Wenn beim Zunftmeisterempfang im Großen Saal der Mittleren Kaplanei neben dem Rednerpult ein kleines buntes Stühlchen steht, dann ist bei der Begrüßung der auswärtigen Zünfte und der Gruppen aus der eigenen Historischen Narrenzunft Markdorfs etwas anders als sonst üblich. Und es war Thomas Wagner, Zunftmeister der Leimbacher Hugeloh, der für die Besonderheit der Situation die passenden Worte fand. Wagner sprach von einem „Narrengericht“. Und auf dem Stuhl – in Wahrheit eher eine Anklagebank – musste später dann Oliver Venus, der Zunftmeister der Häfler Seegockel, Platz nehmen.

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Auf dass ihm Markdorfs Zunftmeisterin Birgit Beck derart den Kopf wusch, dass die Stockacher ihre helle Freude daran gehabt hätten, hätten sie die geharnischte Anklagerede der Markdorferin mithören können. Dass der „liebe Oli“ von den Seegockel seine Redezeit beim eigenen Zunftmeisterempfang übermäßig strapaziert, sei schlimm. Schlimmer noch aber sei, „dass du ohne Punkt und Komma redest“, warf Beck ihrem Zunftmeister-Kollegen vor. Am Schlimmsten aber sei etwas anderes: Seine Behauptung, in der Häfler Narrenwelt herrsche nur deshalb eine so gute Ordnung, weil dort die Frauen keine nennenswerte Rolle spielen.

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Der angeklagte Zunftmeister verteidigte sich geschickt. Die Unterrepräsentanz der Frauen schrieb er weiblicher Klugheit zu, die sich nicht den ruppigen Tönen aussetzen möge, die wohl im Fanfarenzug gelegentlich anklingen. Im Übrigen schloss sich Oli Venus dem an was Kaplanei-Hausherr Ulrich Hund, Pfarrer und Narrenrat in Markdorf, zuvor bei seiner Narrenmessen-Predigt in der Kirche angesprochen hatte und dann beim Zunftmeisterempfang wiederholte: Ausgrenzen gehe gar nicht – Toleranz sei nötiger denn je. Und niemand solle sich von Lügnern und Bangemachern zum falschen Kreuz auf dem Wahlzettel verleiten lassen. „Narren sind Vielfalt“, laute die Devise.

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Und beim Zunftmeisterempfang wurde eben diese Vielfalt überdeutlich. Da zeigten sich außer den Seegockel aus dem Hafen noch Zünfte aus Laupertshausen, Seelfingen, Ahausen, Salem samt Ortsteilen, Wilhelmsdorf und natürlich noch die Narren aus Markdorf und Umgebung.

All ihnen wünschte Zunftmeisterin Beck „eine glückselige Fasnet.“ Unglückseliges kam indes auch noch zur Sprache. Die Sache mit dem abmontierten Balkon am Markdorfer Rathaus, natürlich auch das Finanzloch, das die Sanierung in die Stadtkasse riss. Aufs Sünderbänklein musste Bürgermeister Georg Riedman deswegen aber nicht. Der bunte Stuhl war dem Häfler Zunftmeister vorgehalten. Vielleicht spielte auch Mitleid mit. Weil die Markdorfer Jung-Vermesser den Schultes beim Rathaussturm so heftig die Rutsche hinabgeschickt hatten.