Und plötzlich steht die Welt still.... der Tod eines ungeborenen Babys bringt alles ins Wanken und nichts ist mehr, wie es zuvor war. Zu Eltern eines Sternenkindes wird man unerwartet und unvorbereitet. Bei Saskia Dickhut und ihrem Mann war dies im Sommer 2021 der Fall. Die Markdorferin brachte ihren Sohn in der 16. Schwangerschaftswoche still zur Welt. Ein Schock für die Familie, die sich neben Trauer und Schmerz mit vielen rechtlichen Fragen auseinandersetzen musste.

Denn in dieser Ausnahmesituation müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden. Saskia Dickhut fühlt sich damals alleingelassen, sie vermisst im Bodenseekreis eine Anlaufstelle, an die sich Eltern, die ihr Kind verloren haben, wenden können – wo sie Hilfe und Beratung bekommen. Gemeinsam mit Freundin und Hebamme Angela Sombrowski gründet sie im Juli 2022 den Verein Sternenkinder Bodensee, der Eltern ab der Diagnose und darüber hinaus begleitet. Als Sternenkind werden Kinder bezeichnet, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben.

Wer mit dem Verlust eines Kindes vor, während oder nach der Geburt umgehen muss, kann sich Hilfe beim Verein Sternenkinder suchen. An ...
Wer mit dem Verlust eines Kindes vor, während oder nach der Geburt umgehen muss, kann sich Hilfe beim Verein Sternenkinder suchen. An der Wand im Vereinsraum erinnern die Sterne an die Sternenkinder. | Bild: Nosswitz, Stefanie

Eigener Raum zum Austausch

Drei Jahre später hat der Verein mit einem Raum in der Robert-Bosch-Straße in Markdorf sein Zuhause gefunden. In dem Wohnzimmer finden Gesprächskreise, Gruppenangebote, Begleitung und Beratung statt. „Das war die größte Veränderung und größte Erleichterung, einen eigenen Raum zu haben“, sagt Saskia Dickhut.

Der Verein trägt sich ausschließlich über Spenden, und so sei es nicht einfach gewesen, etwas Passendes und Bezahlbares zu finden. Zweimal im Monat findet ein Gesprächskreis statt – eine offene Gruppe, an der Mütter und selbstverständlich auch Väter teilnehmen können. Für die Zukunft ist ein Angebot für Geschwisterkinder geplant und man sei am überlegen, einen separaten Gesprächskreis für die Männer einzurichten. Denn so Dickhut: „Väter trauern anders, denn sie haben das Kind nicht in sich getragen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Zum Team rund um Saskia Dickhut gehört auch Trauerbegleiterin Cornelia Dietsche aus Friedrichshafen. Die Trauer müsse verarbeitet werden, damit etwas Neues entstehen kann. Diese Erfahrung hat nicht nur Saskia Dickhut gemacht. Jede sechste Frau erleidet laut dem Verein mindestens eine Fehlgeburt, davon jede fünfte nach der zwölften Schwangerschaftswoche. Dennoch sei die Betreuung der betroffenen Eltern nach wie vor zu verbessern, sagt Dickhut.

Verein kümmert sich auch um die Bestattung

Auch in den Krankenhäusern würde sie sich eine bessere Aufklärung und Beratung wünschen. „Viele wissen zum Beispiel nicht, was Eltern nach einer Totgeburt dürfen und was nicht.“ So darf ein Sternenkind, das unter 500 Gramm wiegt, den Eltern übergeben und individuell bestattet werden. Hier hilft der Verein und kümmert sich ab der Diagnose und Geburt, über die Abholung bis zur Bestattung und Trauerfeier. „Wir planen gemeinsam den Abschied“, so Dickhut. Jedes Leben, wie kurz es auch gewesen sein mag, habe es verdient, gefeiert und in Würde verabschiedet zu werden.

Der Verein, der bekannter werden möchte, geht mit der Kampagne ‚Unsichtbare Mama‘ in die nächste Runde. Hier werden Frauen gesucht, die das Thema enttabuisieren und sich fotografieren lassen. Termin ist am Samstag, 10. Mai im Mikado in Friedrichshafen, hier findet von 10 bis 16 Uhr ein Tag für Sternenkindeltern statt. „Die Hemmschwelle, uns zu kontaktieren, ist nach wie vor groß“, lautet der Eindruck von Saskia Dickhut. Dabei sei es gerade bei einem solchen unerwarteten Schicksalsschlag wichtig, sich Hilfe zu suchen. „Da kann am Morgen noch alles in Ordnung sein und dann geht es ganz schnell“, sagt Dickhut. Selten habe man die Möglichkeit, sich ab dem Zeitpunkt der Diagnose und/oder der stillen Geburt mit der Situation auseinanderzusetzen.

Im Vereinsraum ist Zeit für Trauerarbeit. Hier wurden Steine mit den Namen der Sternenkinder bemalt.
Im Vereinsraum ist Zeit für Trauerarbeit. Hier wurden Steine mit den Namen der Sternenkinder bemalt. | Bild: Nosswitz, Stefanie

Kostbare Schätze als Erinnerung

Der Verein informiert und klärt über die nächsten Schritte auf. Denn die ersten und zeitgleich auch letzten Augenblicke sind kostbar. Saskia Dickhut und ihr Team helfen bei Entscheidungen und geben wertvolle Tipps, zum Beispiel, dass es wichtig ist, das verstorbene Kind zu sehen und zu berühren oder professionelle Fotos machen zu lassen. Hand- oder Fußabdrücke oder eine Haarsträhne können kostbare Schätze sein und helfen, zu verarbeiten, aber auch Erinnerungen festzuhalten.