Die Südumfahrung Markdorf ist planfestgestellt und somit baureif. Das heißt, der Landkreis als Baulastträger des Kreisstraßenbauprojekts kann nun in die konkreten Bauplanungen einsteigen. Dies hat der Kreistag im Frühjahr bereits getan, als er die Entwurfsplanung für das rund drei Kilometer lange Straßenbauwerk beschlossen hatte. Im kommenden Winter, so sieht es die aktuelle Planung vor, soll der Baubeschluss gefällt werden. Diese Entscheidung wird der Kreistag treffen, die Stadt Markdorf hat dabei kein Mitspracherecht.
Die Stadt wird gehört werden, darf aber nicht mitentscheiden
Seitdem der Vertrag zwischen Ex-Bürgermeister Gerber und dem Landkreis publik wurde und seit die Stadt mit Georg Riedmann einen neuen Bürgermeister bekommen hatte, mehren sich aber die Stimmen, die zumindest noch eine Anhörung der Stadt vor dem Beschluss fordern. Diese Forderung wird auch von der Kreisverwaltung als berechtigt angesehen. Mit Blick auf den in wenigen Monaten vorgesehenen Baubeschluss hat dieses Thema im Frühjahr nochmals Fahrt aufgenommen. UWG und SPD brachten im Gemeinderat einen gemeinsamen Antrag für eine Resolution an den Kreistag durch, in der gefordert wurde, die Stadt solle eine „gleichberechtigte Mitsprache“ beim Baubeschluss eingeräumt bekommen.

Die Resolution ging an den Kreistag, wo die Fraktionen von SPD und Grünen einen eigenen Antrag dazu einbrachten, allerdings mit der geänderten Formulierung, dass die Südumfahrung ohne die Zustimmung Markdorfs gar nicht gebaut werden dürfe. Dieser Antrag fand im Kreistag im Mai jedoch keine Mehrheit. Stattdessen beschloss das Gremium, der Stadt Markdorf das Recht auf eine Stellungnahme zu gewähren, die dann von den Kreisräten bei der Entscheidung über den Baubeschluss berücksichtigt werden sollte. Der Knackpunkt: De facto sind die Kreisräte nicht an das Votum dieser Stellungnahme gebunden, sie würde lediglich einen empfehlenden Charakter haben.
Nach der Kreistagsentscheidung kam dann das Thema Bürgerentscheid ins Spiel: Es ging um die Frage, ob für eine Stellungnahme der Stadt das Votum von Gemeinderat und Verwaltung ausreichend sei oder ob nicht doch die Bürgerschaft als Ganzes dazu nochmals gehört werden sollte.
Bürgerentscheid-Antrag im Gemeinderat fand keine Mehrheit
UWG und SPD brachten den Bürgerentscheid als Antrag in den Gemeinderat ein. Dort sprach sich allerdings im Juni die Mehrheit gegen einen neuen Bürgerentscheid aus. Nachdem die beiden Fraktionen mit ihrem Antrag gescheitert waren, sprang das Aktionsbündnis Stop Südumfahrung auf den Zug auf und kündigte ein eigenes Bürgerbegehren an, mit dem Ziel, auf diesem Wege doch noch einen Bürgerentscheid herbeizuführen.

In den vergangenen Wochen hatte das Bündnis Unterschriften für sein Bürgerbegehren gesammelt. Knapp 800 Unterschriften, entsprechend sieben Prozent der Markdorfer Wahlberechtigten, müssen die Umfahrungsgegner im Rathaus einreichen, sollte das Bürgerbegehren erfolgreich sein und ein Bürgerentscheid auf diesem Wege kommen. Ist das Bürgerbegehren erfolgreich, wäre ein Bürgerentscheid im Herbst denkbar. Dabei sollen der Formulierung zufolge, die das Bündnis gewählt hat, die Markdorfer über folgende Frage abstimmen können: „Soll die Stadt Markdorf in ihrer Stellungnahme an den Kreistag den Bau der Südumfahrung (K 7743) ablehnen?“ Wer also mit Ja stimmt, stimmt gegen die Südumfahrung.
Wichtig ist aber: Der Bürgerentscheid selbst hätte keinerlei bindende Wirkung – anders, als es etwa bei dem Bürgerentscheid um den Rathaus-Umzug ins Bischofschloss der Fall gewesen ist, der den vorgesehenen Umzug der Stadtverwaltung schlussendlich gekippt hatte.
Ein Bürgerentscheid hätte keine bindende Wirkung für den Kreistag
Der aktuelle Bürgerentscheid wäre alleine die Grundlage für die Stellungnahme der Stadt an den Kreistag. Fiele der Bürgerentscheid zugunsten der Umfahrungsgegner aus, dürfte die Stadt erwartungsgemäß also einen negativen Bescheid zum Baubeschluss an das Kreisgremium weitergeben.
Ob der Kreistag einer solchen negativen Stellungnahme dann tatsächlich auch folgen wird, steht jedoch auf einem ganz anderen Blatt, denn auch für die Kreisräte ist die Stellungnahme aus Markdorf bei ihrem Beschluss über den Bau der Straße nicht bindend. Zwar verfolgt das Aktionsbündnis gegen die Umfahrung ein ganz klares Ziel: „Wir glauben, dass ein Bürgerentscheid gegenüber dem Kreis als Bauträger ein so großes politisches Gewicht hätte, dass sich der Kreis kaum darüber hinwegsetzen kann“, schreibt die Initiative. Ihre Mitglieder sind überzeugt: Wenn ein Bürgerentscheid gegen das Vorhaben ausfällt, könne sich der Kreistag über dieses Votum nicht hinwegsetzen.
Aber das muss keineswegs so sein. Die Kreisräte können auch gegen das Votum der Stadt Markdorf entscheiden. Und bislang waren auch im Kreistag bei allen bisherigen Entscheidungen zur Südumfahrung die Befürworter des Vorhabens klar in der Mehrheit. Es ist also durchaus anzunehmen, dass sich daran auch beim Baubeschluss nichts ändern wird – unabhängig davon, in welche Richtung ein Markdorfer Bürgerentscheid ausfällt. Denn auch letzteres ist noch möglich: Dass ein über das Bürgerbegehren herbeigeführter Bürgerentscheid zum Eigentor für die Umfahrungsgegner wird: Dann nämlich, wenn sich die Mehrheit der abstimmenden Bürgerschaft für die Südumfahrung ausspricht – und Verwaltung und Gemeinderat dieses Votum mit auf den Weg in den Kreistag gibt.

Stand jetzt ist der Baubeschluss zur Südumfahrung auf das Jahresende 2021 terminiert, nachdem das Landratsamt im Herbst nochmals aktualisierte Zahlen zu den Kosten vorlegen möchte. Derzeit verdichten sich allerdings die Hinweise darauf, dass der Beschluss aufgrund von Verzögerungen eventuell erst zu Beginn des Jahres 2022 gefällt werden kann.
Eventuell verzögert sich der Baubeschluss ins neue Jahr
Auf Anfrage des SÜDKURIER hatte die Kreisverwaltung zuletzt jedoch nochmals betont, dass der Baubeschluss nach wie vor noch für das laufende Jahr angesetzt sei. Aktuell, so heißt es in der jüngsten Antwort des Landratsamtes, gebe es „etwas Verzögerung“ bei den laufenden Baugrunduntersuchungen. Außerdem fehle noch die Rückmeldung der Bahn zu den Planungen. Die Kreisverwaltung arbeite aber „mit Hochdruck“ daran, die beauftragten oder beteiligten Unternehmen dazu zu bewegen, ihre Unterlagen noch rechtzeitig vorzulegen, heißt es in dem Schreiben an die Redaktion.
Sollte der Baubeschluss allerdings doch noch ins neue Jahr verschoben werden müssen, hätten Initiative, Stadt und Gemeinderat noch einige Wochen mehr zeitliche Luft für die Organisation des Bürgerentscheids. Diesen gestreckten Zeithorizont werde man wegen der nötigen Fristen eventuell auch brauchen, heißt es aus dem Markdorfer Rathaus.