Augenzeugen mussten die Tat mit ansehen. Sie starb wenig später noch am Ort des Geschehens.

Ein Absperrband der Polizei hängt vor einem Geschäft in Markdorf. Ab 6. Juli läuft in Konstanz der Prozess gegen den 48-Jährigen, der ...
Ein Absperrband der Polizei hängt vor einem Geschäft in Markdorf. Ab 6. Juli läuft in Konstanz der Prozess gegen den 48-Jährigen, der hier seine getrennt von ihm lebende Ehefrau erschoss. | Bild: David Pichler/dpa

Affekt und Pistole – wie geht das zusammen? Er habe die Pistole aus Angst vor Blutrache dabei gehabt, sagt der Angeklagte vor Gericht aus. Er hat einen albanischen Pass, sein Onkel habe in Albanien zwei Brüder getötet. Gezim F. wollte an diesem Tag im Januar den Umgang mit seinem jüngsten Sohn noch mal erkämpfen.

Tochter: „Wir hatten Angst vor ihm“

Die Frau war wenige Monate zuvor mit dem gemeinsamen Sohn nach Markdorf gezogen und hatte dort nach der Trennung auch Arbeit gefunden – im Megamix. Die ältere Tochter, Luisa F., erzählt im Gespräch mit dem SÜDKURIER Anfang Februar, der Vater habe die Trennung nicht verkraftet. Er habe die Mutter öfter am neuen Arbeitsplatz aufgesucht. Wenn Luisa F. hörte, dass ihr Vater nach Markdorf kommen wollte, habe sie ihre Mutter angerufen und vor ihm gewarnt. „Wir hatten Angst vor ihm.“

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Affekt? So begründet es der Angeklagte

Wie begründet der Angeklagte den angeblichen Affekt? Seine Frau habe ihn in der Situation „höhnisch“ ausgelacht. Dann habe er im Affekt geschossen. „Es tut mir unsäglich leid, dass ich meine Frau erschossen habe“, ließ er über seinen Rechtsanwalt Klaus-Martin Rogg verlesen.

Die Staatsanwaltschaft hingegen geht davon aus, dass der Angeklagte die Frau als seinen Besitz ansah und ihr deswegen das Lebensrecht absprach. Das Motiv sei, dass der Beschuldigte die Trennung der Frau von ihm nicht habe akzeptieren wollen. Dem widersprach der Mann – es sei ihm um das Umgangsrecht mit seinem Sohn gegangen. Die Frau habe ihm das jüngste der drei gemeinsamen Kinder vorenthalten, darüber habe er am Tattag mit ihr sprechen wollen. Von Eifersucht getrieben, nachdem er erfahren hatte, dass seine Frau offenbar einen neuen Freund hatte, sei er in den Wochen vor der Tat mehrfach nach Markdorf gefahren, ließ Gezim F. über seinen Anwalt verlesen.

Prozess vor dem Landgericht Konstanz ab 6. Juli 2023, Tötung Sebastiana F. in Markdorf am 21. Januar 2023, Megamix  FOTOS NICHT ...
Prozess vor dem Landgericht Konstanz ab 6. Juli 2023, Tötung Sebastiana F. in Markdorf am 21. Januar 2023, Megamix FOTOS NICHT UNVERPIXELT NUTZEN | Bild: Hanser, Oliver

Schilderung des Tathergangs

Laut Staatsanwalt habe Gezim F. bereits am Vorabend der Tat den Entschluss gefasst, seine getrennt von ihm lebende Ehefrau zu töten. In einer Sprachnachricht an seinen volljährigen Sohn habe er gesagt: „Vergiss nicht, dass ich Albaner bin.“ Auf der Fahrt nach Markdorf gegen 12.30 am Tattag habe er die geladene Waffe mit sich geführt. Als er kurz vor 13 Uhr den Laden betreten hatte, sei er sofort nach hinten zum Postschalter gegangen und habe seine Waffe gezogen, schilderte Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach. Seine Frau habe noch gerufen „Hau jetzt ab!“, dann habe er ihr in den Oberkörper geschossen. Weitere drei Schüsse folgten, Sebastiana F. starb wenige Minuten später, noch vor dem Eintreffen der Rettungskräfte.

Das sagt die Laden-Inhaberin vor Gericht

Die Schilderungen der Laden-Inhaberin, die als zweite Zeugin geladen war, widerlegen ebenfalls die Behauptung des Angeklagten, er habe im Affekt geschossen. Mehrfach habe der Angeklagte über Wochen hinweg seiner Frau gedroht, zuletzt etwa eine Woche vor der Tat. Vor dem Megamix habe er ihr gesagt, sie solle Sebastiana ausrichten, er werde sie umbringen, berichtete die Laden-Inhaberin, die wegen ihrer schweren posttraumatischen Belastungsstörung per Video zugeschaltet wurde. Sie habe diese Drohung an Sebastiana F. weitergegeben und ihr geraten, zur Polizei zu gehen. Sie habe aber nur gesagt, das bringe nichts. Und: „Sie hat mir gesagt, dass er keine Ruhe geben wird, bevor er sie nicht umgebracht habe.“

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Eine zentrale Frage am ersten Verhandlungstag war die nach der alkoholischen Beeinträchtigung des Angeklagten zur Tatzeit. Während sein Verteidiger Klaus-Martin Rogg anhand der medizinischen Protokolle davon ausgeht, dass Gezim F. zwei bis drei Promille gehabt haben könnte, sagten beide Zeuginnen übereinstimmend aus, bei dem Angeklagten keinerlei Anzeichen einer möglichen Alkoholisierung festgestellt zu haben. Als er ihr direkt nach der Tat gegenüberstand, sagte die Laden-Inhaberin, habe er ihr klar und deutlich gesagt: „Jetzt hat sie bekommen, was sie verdient hat.“