Um 13.40 Uhr verkündet Richter Arno Hornstein am Freitag das Urteil: Wegen Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und dem Führen einer Schusswaffe wird der Angeklagte Gezim F. zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Er hatte am 21. Januar im Markdorfer Schnäppchenmarkt Megamix seine getrennt von ihm lebende Ehefrau, Sebastiana F., vor Augenzeugen erschossen.
Das Gericht folgt damit größtenteils den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Lediglich in der Frage nach einer besonderen Schwere der Schuld weicht das Gericht hier ab. Das solle aber nicht den Eindruck erwecken, dass das Gericht die Tat bagatellisieren wolle, erklärt Hornstein. Ein solches Urteil sei allerdings revisionstechnisch recht leicht angreifbar, es müssten dafür weitere schwerwiegende Gründe herangezogen werden. In der Bewertung der Tat ist das Gericht aber eindeutig: „Die Tat verdient nur eine Überschrift: kaltblütiger Mord“, sagt Richter Hornstein.
Schlimme Folgen für Angehörige
Nicht nur die Art der Ausführung der Tat, sondern auch die schlimmen Folgen für die Angehörigen des Opfers und die Zeugen nennt der Richter als Grund für das Urteil. Auch dass der Angeklagte sich mit Schutzbehauptungen und der Verunglimpfung der Getöteten vor Gericht besserstellen wollte, legt ihm die Kammer negativ aus. Er sei ein gefühlskalter Vater. Dass es im Konflikt mit der Getöteten um Zugang zum gemeinsamen elfjährigen Sohn ging, hält das Gericht daher für unglaubwürdig. Bei diesen Bemerkungen wird der Angeklagte sichtbar aufgeregt, murmelt vor sich hin. Ein Justizbeamter nimmt ihm daraufhin das Mikrofon vor ihm weg. Verteidiger Klaus-Martin Rogg ermahnt ihn, Ruhe zu bewahren.
Das Gericht geht, wie die Staatsanwaltschaft, davon aus, dass Gezim F. schon als er sich am Vortag der Tat ein Taxi für den nächsten Morgen bestellte, den Mord plante. Dass er die Waffe womöglich unabhängig von der Tat erworben hatte, ist für das Gericht unerheblich, ebenso die von der Verteidigung vorgebrachte Blutrache, wegen der sich der Angeklagte in ständiger Bedrohung wähnte. Auch Alkoholkonsum und Kokainentzug wertet das Gericht nicht als schuldeinschränkend.
Verteidiger Rogg hatte in seinem Plädoyer argumentiert, die kulturelle Prägung des albanischen Gezim F. zu berücksichtigen. Dort gebe es ein Gewohnheitsrecht, die Frau sei dort vom Ehemann abhängig. Wenn sie ihn verlässt ist die Ehre des Mannes verletzt. Die Tat könne man mit einem „mittelalterlichen Gewohnheitsrecht“ nicht schönreden, sagt Hornstein. „Wir leben ja in Deutschland nach unsere Wertvorstellungen und Gesetzen.“
Die Tat als Akt der Bestrafung
Vielmehr deutet die verletzte Ehre für die Kammer auf das Mordmerkmal niedere Beweggründe hin. Die Tat interpretiert das Gericht als Bestrafungsakt, was auch die Aussage des Angeklagten gegenüber einer Zeugin wenige Momente nach den Schüssen belege. Er soll gesagt haben, dass „die Hure“ bekommen habe, was sie verdient.
Auch das zweite von der Staatsanwaltschaft benannte Mordmerkmal sieht das Gericht als erfüllt an: Heimtücke. Der Angeklagte suchte Sebastiana F. am helllichten Tag an ihrem Arbeitsplatz auf, sie habe doch in dieser Situation nicht mit einem Angriff rechnen können. Weiter sagt Hornstein: „Wir haben keinen Zweifel an den vorsätzlichen Körperverletzungen.“ Damit ist vor allem die Besitzerin des Megamix-Marktes gemeint, die als Zeugin der Tat schwere psychische Beeinträchtigungen davon trug. Das Gericht verurteilt den Angeklagten dazu, ihr ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro zu zahlen. Gezim F. hat nun eine Woche lang Zeit, gegen das Urteil Revision einzulegen.
Das sagt der Angeklagte
Zum Abschluss der Plädoyers durfte sich am Morgen der Angeklagte selbst äußern, eines der wenigen Male, dass er während des Prozesses in das Mikrofon vor ihm spricht. Es tue ihm leid, dass er seiner Frau das Leben genommen habe. „Es tut mir leid für ihre Eltern.“ Und: „Es tut mir sehr, sehr, sehr leid für meine Kinder.“