Es sind nicht nur die vielen alten Hofstellen und Fachwerkhäuser, die einen merken lassen, dass man sich hier in einem Dorf befindet. Vor allem das soziale und kulturelle Leben hat bis heute den dörflichen Charakter in Ittendorf erhalten. Nun ist eben dieser Charakter in Gefahr, denn aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohnraum und der vielfach beschworenen Nachverdichtung drohen viele der alten Höfe in naher Zukunft ersetzt zu werden, was sich optisch bemerkbar machen wird.

Ortsvorsteher Bernhard Grafmüller ist es ein Anliegen, dass sich das Gesamtbild in Ittendorf moderat verändert.
Ortsvorsteher Bernhard Grafmüller ist es ein Anliegen, dass sich das Gesamtbild in Ittendorf moderat verändert. | Bild: Jan Manuel Heß

Rundgang mit Ortsvorsteher Bernhard Grafmüller

Der SÜDKURIER hat sich mit Ittendorfs Ortsvorsteher in dem Ortsteil mit seinen rund 700 Einwohnern umgesehen. „Man befindet sich in einer Zwickmühle zwischen nachhaltiger Veränderung einerseits und Erhalt des dörflichen Charakters andererseits“, stellt Bernhard Grafmüller zu Beginn des Rundgangs fest. Seit Juni ist klar, dass in der Kirchstraße, nur einen Steinwurf von der Kirche entfernt, ein alter Hof abgerissen werden soll, um drei Gebäuden mit insgesamt 16 Wohneinheiten Platz zu machen.

Dieser alte Hof in der Kirchstraße hat ausgedient und sein Abbruch steht unmittelbar bevor. An seiner Stelle sollen drei Gebäude mit ...
Dieser alte Hof in der Kirchstraße hat ausgedient und sein Abbruch steht unmittelbar bevor. An seiner Stelle sollen drei Gebäude mit insgesamt 16 Wohneinheiten, eine Tiefgarage mit 20 Stellplätzen sowie vier oberirdische Stellplätze und ein Spielplatz entstehen. | Bild: Jan Manuel Heß

„Es gibt immer Wandel, er muss sein, doch wie soll der aussehen? Das ist die entscheidende Frage. Dafür müssen Werkzeuge geschaffen werden, mit denen das Bauamt und der Gemeinderat gestalterisch Einfluss auf Bauvorhaben nehmen können“, so Grafmüller. Etwa bei der Frage, ob ein Gebäude eingeschossig sein dürfe oder nicht.

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Im Bereich rund um die Kirche gibt es keinen Bebauungsplan, der so etwas regeln würde, dort gilt Paragraf 34a des Baugesetzbuchs, der besagt, dass ein Vorhaben zulässig ist, „wenn es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“. Am Beispiel des alten Schulgebäudes zeigt Grafmüller auf, was das bedeuten könnte. „Wenn die Nachbargebäude irgendwann einmal durch neue ersetzt werden würden, dann könnte man sich an dem recht hohen Schulgebäude orientieren und das Schulhaus würde in einer Häuserzeile untergehen.“

Das alte Ittendorfer Schulhaus ist denkmalgeschützt und verfügt über eine stattliche Höhe. Auf dem benachbarten Grundstück könnte ...
Das alte Ittendorfer Schulhaus ist denkmalgeschützt und verfügt über eine stattliche Höhe. Auf dem benachbarten Grundstück könnte irgendwann einmal ein ebenso hohes Gebäude gebaut werden, was den Gesamtcharakter dieses Bereichs stark verändern würde. | Bild: Jan Manuel Heß

Städtebaulicher Rahmenplan soll Dorfbild erhalten

Daher begrüße er die Bestrebungen der Stadt, einen städtebaulichen Rahmenplan für das Gebiet zu erarbeiten, damit das Ortsbild sich möglichst moderat verändert. Denn ihm ist klar, dass die Architektur und die Gestaltung der Fassaden stets dem Zeitgeist unterliegen und sich allein dadurch das Ortsbild verändern werde, sagt Grafmüller.

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Ittendorfer wünschen keine zu dichte Bebauung

Die markante Flucht der Häuser in der Kippenhauser Straße ist für Grafmüller unbedingt erhaltenswert, doch gelte es bei künftigen Bauvorhaben, Details zu beachten. So sollte ihm zufolge darauf geachtet werden, dass die Gebäude nicht zu nah an der Straße gebaut werden. Besonders sollte nicht zu dicht aneinander gebaut werden – dies würde dem dörflichen Bild erheblich Schaden, betont er. „Darauf muss geachtet werden, natürlich möchten Vorhabenträger dichter bauen, um so mehr Gebäude errichten zu können, aber das widerspricht dem dörflichen Charakter“, so Grafmüller.

Die Kippenhauser Straße bildet einen einheitlichen Straßenzug, den es zu bewahren gilt. Zwar fügen sich Neubauten (links im Bild) in die ...
Die Kippenhauser Straße bildet einen einheitlichen Straßenzug, den es zu bewahren gilt. Zwar fügen sich Neubauten (links im Bild) in die Optik ein, doch wird der geringe Abstand zur Straße durchaus als kritisch angesehen. | Bild: Jan Manuel Heß

Höfe werden aus dem Dorfbild verschwinden

Nüchtern betrachtet ist sich der Ortsvorsteher im Klaren darüber, dass sich Ittendorf in den kommenden Jahren verändern wird. Wenn ein Hof aufgegeben wird, wird es neue Flächen für Wohnraumbebauung geben. „Und es sind ja nicht nur die alten Wohnhäuser, jeder Hof hat Wirtschaftsgebäude, die ebenfalls bebaut werden können.“ Doch noch will nicht jeder sofort ein altes Bauernhaus in einen Wohnblock verwandeln, weiß Bernhard Grafmüller aus vielen Gesprächen mit den Bürgern.

Dieses Gebäude in der Kippenhauser Straße steht derzeit leer, doch soll es erhalten bleiben und nicht duch einen Neubau ersetzt werden.
Dieses Gebäude in der Kippenhauser Straße steht derzeit leer, doch soll es erhalten bleiben und nicht duch einen Neubau ersetzt werden. | Bild: Jan Manuel Heß

Ittendorf wird sich verändern – aber wie?

Was die Zukunft betreffe, müsse man sich den Status Ittendorfs als Stadtteil von Markdorf bewusst machen. Dies bedeute: Wenn Markdorf wächst, werde auch Ittendorf mitwachsen. Zwar sei im Regionalplan ein weiteres Wohngebiet in der Ahauser Straße vorgesehen, doch werde der benötigte Wohnraum vor allem durch Nachverdichtung entstehen, da diese das größte Potenzial biete.

Für Grafmüller stellen sich genau an diesem Punkt die entscheidenden Fragen: „Was heißt eigentlich ‚dörflicher Charakter‘? Wer definiert ihn?“ Das Baugesetzbuch mit seinen Paragrafen helfe da nicht weiter. „Es sind die Vereine, die Menschen und das Miteinander“, ist der Ortsvorsteher überzeugt.