Es ist Punkt 18 Uhr, aus einem schiefergrauen Himmel erklingt dumpfes Grollen, ein kurzes Gewitter zieht über die Stadt. Ein Omen? Eher nicht. Drinnen in der Stadthalle können die Tische noch nicht zusammengeschoben werden, denn zwei Last-minute-Wähler lassen sich in ihren Kabinen noch ein paar Minuten Zeit – obwohl die Wahlhelfer bereits mit ihren Hufen scharren. Zehn Minuten später ist es soweit, die Türen zum Saal sind geschlossen, die Urnen werden geleert.

Gemeinderat wird erst am Montag ausgezählt

Bunt ist es keineswegs, was dort aus den Behältern purzelt, sondern stattdessen grau. Zuerst geht es an die Auszählung der Europawahl in Markdorf, die grünen Kreistagswahlscheine und die orangeroten Gemeinderatswahlscheine bleiben noch außen vor. Läuft alles glatt mit der Auszählung der Europawahl, soll am selben Abend noch mit der Kreistagswahl begonnen werden. Gemeinderat und Ortschaftsräte sind dann erst am Montag dran.

Es geht schnell an diesem Abend, zumindest in der ersten Stunde nach Urnenschluss: Um 19.15 Uhr sind bereits 15 von 19 Wahlbezirken ausgezählt. Alle im Rathaus hoffen, dass es dieses Jahr nicht wieder eine solche Hängepartie wie vor fünf Jahren geben wird. Damals hing es an einem Briefwahlbezirk, der nochmals komplett von vorne ausgezählt werden musste. Dann war zähes Warten angesagt. Um 22.03 Uhr schließlich lag das vorläufige Markdorfer Endergebnis erst fest. Einen solchen Abend würde man diesmal gerne vermeiden.

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CDU der klare Gewinner

Das gelingt auch: Bereits um Punkt 19.30 Uhr steht das vorläufige amtliche Endergebnis fest. Die CDU ist mit 32,5 Prozent der haushohe Sieger, die Zahlen liegen im Trend des Bundesergebnisses. Dennoch legt die CDU gegenüber 2019, als sie 32,1 Prozent eingefahren hatte, nur um gerade mal 0,4 Prozentpunkte zu. Die Grünen hingegen müssen einen herben Absturz um knapp zwölf Prozentpunkte hinnehmen und landen bei 15,7 Prozent (2019: 27,4). Die SPD, die bei der Europawahl 2019 in Markdorf noch nahezu halbiert worden war (von 20,8 Prozent 2014 auf 11,0 Prozent), erleidet zwar nur geringe Verluste, rutscht aber weiter ab auf nun 10,1 Prozent.

Um kurz nach 18 Uhr werden auch in der Stadthalle die Urnen geleert (von links): Nicola Benz, Lisa Jäger, Egbert Benz und Evi Gräble.
Um kurz nach 18 Uhr werden auch in der Stadthalle die Urnen geleert (von links): Nicola Benz, Lisa Jäger, Egbert Benz und Evi Gräble. | Bild: Helmar Grupp

AfD überholt die SPD

Damit werden die Sozialdemokraten auch in der Gehrenbergstadt von der AfD überholt. Die Rechtspartei legt deutlich um fast sechs Prozentpunkte zu und kommt auf 13,4 Prozent der gültigen Stimmen. 2019 lag ihr Ergebnis noch bei 7,5 Prozent.

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FDP legt nochmals zu und liegt über dem Kreisschnitt

Durchaus überraschend, jedenfalls, wenn man deren Abschneiden im Bund zum Vergleich heranzieht, ist das starke Ergebnis der FDP: Gegenüber 2019 legen die Liberalen in Markdorf erneut zu und klettern auf 8,7 Prozent. Vor fünf Jahren hatten sie bereits 7,1 Prozent erzielt, nach 3,3 Prozent, die 2014 noch zu Buche gestanden hatten. Lassen sich daraus kommunalspezifische Rückschlüsse ziehen? Immerhin kommt die FDP kreisweit nur auf 7,7 Prozent.

Diese Frage wird sich wohl endgültig am Montag beantworten lassen, wenn das Ergebnis der Gemeinderatswahl feststeht. Fakt ist zumindest, dass das teils hemdsärmelige Auftreten des FDP-Rates Rolf Haas dem Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl in Markdorf nicht geschadet hat.

Der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Wahl. Welche Räte bleiben, welche neuen Gesichter gibt es? Das wird sich im Laufe des ...
Der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Wahl. Welche Räte bleiben, welche neuen Gesichter gibt es? Das wird sich im Laufe des Montag entscheiden. | Bild: Helmar Grupp

Linke spielt auch in Markdorf keine Rolle mehr

Die nächststärkste Partei in Markdorf, und auch das ist interessant, ist das noch junge Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das aus dem Stand heraus auf 4,4 Prozent kommt. Keine Rolle mehr spielt hingegen in Markdorf die Linke, die auch hier ihre Klientel an das BSW verloren hat: Bei mageren 1,5 Prozent wird sie sogar noch von der Satirepartei „Die Partei“ (1,6 Prozent) überholt.

Will man von den EU-Ergebnissen Rückschlüsse aufs Lokale ziehen, was nur sehr bedingt möglich und statthaft ist, so werden wohl nicht wenige kommunalpolitische Akteure in Markdorf erleichtert darüber sein, dass die AfD nicht mit einer eigenen Liste bei den Kommunalwahlen angetreten ist. Mit der Rechtspartei am Ende sogar noch in Fraktionsstärke im Rat wäre dort das künftige Arbeiten sicherlich nicht einfacher geworden – weder für die Fraktionen, noch für die Verwaltung.

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Markdorf bleibt grüner und weniger schwarz als der Kreis

Blickt man auf den Landkreis, sieht man dennoch: Markdorf bleibt tendenziell auch bei dieser Wahl grüner und weniger schwarz als der Schnitt. 34,7 Prozent erreicht die CDU kreisweit und setzt sich damit noch stärker ab von den anderen etablierten Parteien. Die Grünen kommen kreisweit hingegen nur auf 14,1 Prozent, die AfD landet bei 13,4 Prozent. Damit ist aber auch klar: Selbst in der traditionellen Grünen-Hochburg Markdorf haben die Rechten eine ebenso breite Wählerbasis wie im Landkreis. Jeder achte Markdorfer Wähler hat sein Kreuzchen bei der AfD gesetzt.

Wahlbeteiligung höher als 2019

Sehr erfreulich hingegen: Die Wahlbeteiligung ist erneut gestiegen und liegt diesmal bei 68,2 Prozent, gegenüber 67,0 vor fünf Jahren und den niedrigen 55,4 Prozent 2014. Das wiederum lässt auch auf eine recht hohe Wahlbeteiligung für den Gemeinderat und die Ortschaftsräte hoffen.