In der Biberacherhofstraße sind die Bagger wieder angerollt, zur Hauptstraße hin ist sie gesperrt: Der Bauträger Betz und Weber (Ravensburg) konnte die Arbeiten an seinem Mehrfamilienhausvorhaben wieder aufnehmen, nachdem er vom Baurechtsamt mehrere Teilbaufreigaben erhalten hatte. Das Vorhaben befand sich monatelang im Stillstand, weil sich der Bauträger und der Eigentümer des angrenzenden Eckhauses Hauptstraße 24 über die geforderte Absicherung der Statik der Rückwand des Hauptstraßenhauses nicht einigen konnten. Die Rückwand war zuvor die Trennwand zwischen diesem Haus und dem abgerissenen Haus in der Biberacherhofstraße 2, wo nun das Mehrfamilienhaus gebaut werden soll. Ursprünglich waren beide Häuser ein Gebäude, zwischen 1910 und 1914 wurde dieses jedoch in zwei Hälften getrennt.

Teils sei der Streit nach wie vor nicht geklärt, heißt es aus dem Baurechtsamt. Hauseigentümer und Bauträger befänden sich immer noch in Verhandlungen, beide Seiten mit anwaltlicher Beratung. Dies sei auch der Grund dafür, weshalb es nur Teilbaufreigaben gebe, sagt Baurechtsamtsleiter Dominic Warken. Die nun bewilligten Baufreigaben hätten erteilt werden können, nachdem das Amt diverse Prüfberichte von Gutachtern bekommen habe.
Fertigstellen kann Betz und Weber das Haus noch nicht
Stand jetzt kann der Bau des Hauses fortgesetzt werden, allerdings nur bis zu einem Bereich, der fünf bis sieben Meter von der Nachbarhaus-Rückwand entfernt ist. Baufachlich, sagt Warken, spreche man von einer so genannten Kommunwand, weil sie quasi eine Stützfunktion für zwei aneinandergebaute Gebäude besitzt. Der Streit entzündete sich im Wesentlichen an der Frage, welche Seite für die Kosten der Absicherung der Wand sowie die nötigen Gutachten aufkommen muss.

Solange die Auseinandersetzung nicht beigelegt und das Wandproblem nicht gelöst sei, könne zum Beispiel die geplante Tiefgaragenzufahrt des Mehrfamilienhauses auch nicht angelegt werden, sagt Warken. Für den Moment kann der Bauträger also lediglich die bis dahin bewilligten Bauabschnitte fertigstellen. Sollte es dann immer noch keine Klärung geben, droht weiterer Stillstand.
Der Streit mit dem Baurechtsamt ging bis vors Gericht
Abseits der Uneinigkeit zwischen dem Nachbarhaus-Eigentümer und Betz und Weber führt der Bauträger auch eine Auseinandersetzung mit dem Baurechtsamt, die bis vor das Verwaltungsgericht Sigmaringen ging. Auch hier hatte sich der Zwist an unterschiedlichen Auffassungen über Verantwortlichkeiten für Sicherungsmaßnahmen entzündet. Nach dem Abriss des Gebäudes Biberacherhofstraße 2 hatte das Amt Sicherungsmaßnahmen für das Nachbarhaus angeordnet und im November 2020 auch durchführen lassen. Die Kosten dafür, rund 12.000 Euro, wollte sich die Behörde von Betz und Weber rückerstatten lassen.

Das Unternehmen wiederum stellte seinerzeit gegenüber dem SÜDKURIER die Sachlage anders dar. Anders als vom Baurechtsamt so beurteilt, sei man nicht schuld an der schlechten Substanz des Nachbarhauses. Denn die sei bereits vor dem Abriss des angebauten Gebäudes schlecht gewesen, weil dort schon 2004 bei Innenumbauarbeiten eine „vermutlich in Eigenleistung“ gebaute neue Wand eingezogen worden sei. Dies habe ihm ein Prüfstatiker schon im Oktober 2020 mitgeteilt, so Alexander Weber, einer der beiden Geschäftsführer von Betz und Weber, damals. In dem Gutachten, so Weber, heiße es, der Umbau entspreche nicht den „anerkannten Regeln der Technik“. Deshalb sehe sich das Unternehmen auch nicht verantwortlich für die aktuelle Gefährdung der Standsicherheit. Stattdessen, so Weber, sei der Hauseigentümer in der Pflicht. Abgesehen davon könne man allein schon aus rechtlichen Gründen keine Arbeiten auf fremden Grundstücken beauftragen.
Aktuell jedenfalls ist Betz und Weber einen halben Schritt weiter bei seinem Bauvorhaben. Das Unternehmen hat auf eine Anfrage um Stellungnahme bislang noch nicht geantwortet.