Warum er sich das antue? Ja, sagt Claudius Beck lachend, die Frage stelle er sich öfter. Warum er immer noch weiterarbeitet, auch nachdem er längst im Ruhestand ist – und auf ein nicht nur erfolgreiches, sondern überdies auch erfüllendes Arbeitsleben zurückblicken darf: als Kulturamtsleiter in Rheinfelden bis 2020, als Inhaber einer eigenen Kulturagentur, als ehemaliger Leiter des städtischen Jugendreferats von Friedrichshafen.
Und an Arbeit mangele es ihm ganz gewiss nicht. Seit April leitet er den neuen Bürgertreff Ulrich 5 in der Markdorfer Ulrichstraße. Zu seinen Aufgaben gehören Programmplanung, Kommunikation und die Medienarbeit. „Bestuhlen muss ich nicht im Ulrich 5 – hat es bei den ersten Gesprächen geheißen“, so Beck. Der in der Praxis heißt es auch für den Leiter des Bürgertreffs, einen Raum für Kultur, Information und Begegnung, mit anzupacken, wenn es ans Aufräumen oder Vorbereiten geht.
Verwaltung ist besonders
Wie Verwaltung funktioniert, wie Behörden ticken, das weiß Claudius Beck nur zu genau – allerspätestens nach 14,5 Jahren Leitung des Rheinfeldener Kulturamts. Trotzdem stören ihn immer noch die Reibungsverluste, die der Behördenapparat, die die Bürokratie und die kleinteiligen Regularien der Verwaltungsabläufe für seine Arbeit bedeuten. Wer mit ihm redet, stellt fest: Beck redet schnell, Beck denkt schnell und Beck entwickelt rasch neue Ideen. Da sind Reibungsverluste gewissermaßen vorprogrammiert. Obendrein aber ist Claudius Beck auch noch ein kritischer Kopf und neigt zu großer Offenheit – wie seine Moderationen der kommunalpolitischen Podiumsrunden im Ulrich 5 vor der jüngsten Gemeinderatswahl gezeigt haben.

Ein lebendiger Raum, der zur Belebung beitragen soll
„Warum tue ich mir das hier an?“ kommt Beck nach einer Weile doch noch auf die Eingangsfrage zurück. Ihm habe die Grundidee gefallen, mitten in der Stadt eine „Werkstatt der Möglichkeiten“ einzurichten. Eine Art Laboratorium, in dem sich die unterschiedlichsten Protagonisten der Stadtgesellschaft treffen, austauschen. Einen Ort, an dem Gespräch und Kreativität stattfinden kann. Einen Raum, der Neugierige anlockt. „Einen lebendigen Raum“, so Claudius Beck, „der zur Belebung der Innenstadt beiträgt.“
Ihm sei durchaus klar, dass dies nicht von jetzt auf gleich geschehe. „Es braucht Zeit, bis Menschen ihre Gewohnheiten verändern und neue Gewohnheiten annehmen – zum Beispiel regelmäßig im Ulrich 5 vorbeischauen.“ Etliche positive Rückmeldungen habe er schon bekommen – auch Zuspruch für‘s Programm. „Und es kommen immer mehr Leute mit Vorschlägen“, berichtet Beck. Autoren, die ein Buch geschrieben haben, Menschen, die sich mit spannenden Themen beschäftigen. „Es ist wirklich unglaublich, wer hier in Markdorf wohnt.“ Menschen, die schon viel bewegt haben. Menschen mit überaus interessanten Biografien.
Optimismus als Wesenszug
Noch hegt Claudius Beck die Hoffnung, dass sich das Ulrich-5-Konzept auch nach dem August 2025 fortführen lässt. Dann nämlich fallen die Mittel fort, mit denen das ZIZ-Programm der Bundesregierung derzeit noch die Belebung der Innenstädte ankurbelt. „Wenn sich unsere Haushaltslage bis dahin nicht verbessert, sehe ich eher schwarz“, erklärt Beck. Dabei sei er im Grunde stets optimistisch. „Optimistisch und hyperaktiv“, beschreibt er sich als Jugendlichen. Zusammen mit Mitstreitern in der KjG, der Katholischen jungen Gemeinde, „haben wir in den 1970ern bis zu 16 Kinder- und Jugendgruppen betrieben, fünf Ferienlager im Jahr angeboten – drei im Sommer, zwei im Winter“.
Weitere Projekte kamen hinzu – zum Beispiel die Zeitungen für Kinder, für Jugendliche, der Abenteuerspielplatz in der Breslauer Straße. Da schien der weitere Weg gebahnt: die Ausbildung zum Erzieher. „Ich wollte dann aber nicht in den Kindergarten.“ Stattdessen wurde er in die katholische Jugendarbeit, wurde Dekanatsreferent in Friedrichshafen, studierte schließlich Soziale Arbeit in Freiburg. Kempten im Allgäu und wieder Friedrichshafen heißen die nächsten Stationen. Molke, Spielehaus, Theatertage am See, Kulturufer, Spielebus – vieles stößt er an, vieles besteht fort.
Viel mehr als nur Vorträge
Der Blick ins aktuelle Programm des Ulrich 5 zeigt, dass dort nicht nur Kultur geboten wird. Gesungen und musiziert wird zwar auch. Es gab schon Kinder-Kino, ein lateinamerikanisches Folklore-Konzert oder die Ausstellung mit Bildern aus der Jugendkunstschule Bodenseekreis. Andererseits gibt es Veranstaltungen, die lokales Handeln und globales Denken in Einklang bringen möchten, die beim Planen der eigenen PV-Anlage helfen, über KI aufklären oder sich die Online-Sicherheit von Kindern ansprechen. „Vielseitig und interessant muss es sein“, formuliert Claudius Beck seinen programmatischen Anspruch. Ganz offen zeigt er sich übrigens für Anregungen und inhaltliche Unterstützung.