Von Abenteuern können die Markdorferin Sophia Sandkühler und ihre Liechtensteiner Freundin Stefanie Ritter in der Tat berichten. „Sophia und ich haben uns 2018 in Indien kennengelernt und schnell gemerkt, dass wir auf der gleichen Wellenlänge sind“, verrät Stefanie Ritter. Die eine damals 18, die andere 20 Jahre jung – und beide mit derselben Vision: Irgendwann Gäste bewirten. Der Kontakt der beiden ist nach der Reise nie abgebrochen, und vielen gemeinsamen Hüttentouren in den Alpen folgte die Überlegung, wie sie ihrem Traum ein Stück näher kommen könnten.

Ausschreibung der Hütte im Alpenvereinsmagazin
Die Voraussetzungen waren gegeben: Die Markdorferin mit einem abgeschlossenen Studium in Foodmanagement, die Liechtensteinerin als Betriebswirtin und „studiumsbegleitend“ als Kellnerin mit dem erworbenen Wirtinnen-Patent. Dem Wunschziel konnte also nicht mehr viel im Weg stehen. Bis eben auf die Gelegenheit. Aber auch die ließ nicht lange auf sich warten. Eine Ausschreibung im Alpenvereinsmagazin nach neuen Pächtern auf der Pfälzerhütte rüttelte die beiden wach. Und ohne lange zu überlegen, stand fest: „Das machen wir!“

Denn sie wissen, was sie tun
„Das muss natürlich gerade ins Leben passen“, sagt Sophia Sandkühler. So ganz blauäugig seien sie nicht gewesen. Und so kam das Richtige gerade zur rechten Zeit. Auf die Frage, ob dieses Projekt auf nur einen Sommer befristet sei, lachen beide. „Nein, das ist unlimitiert“, sagt Stefanie Ritter. In den nächsten Jahren, zum 100-jährigen Jubiläum der Hütte, stehe ein Umbau ins Haus. „Das ist für uns das erste Anhaltsdatum.“ Dann würden die Karten neu gemischt.
Dass zwei Frauen alleine noch keinen Bergsommer machen, steht freilich fest. Und weil Frauenpower auch in der Küche gefordert ist, brauchen die Freundinnen Verstärkung. Von noch mehr Freundinnen. Aus Markdorf und aus Liechtenstein. Mit der Markdorferin Kim Bechinger und der Liechtensteinerin Arlene Schierscher ist das Quartett perfekt. „Kim ist meine beste Freundin“, verrät Sophia Sandkühler. Auch wenn sich ihre Wege beruflich und räumlich getrennt hätten. Und was liegt näher, als mit Kim Bechinger eine Fachfrau aus der gehobenen Gastronomie ins Boot zu holen? „Die Kim bringt richtig viel Erfahrung aus Wien und anderen Städten mit“, sagt Sophia Sandkühler. Und richtig viel neuen Stadt-Wind hinauf in die Berge.
Im Mai liegt noch zu viel Schnee
Apropos hinauf: Im Mai sei es noch zu früh. Meistens liege noch zu viel Schnee. Und so will das Quartett Anfang, Mitte Juni hinaufsteigen zum Bettlerjoch und die Türen öffnen, zu einem Haus, das – lebt und arbeitet man dort rund um die Uhr – gefühlt durchaus mal eng werden könnte. „Es ist schon sehr überlegt“, entkräftet Stefanie Ritter die Sorge nach einem möglichen Lagerkoller. Alle Vier gingen davon aus, dass diese Gemeinschaft gut funktionieren werde. Und falls – bei allem Gleichklang – die Luft doch mal dick sei? „Dann haben wir ganz viele Berge rundherum“, lacht Stefanie Ritter. Da blieben jede Menge Möglichkeiten, um wieder Luft zu holen.

Das Konzept von morgen
Fragt man die beiden heute nach ihrer Vision für die Hütte, hört man als erstes „Gastfreundschaft“. Natürlich spielten die Berge und die großartige Natur ebenso eine Rolle wie das zünftige Essen. Und abends sitze man mit ganz vielen unterschiedlichen Menschen zusammen an einem Tisch und unterhält sich. Auch das gehöre zu diesem ganz besonderen Hüttenerlebnis. Fernab von Fernseher, Facebook und Netflix.
Im Mittelpunkt steht die Gemeinschaft und das gemeinsame Essen. Lieferanten aus Liechtenstein und Vorarlberg sollen eine regionale Bio-Küche möglich machen. Viele vegetarische Speisen werden auf der Karte zu finden sein. Und wenn Fleisch oder Wurst auf‘s Brettl kommt, dann von der weiter talwärts gelegenen Alm.
Vier Frauen, vier Lebensentwürfe, viele Ideen – das alles soll zu einer bunten Mischung beitragen. Alten Hüttentraditionen möchten die jungen Frauen mit neuen, etwas anderen Wertevorstellungen begegnen. Das mit der fast 100-jährigen Tradition der Pfälzerhütte zu vereinen, ist ihre große Vision. „Das Publikum wird sich vielleicht ein bisschen verändern“, wägt Sophia Sandkühler traditionelles und neues Konzept ab. Aber in der Regel seien es einfach Menschen, die auf ein- oder mehrtägiger Wandertour sind, die Natur erleben wollen und einen Platz zum Übernachten brauchen – vor großartiger Kulisse und als Teil einer aufgeschlossenen Gemeinschaft.

Mit ganz viel Vorfreude in die neue Herausforderung
Bleibt noch die Frage des Transports der Lebensmittel. „Mir hend a herzigs kliises Jeeple kooft“, freut sich Stefanie Ritter in unüberhörbarer Liechtensteiner Mundart. So könnten sie immerhin auf den Helikopter verzichten. Ob sie mit mulmigem Gefühl hinaufstiegen? „Na, gar nicht. Aber mit ganz viel Vorfreude.“ Klar, auch mit einer realistischen Einschätzung, dass schon mal etwas schiefgehen könne oder am Anfang auch Fehler passierten. „Aber wir haben bis jetzt nur positives Feedback bekommen“, sagt Sophia Sandkühler. Die Euphorie überwiege alles. Und wenn‘s drauf ankäme, ließe der Backup im Hintergrund, bestehend aus Familie, Freunden und nicht zuletzt der Bergrettung, die Hüttenwirtinnen nicht im Stich.
Bleiben da noch Wünsche offen? „Wenn mein Wunsch in Erfüllung geht, dann haben wir Hühner“, sagt Stefanie Ritter und lacht. Die Höhe stelle für das Federvieh keinerlei Probleme dar, dafür der fehlende Fichtenwald für den Fuchs. Wohl hätte es zuvor schon Hühner auf der Pfälzerhütte gegeben. „Und do hend denn d‘ Murmele und d‘ Hüehner us ‚m gliiche Topf g‘esse.“ Das ist mal Diversität.