Das Jahr 2021 steht für Markdorf auch im Zeichen eines Spagats: Es wird viel investiert werden und zugleich ist die Finanzlage der Stadt wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie angespannt. Dennoch gibt es auch im kommenden Jahr Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, etwa den weiteren Ausbau der Kleinkindbetreuung und die Weiterentwicklung der Grundschulen. Ihre Einschätzung?
Wir sind bereits auf einem sehr hohen Niveau angekommen und durch den Ausbau des Kindergartens St. Elisabeth wird dieses Niveau noch weiter stabilisiert. Möglicherweise werden wir auch noch einen zweiten Bauwagen für den Waldkindergarten anschaffen. Nach aktueller Beurteilung der Dinge sind wir dann auf einem wirklich hervorragenden Niveau angekommen. Die Herausforderung ist eher die Schulentwicklung. Mit dem Sporthallenneubau, der Sanierung der Jakob-Gretser-Grundschule, dem Neubau einer dritten Grundschule im Markdorfer Süden und einer moderaten Anpassung der Bedingungen in der Grundschule in Leimbach.
Das alles sind Projekte, die unseren Haushaltsplan tatsächlich nochmal belasten, ebenso die Sanierung und Modernisierung des Bildungszentrums, an der sich die Stadt umfangreich beteiligt. Und da wird sich dann die Frage stellen: Schaffen wir das in dem ambitionierten Zeitraum oder zwingt uns der angespannte Haushaltsplan dazu, das ein oder andere Projekt nochmal zu strecken? Die Erfahrung zeigt, dass die Projektabwicklung, wenn es ums Bauen geht und vor allem ums Abrechnen, ohnehin nie in der idealtypischen Geschwindigkeit vorangeht. Insofern bin ich zuversichtlich, dass die Zeithorizonte, die wir uns gegeben haben, im Prinzip dafür auch passend sind.
Die Mittel für die neue Grundschule, es sind 11,5 Millionen Euro, sind nur mit einem Bruchteil in der Finanzplanung bis 2024 berücksichtigt. Der zweistellige Löwenanteil liegt außerhalb dieses Zeitraumes. Denken Sie, dass sich dieses Vorhaben besser und unproblematischer stemmen lässt, als die ursprünglichen Pläne für die Gretser-Schule, wo die Kosten explodiert sind?
Davon bin ich überzeugt. Denn wir werden hier nicht mit Unwägbarkeiten des Bauens im Bestand konfrontiert. Wir würden dem Gemeinderat auch wieder den Vorschlag machen, ähnlich zu verfahren wie mit dem neuen Kindergarten im Markdorfer Süden: Planen und Bauen zum vorher vereinbarten Festpreis. Ich denke, das wird auch von den Fraktionen im Gemeinderat gut angenommen werden.
Auf der grünen Wiese ist das das beste Verfahren für uns von der Abwicklung und der Organisation her und vor allem hinsichtlich Geschwindigkeit und Effizienz. Vom Beginn des Verfahrens bis zur Inbetriebnahme hat es dort nur zweieinhalb Jahre gebraucht.
Was ist für Sie ein realistischer Eröffnungstermin für die neue Grundschule?
Eine Jahreszahl kann ich jetzt nicht nennen. Wir wollen kurzfristig mit der Bebauungsplanung beginnen, vorab aber noch die Anwohner zu einer Beteiligung einladen. Denn sie werden die Entwicklungen auf der Fläche stark betreffen, die momentan noch eine Wiese ist und dann bebaut werden soll.

Wir können allerdings die Anwohner erst dann einladen, wenn es pandemiebedingt wieder möglich ist, eine solche Versammlung mit vielleicht 50 oder 60 Menschen durchzuführen. Das könnte unsere erste öffentliche Veranstaltung in dem schönen Mehrzweckraum unseres neuen Kindergartens werden.
Von den Schulen zum Straßenbau: Im kommenden Jahr soll im Kreistag der Baubeschluss für die Südumfahrung gefällt werden. Wie zuversichtlich sind Sie, dass dieser Zeitplan eingehalten wird und denken Sie, dass die Stadt Markdorf zuvor nochmals gehört werden wird?
Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, wird das wohl erst spät im Jahr 2021 der Fall sein, bis Kreistag und Kreisverwaltung wirklich einen Knopf dranmachen können. Ob es dabei zu einer weiteren formalen Beteiligung der Stadt kommt, hängt von der Haltung des Kreistages ab, im Finanzierungsvertrag ist das nicht vorgesehen. Im September 2019 hatten wir zur Südumfahrung im Kreistag ja eine Grundsatzdebatte geführt.

Ich hatte damals kräftig dafür geworben, eine weitere formale Beteiligung der Stadt Markdorf nochmals zur Voraussetzung zu machen. Das hatte damals aber keine Mehrheit gefunden. Die Mehrheitsverhältnisse waren seinerzeit im Kreistag ganz eindeutig. Deswegen habe ich meine Zweifel, ob es im kommenden Jahr zu einer geänderten Haltung im Kreistag kommen wird.
Latscheplatz, Kreisverkehr, Rathaus: In der Innenstadt soll sich Vieles ändern. Wann können die Bürger mit ersten konkreten Maßnahmen rechnen?
Also, die konkreten Maßnahmen sind der Umbau am Latscheplatz und an der Stadthalle und der Sanierungsbeginn am Rathaus. Das bedeutet dann für uns, dass wir nach diesen Grundsatzentscheidungen darüber sprechen können, wie es mit dem „Adler“ weitergeht. Das hatten wir ja so lange zurückgehalten, bis die Rathausfrage geklärt war.
Das wird nun im kommenden Frühjahr auf jeden Fall zur Diskussion stehen: Wie wird der „Adler“ genutzt werden? Gastronomie ist für uns als Wunsch gesetzt, entschieden werden muss noch die Nutzung der weiteren Bereiche. Und dann könnten wir dort zu einer Investorenausschreibung kommen, die sich ganz klar mit dem Erhalt des Gebäudes beschäftigen wird. Diesbezüglich gibt es ja unterschiedliche Haltungen. Ich selbst halte das Gebäude für stadtbildprägend und ich kann mir nach den hervorragenden Erfahrungen mit dem Bahnhofsgebäude vorstellen, dass sich da Investoren finden, die es mit einer Gastronomie und vielleicht auch mit Zimmern für uns entwickeln.

Schließlich können wir uns auch über den Bereich unterhalb des Rathauses zur B 33 hin, zum Hexenturm und entlang der Weinsteig Gedanken machen. Wenn wir diese Flächen nicht für die Verwaltung brauchen, dann sind das Flächen, die wir gemeinsam entwickeln und anhand eines Investorenwettbewerbs auch gemeinsam verwirklichen können. Diese Fragen werden in der politischen Diskussion im nächsten Jahr mit Sicherheit auf die Tagesordnung kommen.
Was aber weitere bauliche Maßnahmen der Stadt in diesem Quartier angeht: Zuerst müssen wir das Förderprogramm Sanierungsgebiet Rathaus abschließen, bevor wir uns für ein neues Sanierungsgebiet bewerben können, um die Förderfähigkeit der nächsten Schritte zur Weiterentwicklung der historischen Altstadt sichern zu können. Und das kann beim Blick auf unsere Investitionsliste wohl erst nach dem Ende des aktuell überschaubaren Finanzplanungszeitraumes geschehen.
Wie geht es mit dem Bischofschloss weiter im nächsten Jahr?
Wir sind für ein Forschungsprogramm des Bundes nominiert unter dem Titel „Zukunft im Bestand“. Es soll in diesem Projekt für die Entwicklung des Bischofschlosses eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden im Hinblick darauf, welche Nutzungsmodelle und welche Trägermodelle fürs Bischofschloss zukunftsführend sind.

Der Zeitplan des Projektes ist ambitioniert. Das bedeutet, dass wir auch dort im kommenden Frühjahr auf jeden Fall gemeinsam mit allen Beteiligten nochmals einen guten Schritt weiterkommen werden. Zwar noch nicht mit dem Spaten und dem Bagger, aber von der Perspektive her. Auch dort könnten schließlich Investorenlösungen, auch in Teilbereichen, eine Rolle spielen.
Was ist für Sie das prägende Vorhaben im kommenden Jahr?
Die prägende Aufgabe für die Stadt ist wegen ihrer Signalwirkung für die Hauptaufgabe Bildung und Betreuung das Thema Turnhallenbau an der Grundschule. Dort steht jetzt endlich das Signal auf Grün. Für unser Rathausteam ist eine große Herausforderung sicherlich der Umzug der Verwaltung ins Provisorium und der Sanierungsbeginn am Rathaus.
Wie zuversichtlich gehen Sie persönlich ins neue Jahr 2021?
Ich gehe mit zurückhaltendem Optimismus ins Jahr 2021. Wir sind durch die staatlichen Hilfen bislang mit einem hellblauen Auge durch die Corona-Krise gekommen, wenn Sie sich daran erinnern, was unser Stadtkämmerer Michael Lissner im Frühjahr noch prognostiziert hat, was uns an Einnahmen fehlen wird.

Nun werden wir mehr oder weniger ein ausgeglichenes Jahresergebnis präsentieren können. Und der große Blick in die Glaskugel wird der sein: Wie entwickelt sich die Wirtschaft vor Ort? Wie entwickeln sich die Gewerbesteuereinnahmen und die Einkommensteueranteile? Wir gingen bei der Haushaltseinbringung für das Jahr 2021 mit einer zurückhaltenden und realistischen Summe vor. Nochmal schwierig wird eher der Blick in die Jahre danach. Ich bin für Markdorf und das kommende Jahr aber vorsichtig optimistisch.