Ein Ittendorfer Landwirt möchte auf einer seiner Flächen Agri-Photovoltaikanlagen aufstellen lassen. Mit dieser Technik würden auf dem rund elf Hektar großen Areal etwa 11,5 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt werden. Gleichzeitig aber stünde das Gelände auch weiterhin zur Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung. Der Beitrag zu CO2-Einsparung beliefe sich auf rund 7000 Tonnen. Das hatten Jonas Steur und Manuel Madlener von der Solmotion Project GmbH in Ravensburg vorgerechnet, als sie das geplante Projekt im Januar im Gemeinderat präsentiert hatten.

Es bedarf eines Bebauungsplanes

Doch ohne Weiteres lässt sich die Installation der Agri-PV-Anlage nicht durchführen, wie in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates deutlich wurde. Denn dafür muss zunächst der geltende Flächennutzungsplan verändert werden, damit ein Bebauungsplan erstellt werden kann. Bisher sind die betroffenen Flurstücke als „landwirtschaftliche Fläche“ ausgewiesen. Künftig aber sollen sie als „Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „Agri-Photovoltaikanlagen“ gelten.

Im Regionalplan ist das Areal in Wirrensegel als Grünzug ausgewiesen. Damit wären Freiflächen-Solaranlagen unzulässig, solange es sich weder um Waldflächen noch um „beste landwirtschaftliche Standorte“ handelt, die in Landschaftsräumen von „hervorragender Vielfalt, Eigenart und Schönheit“ liegen. Ausnahmen werden nur dann gemacht, wenn statt reinen Freiflächenphotovoltaikanlagen (ohne agrarische Nutzung) Agri-Photovoltaikanlagen (mit landwirtschaftlicher Nutzung) errichtet werden sollen.

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Ittendorfer Ortschaftsrat diskutierte kontrovers

Wie Simon Pfluger, CDU-Stadtrat und Ortsvorsteher in Ittendorf, dem Gemeinderat berichtete, wurde die Angelegenheit im Ortschaftsrat sehr kontrovers diskutiert. Schließlich habe sich das Gremium aber mit drei zu zwei Stimmen für eine Änderung des Flächennutzungsplanes ausgesprochen.

Simon Pfluger, CDU-Stadtrat und Ortsvorsteher in Ittendorf, berichtet, dass die Angelegenheit im Ortschaftsrat sehr kontrovers ...
Simon Pfluger, CDU-Stadtrat und Ortsvorsteher in Ittendorf, berichtet, dass die Angelegenheit im Ortschaftsrat sehr kontrovers diskutiert wurde. | Bild: CDU

„Mit der Agri-PV-Anlage bei Wirrensegel wäre Ittendorf dann CO2-neutral“, so Pfluger. Er ließ aber durchblicken, dass man sich in Ittendorf sorge, dass immer mehr landwirtschaftliche Flächen aus der direkten Lebensmittelproduktion herausfallen, wenn sie – als Agri-PV-Anlagen – eigentlich nur noch als Grasland genutzt werden könnten.

FDP-Stadtrat Rolf Haas kritisiert „Hasenkleeanbau“

FDP-Stadtrat Rolf Haas griff die Argumentation auf. „Beim Anbau von Hasenklee handelt es nicht um eine wirklich wertvollen Anbau.“ Kritisch sehe er, dass die Speicherfrage für den geernteten Strom keineswegs gelöst ist, im Grunde also nicht die Stromversorgung im Vordergrund stehe, sondern eine Stromproduktion angekurbelt werde, weil dies subventioniert werde.

Uwe Achilles, Sprecher der SPD/Die-Grünen-Fraktion. zeigte sich verwundert. Er erinnerte Hass an dessen früher gemachte Aussagen über die vermeintlich industriell betriebene Agrarproduktion im Süden Markdorfs und die angeblich „gülleverseuchten Äcker“ dort. Im Übrigen, so der SPD-Stadtrat, liege es in der Entscheidung des Antragstellers, ob seine Agri-PV-Anlagen hinreichend wirtschaftlich seien. Und dass das Landschaftsbild noch weiter beeinträchtigt werde, glaubt Achilles eher nicht.

Hagelnetze gehören auch um Markdorf längst zum Landschaftsbild – künftig kommen auch PV-Module hinzu.
Hagelnetze gehören auch um Markdorf längst zum Landschaftsbild – künftig kommen auch PV-Module hinzu. | Bild: Jörg Büsche

Lieber Agri-PV als Energie-Mais

„Ich bin Anlieger dort“, meldete sich Umweltgruppen-Stadtrat Martin Roth zu Wort. Er blickt auf mit Hagelnetz überzogene Obstplantagen. Er sieht auch die Flächen, auf denen Energiemais erzeugt wird. Jener Mais also, der angebaut wird, damit er in Biogasanlagen zur Energieerzeugung genutzt werden kann. „Da finde ich Agri-PV-Anlagen schon sehr sinnvoll – sinnvoller als Energiemais“, so Roth.

Martin Roth ist Stadtrat und Ittendorfer Ortschaftsrat. Er findet Agri-PV-Anlagen sinnvoller als Energiemais.
Martin Roth ist Stadtrat und Ittendorfer Ortschaftsrat. Er findet Agri-PV-Anlagen sinnvoller als Energiemais.

Agri-PV-Anlagen statt Windräder

„Lieber Agri-Photovoltaik-Anlagen als Windkraftanlagen“, brachte Dietmar Bitzenhofer, Fraktionssprecher der Freien Wähler, ein – außerdem das Argument: „Jede Region hat ihre besonderen Talente – und unser Talent liegt sicherlich bei der Sonnenenergie.“ CDU-Fraktionssprecherin Kerstin Mock schloss sich Simon Pfluger an. „Ich sehe da schon auch das Spannungsfeld, dass einerseits immer mehr Flächen in Agri-PV-Anlagen umgewandelt werden, weil Landwirte ihr Betätigungsfeld auf die Energieerzeugung ausweiten.“ Da stelle sich ihr durchaus die Frage: „Wo geht die Landwirtschaft in Zukunft hin?“.

In Ittendorf besteht die Sorge, dass immer mehr Flächen aus der Produktion herausfallen – teils durch Renaturierung – wie hier –, teils ...
In Ittendorf besteht die Sorge, dass immer mehr Flächen aus der Produktion herausfallen – teils durch Renaturierung – wie hier –, teils durch Umwandlung in Agri-PV-Areale. | Bild: Jörg Büsche
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Entscheidung fällt im Gemeindeverwaltungsverband

Der Gemeinderat sprach sich dann mehrheitlich für den Aufstellungsbeschluss zur Änderung der Flächennutzungsplanfortschreibung aus. Des Weitern wurden die im Gemeindeverwaltungsverband sitzenden Mitglieder beauftragt, dort für eine Änderung des Flächennutzungsplans zu stimmen. Die Öffentlichkeit sowie die Träger öffentlicher Belange sind an dem Verfahren zu beteiligen.