Silja Beck schaut auf die Ukraine. Sie erschrecken die Bilder aus dem Kriegsgebiet. „In Anbetracht der geopolitischen Lage fällt es schwer, sich auf die lokalen Geschehnisse zu fokussieren“, erklärt die Markdorferin. Silja Beck engagiert sich seit einem dreiviertel Jahr bei Klimaplan Markdorf. Einer Gruppe, die auf kommunaler Ebene dazu beitragen will, dass das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht wird.

Klimaschutzmanagement ist Thema im Gemeinderat

Zuletzt hat sich Klimaplan Markdorf schriftlich an die Stadträte gewandt. Darüber hinaus legte die Gruppe der Verwaltung eine Präsentation vor, wie die Gemeinde auf die erforderliche Klimaneutralität hinarbeiten könnte. „Und das Gespräch mit der Verwaltung erweist sich als überraschend fruchtbar“, berichtet Silja Beck. Unterdessen arbeitet die Stadt auch eigenständig am Thema. Bei der Gemeinderatssitzung am Dienstag steht das Klimaschutzmanagement auf der Tagesordnung. Der Klimaplan-Gruppe wurde bereits Einblick in die Beratungsunterlagen gewährt, erklärt Beck. „Wir verfassen gerade eine Stellungnahme.“

SÜDKURIER-Mitarbeiter Jörg Büsche verfolgt die Videokonferenz zwischen Silja Beck und Magdalena Ulmer.
SÜDKURIER-Mitarbeiter Jörg Büsche verfolgt die Videokonferenz zwischen Silja Beck und Magdalena Ulmer. | Bild: Jörg Büsche
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Welt steht vor einer entscheidenden Weichenstellung

„Eines ist ganz klar“, sagt Magdalena Ulmer, gleichfalls engagiert bei Klimaplan Markdorf, „uns rennt die Zeit davon.“ Bestätigt sieht sie sich dabei durch den vor wenigen Tagen vom Weltklimarat (IPCC) vorgelegten neuen Teilbericht. Die Welt stehe vor einer entscheidenden Weichenstellung, heißt es darin. Denn der Zeitraum, schwerwiegendere Klimaschäden aufzuhalten, sei begrenzt. Gefordert wird ein tief greifender Wandel des Lebensstils, ein anderes Umgehen mit Natur, das Schonen von Ressourcen.

Auf lange Sicht seien solche Umstellungen entschieden günstiger als die Kosten, die ein ungebremster Klimawandel nach sich zöge. Die Gefahr, dass sich Hitzewellen, Starkregen, Stürme massiv häufen, steige massiv, wenn das 1,5-Grad-Klimaziel nicht erreicht wird. Quasi zeitgleich hat die Umweltorganisation German Zero den im Bundestag vertretenen Fraktionen ein eigenes Gesetzespaket an die Hand gegeben, erklärt Silja Beck. Einen Masterplan mit Maßnahmen in Bereichen wie Verkehr, Landwirtschaft, Energie, Gebäude.

Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs ist aus Sicht der Klimaplan-Gruppe unverzichtbar, wenn die Klimaziele noch erreicht ...
Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs ist aus Sicht der Klimaplan-Gruppe unverzichtbar, wenn die Klimaziele noch erreicht werden sollen. | Bild: Jörg Büsche

Dringender Handlungsbedarf auf kommunaler Ebene

Dringender Handlungsbedarf herrscht auch auf kommunaler Ebene, in den Gemeinden. „Dabei aber den Hebel nur im öffentlichen Bereich anzusetzen, dort, wo die Stadt entscheiden und agieren kann, reicht aus unserer Sicht aber nicht hin“, erklärt Silja Beck. Das würde nur einen sehr kleinen Bereich erfassen.

Mit angesprochen werden müsste die gesamte Bürgerschaft, außerdem auch die örtliche Wirtschaft – Handel, Handwerk, Industrie. Und die Gruppe wünscht sich, dass ein möglichst breiter Teil der Stadtgesellschaft die Arbeit am Erreichen der Klimaneutralität als Chance begreift, erklärt Magdalena Ulmer. „Wenn wir jetzt in unsere Zukunft investieren, werden wir später davon profitieren.“ Als Beispiel nennt sie die Natur. Saubere Luft, klare Gewässer, intakte Landschaft böten mehr Lebensqualität.

Auch der Landschaftsverbrauch soll reduziert werden. Ganz wichtig dabei: die Wiedervernässung von Mooren, um CO2 zu binden.
Auch der Landschaftsverbrauch soll reduziert werden. Ganz wichtig dabei: die Wiedervernässung von Mooren, um CO2 zu binden. | Bild: Jörg Büsche

Gruppe setzt auf mehr Transparenz

Klimaplan Markdorf setzt auf Transparenz: Wo Markdorf steht, was bereits erreicht ist, wo weitere Schritte möglich sind, damit die Klimaziele erreicht werden können: Das sollte allen Bürgern klarer werden, fordert Klimaplan. „Es ist ja keineswegs so, dass die Stadt nicht schon manches unternimmt“, erklärt Silja Beck.

Im Blick hat sie dabei etwa den European Energy Award. Bis jedoch ein neuer Maßnahmenkatalog ausgearbeitet ist, vergeht Zeit. Zeit, die bereits genutzt werden könne. Sofern sich Bürger selbst engagieren. Ein Beispiel dafür was möglich ist, sei das Markdorfer Sonnenkraft Netzwerk, das im Bereich Fotovoltaik informiert und berät.

Ausbaufähig der Photovoltaikanteil in der Markdorfer Dachlandschaft. Auch ein Ziel von Klimaplan.
Ausbaufähig der Photovoltaikanteil in der Markdorfer Dachlandschaft. Auch ein Ziel von Klimaplan. | Bild: Jörg Büsche

Magdalena Ulmer kann sich vorstellen, dass es weitere Themenfelder gibt, auf denen sich andere Expertise entwickelt. „Wir müssen einfach in die Puschen kommen“, erklärt Silja Beck. Und ganz wichtig dafür ist, dass sich alle angesprochen fühlen, dass sich niemand ausgegrenzt sieht. Dafür sei die Aufgabe einfach viel zu wichtig.