Herr Riedmann, das Jahr 2020 war geprägt durch die Corona-Krise. Auch das Leben der Menschen in Markdorf wurde und wird von den Auswirkungen einschneidend betroffen. Wie ist die Stadt nach Ihrer Meinung bislang durch die Krise gekommen?
Da muss man unterscheiden. Wenn ich es für uns als Stadtverwaltung beurteile, dann sind wir mit den Pflegeheimen, pädagogischen Einrichtungen, Kindergärten und den beiden Grundschulen bis heute gut durchgekommen, denke ich. Wir haben uns frühzeitig im März schon intensiv vorbereitet und unser Handwerkszeug für den Umgang mit der Krise entwickelt. Wir haben, Gott sei Dank, in unseren Kindergärten, in den Grundschulen, in den Pflegeheimen und auch im Rathaus keine Infektionsfälle zu verzeichnen gehabt.

Zum Einen ist das sicherlich ein Erfolg der guten Vorbereitung, zum anderen Teil natürlich auch einfach Glück. Organisatorisch, personell und auch in der Kommunikation mit Eltern und Angehörigen sind wir bisher gut durch die Krise gekommen.
Dennoch ist das öffentliche Leben in Markdorf inzwischen zum Erliegen gekommen. Das betrifft auch das kulturelle Leben. Wie sind Ihre Einschätzungen, was bekommen Sie mit von der Stimmung in der Stadt?
Aus meiner Sicht ist die Stimmung in Markdorf noch erstaunlich gelassen. Aber ich glaube, das ist auch die Selbstdisziplin derer geschuldet, die wissen, wir sind in einer Ausnahmesituation und müssen da gemeinsam durchkommen. Denn wenn man sieht, was die Kulturveranstalter und die Gastronomen und Geschäftsleute zu erleiden haben, aktuell noch verstärkt durch den erneuten harten Lockdown, dann ist das dramatisch.
Es ist dramatisch für die Gewerbetreibenden, denn die aktuellen Einbußen sind mit Sicherheit nicht wieder auszugleichen in der Zukunft. Für die Vereine und die Kulturschaffenden gilt dies ebenso. Und was am meisten fehlt, das ist die persönliche Begegnung, das lebendige Miteinander. Das kann durch kein digitales Angebot ersetzt werden.
Die Pandemie wird uns auch im kommenden Jahr 2021 noch längere Zeit begleiten. Hat die Stadt überhaupt Einflussmöglichkeiten? Kann die Stadtverwaltung etwas unternehmen, um die Probleme und Sorgen der Betroffenen hier vor Ort zu lindern?
Zunächst einmal, was wir tun können und immer schon getan haben: Im Rahmen der Vorgaben der Corona-Verordnungen so pragmatisch wie möglich mit unserer Funktion als Ortspolizeibehörde umzugehen, also sprich, nicht großzügig im Sinne von naiv, aber großzügig im Sinne von einem guten Miteinander zwischen uns und den Betroffenen, jeweils eine möglichst weite Auslegung zu finden.
Auch in Zukunft werden wir das immer wieder genauso handhaben, wenn sich die Gelegenheit bietet. Danach werden wir, sobald wieder Öffnungen möglich sind und sobald es auch wieder Veranstaltungen geben kann, als Stadt, auch gemeinsam mit dem Stadtmarketing, umgehend drangehen, wieder Aktionen zu organisieren und zu begleiten. Wie Sie wissen, haben wir sehr lange an der Planung eines wie auch immer gearteten Weihnachtsmarktes festgehalten, bis es wirklich nicht mehr möglich war. Das bedeutet auch: Wir planen auch fiktiv, wir planen ins Ungewisse.

Wir müssen die Stadt voranbringen, sobald wieder Öffnungen möglich sind und das gemeinsam. Das können dann Werbeaktionen sein, Anzeigen, Veröffentlichungen im Internet, auf Facebook. Aber es müssen so bald als möglich natürlich auch wieder Veranstaltungen sein, Anlässe, die die Menschen in die Stadt locken und sie zueinander bringen im Rahmen dessen, wie es jeweils zulässig ist.
Das heißt, Sie sehen die Stadtverwaltung auch in der Pflicht, Impulsgeber, Finanzier und Veranstalter zu sein?
Ja, selbstverständlich. Das ist eine ganz wesentliche Aufgabe der Stadt in dieser Lage. Und im Vergleich zu anderen Städten unserer Größe haben wir ja noch eine wirklich lebendige Einkaufsstadt, die aber momentan ganz massiv bedroht ist. Markdorf würde sich komplett verändern, wenn es diese Lebendigkeit nicht mehr gäbe. Deswegen sehe ich uns natürlich in der Verantwortung. Und dabei muss auch Geld eine Rolle spielen, über die Aktivitäten im und durch das Stadtmarketing.

Für die klare Unterstützung des Gemeinderates dazu im Rahmen der Haushaltsplanberatungen bin ich sehr dankbar. An direkte Zuschüsse denke ich dabei nicht primär, eine solche Aufgabe könnten wir kaum objektiv lösen. Aber dass wir aktiv sind, um Lebendigkeit und Frequenz in die Stadt zu bringen, das ist für mich eine allererste Pflichtaufgabe.
Was Sie und Ihre Mitarbeiter im Rathaus seit Monaten tun, ist natürlich auch ein Stück weit klassisches Krisenmanagement. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Krisenmanagement?
Ich denke, bislang ist uns das gut gelungen. Das mache ich auch daran fest, wie die Rückmeldungen ausgefallen sind oder eben nicht. In erster Linie kommen Rückmeldungen ja dann an, wenn jemand etwas kritisieren möchte. Diesbezüglich kam bei uns im Rathaus fast nichts an.
Wir haben mit allen Betroffenen aktiv kommuniziert und ich denke, wir haben dafür auch ein gutes Zeugnis erhalten. Ich hoffe und wünsche mir nun natürlich, dass uns dies so auch in den nächsten Phasen gelingen wird.
Wie zuversichtlich gehen Sie mit dem Blick auf die Corona-Krise ins neue Jahr?
Es scheint, dass wir sehr früh im neuen Jahr mit Impfen beginnen können und dann habe ich die Hoffnung, dass eine Impfbereitschaft besteht, die uns dann hilft, im kommenden Herbst nicht mehr in eine solche Situation zu geraten, wie im vergangenen Herbst. Diese Aussicht stimmt mich aktuell verhalten positiv. Die Vorstellung einer weiterhin negativ verlaufenden Entwicklung fällt mir schwerer.
In jedem Fall müssen wir alle miteinander gut Kraft tanken, damit wir die Krisenbewältigung weiterhin gut hinbekommen. Natürlich kann ich es nachvollziehen, wenn Leute sagen, dass ihnen allmählich die Energie und die Zuversicht verloren gehen. Es gab aber immer Zeiten, in denen Krisen die Menschheit über mehrere Jahre befasst haben und es wurden immer auch Wege aus der Krise heraus gefunden. Aus heutiger Sicht möchte ich deshalb klar die Zuversicht äußern, dass sich mit den Impfungen die Situation bis zum kommenden Herbst deutlich bessern wird.