Auf dem Esstisch steht ein Foto von Luisa F. mit ihrer Mutter. Gemeinsam lächeln sie in die Kamera und posieren, die Tochter damals mit Babybauch. Daneben stehen eine Trauerkerze, ein Strauch Hortensien und ein paar Kuscheltiere.

„Seitdem fliegt alles vorbei“

Luisa F. sitzt auf einem Stuhl in ihrer Wohnung und hat die Knie zur Brust gezogen. Sie wirkt zerstreut und spricht leise. Die Erschöpfung der vergangenen Tage sind ihr anzusehen: Am 21. Januar wurde ihre Mutter, Sebastiana F., im Megamix-Markt in Markdorf erschossen. Ihr eigener Vater hat die Tat offenbar begangen, er sitzt in Untersuchungshaft.

Das könnte Sie auch interessieren

„Es ist unbegreiflich, was passiert ist“, sagt sie, „seitdem fliegt alles vorbei.“ Noch an dem Tag habe sie zum letzten Mal Kontakt mit ihrer Mutter gehabt. Nachdem sie von ihrem Tod erfuhr, konnte sie es erstmal nicht glauben. „Ich dachte es war ein Überfall.“ Einige Zeit später hörte sie aber, dass es sogar ihr eigener Vater gewesen sein soll.

Der Traueraltar in der Wohnung von Luisa F.
Der Traueraltar in der Wohnung von Luisa F. | Bild: Cian Hartung

Trennung nicht verkraftet

Wie F. erzählt, waren die Eltern 25 Jahre lang verheiratet und wohnten bis zur Trennung im Mai 2022 in Pfullendorf. Während der Ehe sei ihr Vater bereits gewalttätig gewesen, sagt sie. Im September 2022 sei die Mutter dann nach Markdorf gezogen. „Sie war dort sehr glücklich und hat sich auch auf der Arbeit wohlgefühlt.“ Schnell habe sie sich bei ihrer Arbeitsstelle in der Hauptstraße eingelebt.

Ihr Vater habe die Trennung aber nicht verkraftet und ihre Mutter auch nach der Trennung öfter bei ihrer Arbeitsstelle aufgesucht. „Er wusste, wo sie arbeitet, das war sein einziger Anhaltspunkt.“ Wenn sie hörte, dass ihr Vater nach Markdorf kommen wollte, habe Luisa F. ihre Mutter angerufen und vor ihm gewarnt. „Wir hatten Angst vor ihm.“

Sebastiana F. wurde am 21. Januar im Megamix-Markt in Markdorf erschossen. Unkenntlichmachung von uns.
Sebastiana F. wurde am 21. Januar im Megamix-Markt in Markdorf erschossen. Unkenntlichmachung von uns. | Bild: Luisa F.

Kontakt zum Vater abgebrochen

Mit ihrem Vater habe F. vor der Tat kaum noch Kontakt gehabt. Er sei arbeitslos gewesen, habe zuletzt keine Miete mehr gezahlt, sagt sie. Sie habe ihm lange helfen wollen, beispielsweise bei der Suche nach einer Arbeit. „Doch irgendwann hatte ich keine Kraft mehr dafür“, sagt die Mutter einer zweijährigen Tochter.

Obwohl ihr Vater in der Vergangenheit gewalttätig gewesen sei, habe sie die Brutalität schockiert. Er habe öfter gesagt, dass er ihrer Mutter etwas antun wolle. „Ich habe aber nie geglaubt, dass er sein Wort hält.“

Das könnte Sie auch interessieren

Mehrere tausend Euro Spenden

Nun muss die junge Frau, wenige Tage nach dem unfassbaren Schock, die Beisetzung ihrer Mutter organisieren. Um die Feier auch zu finanzieren, habe sie mit ihrem Lebensgefährten Jonas M. einen Spendenaufruf gestartet.

Neben der Trauerfeier wollen sie mit dem Geld auch für ihren elfjährigen Bruder sorgen, der bis zum Tod ihrer Mutter mit ihr gelebt hat. Er soll langfristig bei ihnen einziehen. Mittlerweile haben bei dem Aufruf 788 Menschen gespendet und eine Summe von 17.000 Euro ist dabei zusammengekommen (Stand: 26. Januar, 19 Uhr).

Dankbar für jeden Euro

Luisa F. ist es nicht wichtig, ob jemand drei oder 300 Euro spende, sagt sie. „Ich bin dankbar für jeden Euro, der zusammenkommt. Aber kein Geld der Welt wird sie zurückbringen.“

Die öffentliche Beisetzung findet am Dienstag, 7. Februar um 14 Uhr auf dem Meßkircher Friedhof statt. Luisa F. und Jonas M. haben mit dem SÜDKURIER gesprochen, um auf den Spendenaufruf aufmerksam zu machen. Außerdem wollen sie zeigen, vor welchem Hintergrund diese Tat passierte.

„Sie war eine starke Frau“

Den Tod ihrer Mutter habe sie noch lange nicht verarbeitet, sagt F. „Das wird noch dauern.“ Kürzlich hätten sich bei ihr aber Ehrenamtliche vom Weißen Ring gemeldet, der Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern. Bald habe sie ein Gespräch. „Dort muss ich alles aufarbeiten“, sagt sie.

Luisa F. schaut nochmals auf das Foto ihrer Mutter auf ihrem Esstisch. Erstmals seit Beginn des Gesprächs hat sie Tränen in den Augen und lächelt. „Sie war eine starke Frau, hatte ein Riesenherz und war immer hilfsbereit“, sagt sie.

Die Spendenaktion

Die Familie hat zur Finanzierung der Trauerfeier und zur Unterstützung des jüngsten Bruders eine Spendenaktion auf Paypal gestartet. Hier gelangen Sie zu der Aktion. Es gibt auch ein Spendenkonto bei der Hohenzollerischen Landesbank Kreissparkasse Sigmaringen. Empfänger: Jonas Müller. IBAN: DE 25 6535 1050 1120 4093 60.

Häusliche Gewalt hat viele Gesichter: Das sind die Warnzeichen

Wo beginnt häusliche Gewalt? Welche Anzeichen und Warnsignale gibt es? Warum bleiben Frauen bei gewalttätigen Männern? Das raten Beratungsstellen und Frauenhäuser aus der Region. Zudem erfahren Sie hier, wo Sie Hilfe finden, wenn Sie betroffen sind.