Markdorf soll bis 2035 klimaneutral werden – und es tut sich was: Das, was Bürgermeister Georg Riedmann bei seiner Vereidigung am 28. September selbst vorgegeben hatte, geht nun offenbar in die Umsetzung. Zunächst mit dem Gemeinderat. Man wolle sich „intern auf die nächsten Schritte verständigen“, so Riedmann auf Anfrage des SÜDKURIER. Bei einer Klausurtagung ging es darum, „eine Arbeitsbasis zu finden, auf der wir stabil aufsetzen können“.

Schließlich wolle man auf dem Weg zur klimaneutralen Kommune „im gleichen Schritt marschieren und braucht nicht viel zu diskutieren, sonst macht das kein Vergnügen“. Wenn dann der Zug ins Rollen gekommen sei, wolle man gemeinsam mit den Bürgern und ihren Aktionen weitermachen, „Es ist ja ein Vorteil für die Stadt, dass es so viele Akteure hier gibt. Das ist beispielhaft“, so Georg Riedmann.

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Karl King: „Da tut es einen Schub“

Das hört man gerne bei den angesprochenen Initiativen. „Herr Riedmann ist ja auch unser Schirmherr“, sagt Karl King vom Markdorfer Sonnenkraftnetzwerk (MSN). „Schon bei der Gründung der Initiative im Februar 2020 haben wir ihn offenbar erreichen können.“ So sieht er Markdorf auf einem guten Weg: „Nun wurde das Dach der Jakob-Gretser-Schule komplett mit Photovoltaik eingedeckt. Das hätte es früher nicht gegeben. Auch, dass der Gemeinderat so etwas macht.“ Da nun auch weitere städtische Gebäude geprüft werden, ob sie für Photovoltaik taugen, erwartet Karl King, „dass es da in den Herbst hinein noch einen Schub tut“.

Karl King vom Markdorfer Sonnenkraftnetzwerk sieht die Stadt auf einem guten Weg.
Karl King vom Markdorfer Sonnenkraftnetzwerk sieht die Stadt auf einem guten Weg. | Bild: Ganter, Toni

Einen generellen Zeitplan für die Umsetzung zur Klimaneutralen Kommune gebe es bis jetzt aber nicht, sagt Bürgermeister Georg Riedmann.

„Wir können als Kommune nicht regulierend in das Klimaverhalten der Bürger eingreifen, das können nur Land und Bund.“
Georg Riedmann, Bürgermeister

Was der Stadtverwaltung bleibe, sei die Bauleitplanung. So, wie es jetzt im Herbst/Winter mit dem Klosteröschle umgesetzt werde. „Das wird ja kein klassisches Baugebiet, sondern ein modernes Stadtquartier auf drei Hektar. Klimaneutral, mit einem entsprechenden Verkehrs- und Energiekonzept.“

Stadt stellt Fahrzeugflotte auf E-Antrieb um

Die Stadtverwaltung selbst sieht Riedmann dabei in einer „Vorbildfunktion“ – und darum wird es nun im Herbst auch im Gemeinderat gehen. Um die Energieeffizienz der städtischen Gebäude, aber auch um die Fahrzeugflotte. Diese sei man sowieso dabei, zu reduzieren und wo es geht auf E-Antrieb umzustellen. Vielleicht nicht im Schwerlast-Betrieb im Bauhof, hier sei noch nichts Alltagstaugliches auf dem Markt. Aber bei den Hausmeister- und sonstigen mobilen Diensten, so der Bürgermeister.

Einen generellen Zeitplan für die Umsetzung zur klimaneutralen Kommune gibt es laut Bürgermeister Georg Riedmann noch nicht.
Einen generellen Zeitplan für die Umsetzung zur klimaneutralen Kommune gibt es laut Bürgermeister Georg Riedmann noch nicht. | Bild: ALFRED WEISS FOTOGRAFIE

E-Bikes gibt es bereits zwei für die Stadtverwaltung sowie je ein Lastenfahrrad für den Bauhof und das Jugendreferat – weitere Anschaffungen seien beabsichtigt. Die Belastung, die bei der Umsetzung auf die Bürger zukomme sei eine sehr geringe, beruhigt Riedmann: „Bei der aktuellen Projektplanung definitiv. Und auch sonst brauchen die Bürger keine Angst vor unseren Ideen haben.“

Bund, Land und CO2-Bepreisung gefordert

Woher aber in der Stadt Markdorf generell das Geld für weitreichende Klimaschutz-Maßnahmen kommen soll? „Gute Frage“, meint Georg Riedmann. „Das werden wir nicht schaffen, ohne dass Land und Bund ihre Förderprogramme umstellen. Anders ist das in einer kommunalen Haushalts-Systematik nicht darstellbar. Die Rechtsaufsicht schaut nur, ob mein Haushalt ausgeglichen ist oder nicht. Da interessiert nicht, ob ich jetzt investieren will, damit wir in 50 Jahren ein besseres Klima haben.“ Um Klimaschutz-Maßnahmen rentierlich zu machen, brauche es eine ordentliche CO2-Bepreisung. „Und zwar jetzt und gleich“, sagt Riedmann. „Hier gibt es im Land schon kraftvolle Initiativen, aber da muss noch mehr kommen.“

Klimaplan: Nahwärme mit Holz aus dem Stadtwald

Auch bei der Gruppierung „Klimaplan Markdorf“ wird es positiv aufgenommen. Dennoch könne die Stadt mehr Anreize schaffen, sagt Daniel Hirscher: „Wenn etwa eine städtische Liegenschaft an einen Nahwärmeversorger angehängt wird, könnte man die Anlieger ermutigen, sich daran anzuschließen.“

Daniel Hirscher von der Gruppierung „Klimaplan Markdorf“ ist der Ansicht, dass die Stadt mehr Anreize schaffen kann.
Daniel Hirscher von der Gruppierung „Klimaplan Markdorf“ ist der Ansicht, dass die Stadt mehr Anreize schaffen kann. | Bild: Nosswitz, Stefanie

Andere Kommunen seien da schon weiter: Beim Solarkomplex Singen etwa seien rund 20 Kommunen beteiligt. Wärme aus erneuerbaren Energien ließe sich aber aus dem Stadtwald gewinnen, indem man Abfallholz als Hackschnitzel in einem kommunalen Nahwärmesystem verheizt: „So etwas wird kommen, das ist nur eine Frage der Zeit“, ist sich Daniel Hirscher sicher.

Großer Andrang bei Photovoltaik-Beratung

Was seitens der Bürger sehr gut angenommen wurde, waren die Photovoltaik-Beratungen durch die Energieagentur Ravensburg in der letzten September- und ersten Oktoberwoche. Öffentlich gefördert und dadurch für die Bürger kostenlos. „Hier hatten wir regelrecht heftige Nachfragen“, sagt Riedmann. „Das ist ja nicht unkompliziert, wenn man sich so etwas aufs Dach machen will. Auch steuerlich.“

Die Installateure Wolfgang Striewe (links) und Friedemar Schreiber montieren im Mai 2017 Solarpanels für eine Photovoltaikanlage auf dem ...
Die Installateure Wolfgang Striewe (links) und Friedemar Schreiber montieren im Mai 2017 Solarpanels für eine Photovoltaikanlage auf dem Hausdach der Markdorfer Familie King. Karl King ist Koordinator des Markdorfer Sonnenkraft Netzweks (MSN). (Archivbild) | Bild: Karl King

Das bestätigt auch Michael Maucher, Prokurist der Energieagentur Ravensburg: „Das war exorbitant. 15 Termine waren ausgemacht, 30 wurden es dann und wir konnten immer noch nicht alle Nachfragen bedienen in diesen zwei Wochen.“ Markdorf habe „gerade in diesem Bereich eine Sonderposition“, erklärt Maucher den großen Zustrom: „Durch die Initiativgruppen wie Sonnenkraftwerk und Klimaplan.“

Aber auch generell habe sich die Nachfrage nach Photovoltaik „verdrei- bis vervierfacht“: Klimawandel und steigende Energiekosten befeuerten den Wunsch, nach erneuerbaren Energien, die man am besten für sich selbst vor Ort erzeugt. Und viele hätten aus dem Corona-Jahr einfach noch Mittel zum Investieren übrig.

E-Ladestellen: Gut versorgt

Öffentliche Ladestation für E-Autos an der Bussenstraße.
Öffentliche Ladestation für E-Autos an der Bussenstraße. | Bild: Nosswitz, Stefanie

Was die Ladestellen für E-Autos betrifft, sei Markdorf gut versorgt, sagt Georg Riedmann: Die Dichte der Nutzung steige derzeit nicht. Wohl auch, weil immer mehr die Photovoltaik auf dem eigenen Dach dazu nutzen, ihr Auto zuhause aufzuladen.

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